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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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beschäftigt«, sagt sie, »dass ich jetzt erst realisiere, was ich Roberto nachher eigentlich versprechen werde.«
    Â»Du willst doch nicht etwa ’nen Rückzieher machen?«, frage ich scherzhaft.
    Â»Quatsch. Aber es ist schon eine große Sache, einem Menschen zu sagen, dass man sein Leben mit ihm teilen möchte. Ehefrau sein – das klingt so furchtbar erwachsen!«
    Â»Ich habe mal einen Artikel gelesen, da meinte ein Paartherapeut, dass es zwei Feinde der Ehe gebe: erstens fehlende Toleranz und zweitens Langeweile. Und zumindest mit der Langeweile solltet ihr ja keine Probleme bekommen.«
    Â»O ja. Langweilig wird es ganz sicher nicht«, sagt Marike. »Und ich hoffe mal, dass wir das mit der Toleranz auch hinbekommen.«
    Â»Manchmal muss man auch einfach nur Durchhaltevermögen zeigen. Genau das hat mir neulich mal Astrid gesagt, eine Bekannte meines Vaters. ›Nicole‹, meinte sie, ›man sollte sich nicht gleich ratzfatz trennen. Denn dann kommt der Nächste, und mit dem hast du genau die gleichen Probleme. Und vielleicht noch ein paar andere mehr.‹«
    Siebzehn Jahr, blondes Haar
    Mit Beziehungen kennt Astrid sich aus. Dieses Jahr feiert sie mit ihrem Mann goldene Hochzeit, 50 Jahre haben es die beiden miteinander ausgehalten. Viele Freunde um sie herum haben sich scheiden lassen, haben wieder geheiratet und sich dann doch wieder getrennt. Astrid und ihr Mann aber sind immer zusammengeblieben, auch wenn die Nachbarn bei ihrer Hochzeit dagegen wetteten. »Alle haben gedacht, dass das mit uns beiden nie etwas Gescheites werden könne«, erzählt Astrid. Nein, Astrid hatte keinen so schönen Start in die Ehe wie Marike und Roberto. Es war vielmehr eine Katastrophe. »Meine Mutter hat bei der Heirat nur geweint, die ganze Trauung lang.« Mit Rührung hatte das allerdings nichts zu tun. Astrids Eltern waren einfach der Meinung, dass ihre Tochter gerade einen riesigen Fehler beging. Sie fürchteten, dass sie sie vielleicht nie wieder sehen würden. Und das aus durchaus verständlichen Gründen.
    Aber von vorne: Eigentlich kann man nicht sagen, dass Astrid, damals 17 Jahre alt, etwas Verbotenes tat. Klar, ihr Vater hatte sie gewarnt. »Komm mir bloß nicht mit einem Katholiken nach Hause«, hatte er gesagt. Schließlich waren die Schröders Protestanten, man wollte keine Mischehe. Astrid hielt sich an die Worte des Vaters. Von einem Moslem hatte der ja schließlich nie gesprochen.
    Es war im Sommer 1961, als Astrid im sauerländischen Letmathe in einer Milchbar saß. In Berlin wurde gerade die Mauer gebaut, John F. Kennedy hatte die ersten Monate als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hinter sich und der Russe Juri Gagarin flog als erster Mensch ins Weltall. Doch in Astrids Universum gab es nur Wadi, der ein paar Tische weiter saß.
    Â»Vom ersten Moment an, als wir uns in der Milchbar trafen, war mir klar: Den willst du, und keinen anderen«, sagt sie heute. Dabei war ihre Zuneigung nicht von Anfang an von großem Tiefgang geprägt. Sie mochte einfach Wadis Haare: Die schönen schwarzen Locken, die hatten die anderen Jungs nicht. Und wenn Wadi sich heute erinnert, was er an Astrid so toll fand, dann sagt er: »Sie war blond.«
    Wadi kommt aus Tripoli, Libanon. Als er am 17. Oktober 1960 in Letmathe nach sieben Tage Reise aus dem Zug ausstieg, fror er wahnsinnig. Im Libanon war es damals noch Spätsommer mit über 20 Grad, so eine Kälte wie in Deutschland hatte er noch nicht erlebt. Er hatte nur ein T-Shirt an. Wadi wollte damals in Deutschland arbeiten, wenn möglich noch studieren. Ein Freund seines Bruders hatte ihm die Stelle im Sauerland organisiert.
    Jeden Morgen stand er nun pünktlich auf, um wie die anderen um sechs bei der Arbeit zu sein, er lernte schnell Deutsch und er aß, was man ihm vorsetzte. Irgendwann steckte er, der Moslem, sich zum ersten Mal in seinem Leben sogar ein Stück Schweinefleisch in den Mund. Es schmeckte ihm, genau wie die Kartoffeln und das Gemüse.
    Â»In meinem Pass stand, dass man sich dort anpassen muss, wo man hinreist«, sagt Wadi.
    Und er nahm diese Pflicht sehr ernst. In den ersten Wochen und Monaten nach seiner Ankunft war Wadi der einzige Ausländer weit und breit in Iserlohn, Italiener und Türken kamen erst später. Die Leute glotzten ihn an. Kaum einer der Dorfbewohner war schon einmal im Ausland gewesen – außer im
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