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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel
Autoren: Ake Edwardson
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Mann, der London besuchte, unten in Clapham? Clapham war schon in Ordnung, aber ein junger Besucher sollte eigentlich in einem der billigen Häuser in Bayswater absteigen. Oder rund um Paddington. Dort gab es andere junge Fremde. Die konnten Schutz geben.
    Die Tapeten hatten einen unbestimmten gelblichen Ton gehabt, als der Junge das Zimmer bezog. Jetzt hatten sie eine andere Farbe.
    Steve Macdonald schloß die Augen und versuchte, auf das zu lauschen, was an den Wänden hängengeblieben war. Nach einigen Minuten hörte er einen Schrei, der abgeschnitten wurde, und das furchtbare Rutschen eines menschlichen Körpers über den Fußboden.
    Macdonald spürte einen stechenden Kopfschmerz unter dem rechten Auge, der ihn daran erinnerte, daß er am Leben war.
    Was hatte den Jungen veranlaßt, den Mann mit heraufzunehmen? War es nur Sex? War es das Versprechen von Sex, oder war es etwas ganz anderes? Ging es um Drogen? Was zum Teufel war es, dachte
    Macdonald. Es würde entweder eine lange Ermittlung geben oder eine ganz kurze.
    Warum hier? Kannte der Junge Leute in Clapham oder oben in Battersea? Oder drüben in Brixton?
    Der Junge war ausgeraubt worden, aber das war kein Raubüberfall. Das alles war später passiert.
    Er hatte keinerlei Identitätsnachweise mehr außer seinen Zähnen, und die waren nicht britisch, dachte Macdonald.
    Der Junge hatte seinen Namen und seine Heimatstadt in das Gästebuch eingetragen, als er sich in diesem schäbigen Bed & Breakfast im südlichen Teil der Mitte der Welt anmeldete. Das waren die einzigen Anhaltspunkte. Er hieß Per Malmström, und er hatte angegeben, daß er aus Göteborg kam.
    Das ist an der schwedischen Westküste, dachte Macdonald. Der Junge war blond wie alle andern aus Schweden. Warum sind die Briten nicht so blond? Es ist der gleiche harte Himmel, es sind die gleichen scharfen Winde.
    Inzwischen hat die Nachricht die Polizei in Göteborg erreicht, dachte er. Wenn Interpol ihre Arbeit macht.
    Er schloß wieder die Augen, lauschte auf das Heulen der Wände, auf den Ruf des Bodens.

3
    Das Treffen hatte im Zentrum stattgefunden. Den genauen Ort festzustellen war nicht möglich, aber der Junge und der Mann waren im Brunnsparken gesehen worden. Niemand hatte ausgesagt, sie vorher zusammen gesehen zu haben. Noch hatte niemand darüber etwas ausgesagt.
    Es waren vielleicht drei Personen, die sie nach dem Brunnsparken gesehen hatten, und das war unendlich viel, dem man nachgehen konnte. Vielleicht waren es mehr als drei.
    Die zwei waren auf jeden Fall zusammengewesen, hatten aber nicht wie Vater und Sohn ausgesehen.
    Das Haar des Jungen war dunkel gewesen und zu einem >eckigen Pony< geschnitten, das hatten zwei Personen beobachtet, und da Kriminalkommissar Erik Winter wußte, wie Zeugenaussagen im Verhältnis zur Wahrheit variieren konnten, notierte er, daß es hier einen Anhaltspunkt gab.
    Es gibt immer einen Anhaltspunkt, dachte er, als er am Sportplatz Mossen vorbeiging. Es mag scheinen, daß man keinen Millimeter weiterkommt, aber das ist eine Frage der Erwartung.
    Die Fußballplätze aus Schotter warteten unterhalb von ihm, sie brüteten über der Erinnerung an Bewegung; in drei Monaten würden die Spieler des Frühjahrs sich über den Platz scheuchen, und der gefrorene Schotter, der nun wie Stahl schimmerte, würde dann weich sein und duften und dampfen vor Lauge und Liniment.
    Fußball ist kein Sport, dachte Winter. Das ist ein Knieschaden, und mir fehlt dieses Gefühl loser
    Knochensplitter in meinen Knien. Ich hätte etwas werden können, aber ich kam nicht oft genug zu Schaden.
    Niemand erinnerte sich, wie der Mann aussah. Aber die Zeugen hatten ein sehr klares Bild von ihm. Er war groß gewesen, mittelgroß oder eher kurz. »Im Verhältnis zu dem Jungen?« hatte Winter gefragt. »Nee, im Verhältnis zur Straßenbahn«, hatte einer gesagt, und Winter hatte die Augen geschlossen, als würde dann alles Böse und Wichtigtuerische verschwinden.
    Das Haar des Mannes war blond, schwarz und braun gewesen. Er war mit Anzug, Lederjacke und Tweedsakko bekleidet gewesen. Er trug eine Brille, er trug keine Brille, und er trug eine Sonnenbrille. Er ging mit krummem Rücken, er hielt sich gerade, er war O-beinig und hatte gerade, lange Beine.
    Wie sähe die Welt aus, wenn alle dasselbe glaubten, alles auf dieselbe Weise sähen, hatte Winter gedacht.
    Das Haar des Jungen war dunkel, das hatte Winter selbst sehen können. Ob zum >eckigen Pony< geschnitten, war nicht mehr zu erkennen.
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