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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder
Autoren: Nancy Atherton
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schließlich anfing.
    »Ich … hatte einen Partner. Sein Name war Alex Layton. Unser letzter Einsatz …« – er schluckte schwer – »endete schrecklich.«
    Da er immer heftiger zitterte, rutschte ich nä her und streichelte ihm den Rücken.
    »Er endete schrecklich«, wiederholte Nicholas. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Jemand hatte Mist gebaut, unsere Deckung flog auf, und die Bösen kriegten uns, bevor wir abhauen konnten. Sie schlugen mich zusammen und pumpten mich mit Dope voll, sorgten aber dafür, dass ich noch lange genug bei Bewusstsein blieb, um mitzukriegen, wie sie Alex totschlugen.«
    Nicholas’ türkisgrüne Augen hatten ihren Glanz verloren und schimmerten nur noch matt unter einem Tränenfilm. Ein Blitz zuckte auf, ein Donnerschlag folgte, und mehr Regen peitschte gegen die Terrassentür, doch Nicholas schien nichts als die alptraumhaften Visionen wahrzunehmen, die allein er in den Flammen flackern sehen konnte.

    »Ich wachte im Krankenhaus auf. Mich hatte man rausholen und wiederbeleben können, aber für Alex kam jede Hilfe zu spät. Der menschliche Schädel ist an bestimmten Stellen so zerbrechlich, dass schon ein Blumentopf ihn umbringen kann.« Er neigte den Kopf und presste den Handballen gegen die Stirn. »Und jetzt stell dir vor, was erst ein Rohrstück anrichtet.«
    Seine Worte schnitten mir ins Herz. Ich empfand seine Qualen so heftig mit, dass ich kaum noch atmen konnte. Mir fiel wieder ein, wie seine Hand weggezuckt war, als er mich am Kopf berührt hatte. War das die Stelle gewesen, an der man seinen Partner getroffen hatte? Hatte er einen kurzen Moment lang das Gesicht seines Freundes gesehen und ein zweites Mal das Entsetzen über seinen Tod erlebt?
    »Als ich so weit wieder auf den Beinen war«, fuhr Nicholas leise fort, »gab man mir leichtere Aufgaben wie Selbstverteidigungskurse für Berufsanfänger.« Er berührte mich kurz am Bein.
    »Du siehst, nicht alles war gelogen.«
    »Ist schon gut«, murmelte ich. »Das ist wirklich nicht schlimm.«
    Er schloss die Augen. »Als ich mir bei einem Karateschlag eine Wand zu viel zumutete, schickten sie mich für drei Monate auf Urlaub. Den ersten Monat verbrachte ich mit Trinken, den zweiten in den Sprechzimmern von diversen Psychologen und den dritten mit Training, um mich wieder in Form zu bringen. Mein Aufenthalt in Finch sollte eigentlich der Erholung vor der abschließenden Untersuchung durch ein Gremium von Amtsärzten dienen.«
    Der Arzttermin, schoss es mir durch den Kopf.
    Wenige Stunden bevor er sich den Dorfbewohnern stellte, hatte sich Nicholas von Polizeiärzten auf Herz und Nieren prüfen lassen müssen.
    »Als ich vor gut einer Woche in Finch ankam«, erzählte Nicholas weiter, »bat mich Tante Lilian, mich mit den Umständen um Mrs Hoopers Tod zu befassen. Sie meinte, in Finch herrsche böses Blut, und das müsse bereinigt werden.«
    »Weiß sie über Alex Bescheid?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist eines von den Dingen, die man seiner Tante lieber nicht erzählt.
    Eigentlich sollte man so was nach Möglichkeit überhaupt niemandem erzählen.«
    Ich legte den Arm um ihn. »Aber du hättest deiner Tante ihre Bitte nicht abschlagen können, ohne ihr zu erklären, warum.«
    »Sie ist so schrecklich stolz auf mich.« Er seufzte. »Ich und mein Charme. Die Dorfbewohner sollten nicht ahnen, dass Mrs Buntings netter Neffe ein Bulle ist. Und du durftest auch nichts erfahren, schärfte sie mir ein, weil du dich nur verplappern würdest. Nicht absichtlich wohlgemerkt«, fügte er hinzu und umfasste mein Kinn. »Du hast viele Gaben, Lori, nur die Kunst, deine Gedanken zu verbergen, gehört einfach nicht dazu.«
    »Vielleicht kannst du es mich lehren«, schlug ich neckisch vor. »Zen und die Kunst des Pokerns.«
    »Ich würde dich um nichts auf der Welt ändern wollen.« Nicholas rieb seine Stirn an meiner, dann wandte er sich wieder zum Feuer um.
    Er zitterte jetzt nicht mehr, aber sein Gesicht war noch immer von Verzweiflung überschattet.
    »Ich dachte, ich könnte die Dorfbewohner in den Griff kriegen, aber ihre Gefühllosigkeit machte mich fertig. Sie sprachen ständig davon, Mrs Hooper eins überzuziehen , ihr eine runterzuhauen , ihr eine Kopfnuss zu verpassen , ihr den Kopf einzuschlagen – und das völlig unbekümmert und ohne jemals über sich zu erschrecken, bis ich keinen Unterschied mehr zwischen ihnen und den Killern, die Alex auf dem Gewissen haben, erkennen konnte. Wenn du nicht bei
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