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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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nach Deutschland. Erst nach einiger Zeit lässt sie zu, dass Walid ihr folgt. Schließlich wünscht sie sich so sehr eine intakte Familie! Es folgen Jahre, in denen sich einmal mehr herausstellt, dass es für Walid nur einen einzigen richtigen Weg geben kann: seinen. Hier in Deutschland, findet er, machen die Menschen alles falsch: Männer und Frauen berühren sich, etwa beim Händegeben. Frauen schauen den Männern ungeniert in die Augen, ohne den Blick zu senken. Sie sind schmutzig, so, wie ihr Essen schmutzig ist, weil die Tiere nicht auf die von Allah bestimmte Weise geschlachtet werden. Walid weiß, dass er nur akzeptiert wird, wenn er sich äußerlich anpasst. Aber er hasst sich dafür. Wenn langjährige Kunden von Sabine sie mit Küsschen auf die Wange begrüßen, hält er das kaum aus. Und auch Sabine muss sich erst umgewöhnen, in der Gegenwart eines Mannes nicht mehr automatisch auf den Boden zu sehen.
    Es gibt in diesen Jahren in Deutschland lange Zeiten, in denen Walid sich bemüht, im Haushalt hilft, seine Frau charmant umwirbt, diplomatisch und betont westeuropäisch auftritt. Und dann gibt es wieder Aussetzer, Krach und Handgreiflichkeiten, wenn sich Frau und Kinder nicht nach seinen Anweisungen richten.
    Sabine schließt sich in dieser Zeit einer Gruppe von Gläubigen an, die allen Glaubensrichtungen offen steht, um ihren Mann nicht unnötig zu verärgern. Ihre Kinder werden weiterhin muslimisch erzogen – so steht es schließlich auch im Ehevertrag. Trotzdem gibt es oft Streit über den richtigen Glauben. Sabine will jetzt vor allem die Familie zusammenhalten. Ihre Gefühle für Walid aber sind erkaltet. »Die Hand, die mich liebt, schlägt mich auf der anderen Seite – das konnte ich nicht ertragen«, sagt sie.
    Nach 20 Jahren Ehe ist schließlich klar: Walid und sie, das geht nicht mehr. Da sind sie im Urlaub in Ägypten, und immer wieder hört Sabine den Satz: »Es ist doch so schön hier, sollen wir nicht wieder herziehen?« Für sie kommt das nicht infrage. Gleichzeitig sagen ihre Kinder: »Mama, es ist so viel entspannter, wenn der Papa nicht da ist!« Sabine gibt ihrem Mann deshalb zu verstehen, er solle in Ägypten bleiben. Der nimmt das erst nicht ernst. Dann aber sagt auch sein Sohn: »Papa, es ist besser, wenn du nicht mehr nach Deutschland kommst.« Sabine ist in dieser Zeit »knallhart«, wie sie sagt. Obwohl sie Angst davor hat, wozu ihr Mann fähig sein könnte, tritt sie ihm selbstbewusst entgegen. Das verschafft ihr wohl Respekt. Walid willigt schließlich in die Scheidung ein. »Zum Glück wurde sie in Deutschland vollzogen«, sagt Sabine. »Sonst wäre es vielleicht nicht so einfach gewesen, die Kinder zu behalten.« Zwar hatte sie bei der Hochzeit im Ehevertrag festhalten lassen, dass ihre Kinder im Fall einer Trennung bei der Mutter aufwachsen sollten. Doch in Ägypten besagt geltendes Recht das Gegenteil: Die Kinder gehören dort im Streitfall zum Vater. Wäre Walid also in Alexandria vor Gericht gegangen, hätte der Ehevertrag Sabine nicht geholfen. Schließlich kann auch kein Ägypter nach Deutschland kommen und das Recht seines Landes durchsetzen oder darauf pochen, dass ihm laut Ehevertrag die Kinder zustünden – hierzulande wird nach dem Wohl des Kindes entschieden. Ist nach Ansicht eines Richters das Wohl bei der Mutter eher gegeben, so hebelt das jeden Ehevertrag aus.
    Aber selbst wenn die Scheidung in Ägypten vonstattengegangen wäre – Sabine hätte sich zu helfen gewusst. Denn ihr größter Trick ist immer gewesen, sich bei den ägyptischen Frauen abzuschauen: Wie machen die das? Wie setzen die sich durch? Damals etwa, als sie das Haus verlassen und sich nicht ständig Walid erklären wollte, bat sie einfach ihren Schwiegervater um Erlaubnis. Schließlich war der meist auf ihrer Seite – und als Oberhaupt der Familie eine Autorität. Gelernt hatte sie das von den Ägypterinnen. Und auch im Falle einer Scheidung hätte sie deren Tricks anzuwenden versucht. »Manche Frauen wussten nämlich zu umgehen, dass der Mann die Kinder behält«, erzählt Sabine. »Sie sagten dann: ›Gut, dass du die Kinder nimmst, dann kann ich wenigstens wieder heiraten.‹ Dass die Frau sich einen neuen Mann sucht, wollten die Väter dann aber auch nicht. Also haben sie ihr die Kinder gegeben. Eine Frau mit
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