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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder
Autoren: Nancy Atherton
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»Den Jungen und mir fällt schon was ein, um ihn zu beschäftigen.« Als Mutter von Zwillingen war ich es gewöhnt, beträchtliches Chaos zu bewältigen. Die Aussicht darauf, ein zusätzliches Kind aufzunehmen, schreckte mich kein bisschen.
    Lilian ergriff meine Hand. »Danke, Lori! Ich weiß ja, wie erschöpft Sie nach Ihrer weiten Reise sein müssen.«
    »Ich fühle mich pudelwohl«, entgegnete ich.
    »Da wir mit der Concorde geflogen sind, ist Jetlag kein Thema für uns. Bill war nach der Ankunft so ausgeruht, dass er gleich beschlossen hat, bis Samstag in London zu bleiben und den ganzen Papierkrieg aufzuarbeiten.«
    »Wunderbar.« Lilian strich sich das Haar glatt. »Dann kann ich Nicky beruhigt bei Ihnen lassen, solange Teddy und ich für eine Vernehmung zur Verfügung stehen müssen.«
    »Vernehmung?«, fragte ich.
    »Pure Zeitverschwendung«, erklärte Lilian mit fester Stimme. »Wir wissen doch bereits, wann, wo und wie die arme Frau ermordet wurde.«
    »Ermordet?« Ich plapperte ihr schon wieder nach. So langsam kam ich mir wie ein Papagei vor.
    Lilian sah mich erschrocken an. »Gütiger Himmel! Sie wissen es noch nicht?«
    »Was weiß ich nicht?«
    »Es hat einen Mord gegeben. Hier in Finch.«

    Ich hatte mich doch bestimmt verhört. Die Worte »Mord« und »Finch« konnten doch unmöglich in einem Satz auftauchen, es sei denn mit dem Zusatz: »Völlig ausgeschlossen!« Finch war ein ländliches Paradies, kein städtischer Dschungel. Das letzte Verbrechen, das in dem Dorf verübt worden war, hatte im Diebstahl einiger obskurer Dokumente aus dem Büro des Pfarrers bestanden. Auf einer Verbrechensskala von eins bis zehn wurde eine derartige Tat nicht einmal mit erfasst. Mord bedeutete vor diesem Hintergrund eine Erschütterung vom Ausmaß eines verheerenden Erdbebens.
    »M-Mord?«, stammelte ich und fügte überflüssigerweise hinzu: »Sind Sie sicher?«
    Lilian zuckte die Schultern. »So sicher man nur sein kann. Die Polizei scheint zu glauben …«
    Ich fiel ihr ins Wort. »Wer?« Vertraute Gesichter zuckten so schnell an mir vorbei, dass mir fast übel wurde. »Wer ist ermordet worden?«
    »Mrs Hooper«, antwortete Lilian.
    »Pruneface?«, rief ich und zog sofort den Kopf ein, um Lilians tadelndem Blick zu entgehen.
    »Verzeihung. Mr Barlow hat sie so genannt, als er sie mir auf dem Dorfplatz gezeigt hat. Er schien sie nicht übermäßig zu mögen. Er sagte, ihr Gesicht wäre immer so verkniffen.«

    »Prunella Hooper mag nicht allseits bewundert worden sein«, erwiderte Lilian steif, »aber in der Gemeinde Sankt Georg leistete sie wertvolle Hilfe. Ihre Blumendekorationen waren unnachahmlich, und sie war sich eben auch für untergeordnete Aufgaben nie zu schade. Teddy und mir war sie hochwillkommen als Neumitglied unserer Gemeinde.«
    Ich zeigte mit einem beflissenen Nicken gebührende Zerknirschung. Im Grunde wusste ich ja kaum etwas über Prunella Hooper, weil sie erst kurz vor Weihnachten nach Finch gezogen war. Sie hatte das Crabtree Cottage von Peggy Taxman, der Postmeisterin und Inhaberin des Emporium, unseres hiesigen Gemischtwarenladens, gemietet. Mrs Hooper und ich waren einander nie offiziell vorgestellt worden und hatten nur im Vorübergehen flüchtig Artigkeiten ausgetauscht. Ich hatte sie als eine kleine, stämmige Frau fortgeschrittenen Alters in Erinnerung, die zu viel Make-up benutzte und ihr getöntes Haar auf altmodische Weise hochtoupiert trug.
    »Wie wurde sie ermordet?«, fragte ich.
    »Durch einen Schlag auf den Kopf mit einem stumpfen Gegenstand. Vor zehn Tagen in ihrem Cottage. Peggy Taxman hat sie kurz nach neun Uhr in der Früh gefunden. Sie lag in einer Blutlache direkt vor dem Wohnzimmerfenster, da wo ihre ganzen Blumen stehen …«
    »Die Geranien«, entfuhr es mir. Einen Moment lang überlegte ich, wer nun all die Hängepflanzen pflegen würde, die jedes Fenster im Crabtree Cottage bevölkerten.
    In diesem Moment schlug die große Uhr im Flur. Lilian runzelte nervös die Stirn. »Seien Sie mir nicht böse, Lori, aber ich muss los. Mrs Hoopers Tod macht Terry schwer zu schaffen.
    Er ist im Moment wirklich nicht in der Lage, sich um meinen Neffen zu kümmern.«
    »Bei mir ist er gut aufgehoben,« versicherte ich ihr. »Ich freue mich schon darauf, Nicky kennen zu lernen, und die Zwillinge werden sicher viel Spaß mit ihrem neuen Spielgefährten haben.«
    Lilian drückte mir dankbar die Hand, ergriff ihren Schirm und stürzte sich wieder in den strömenden Regen. Ich wartete,
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