Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
ließ mich vorsichtig aus dem Sattel gleiten und humpelte auf meinen eigenen, halb abgefrorenen Füßen zum Cottage.
    »Ich begleite dich hinein«, bot Kit an. »Und dann reite ich weiter.«
    »O nein, das wirst du nicht!« Ich packte ihn am Ellbogen. »Glaubst du etwa, ich lasse zu, dass du weiter auf die arglose Öffentlichkeit losgehst? Du bist eine Gefahr für dich selbst und für alle anderen!« Ich verstärkte meinen Griff. »Du kommst jetzt mit rein, damit du dich aufwärmen und trocknen kannst, und verlässt das Haus so lange nicht, bis du mir gesagt hast, was hier eigentlich los ist!«
    Kit sah weg. »Wie kommst du darauf, dass irgendetwas los ist?«
    Ich blitzte ihn an. »Sehe ich so dumm aus, oder was? Du bist wie ein Besessener da raufgaloppiert. Und du reitest sonst nie wie ein Besessener. Ergo: Irgendwas muss passiert sein.« Ich versuchte, mir das nasse Haar aus den Augen zu wischen, verschmierte mir dabei aber nur die Stirn mit Schlamm, und stieß einen langen, gequälten Seufzer aus. »Außerdem bekommst du schon blaue Lippen. So kann ich dich unmöglich weiterreiten lassen. Bring also Zephyr gefälligst in den Schuppen und komm dann rein.«
    Nach kurzem Zögern führte Kit den Hengst um das Haus herum in den Schuppen, wo er alles finden würde, was er benötigte, um das Pferd vorläufig zu versorgen.
    Ich sah den beiden nach, dann patschte ich ins Haus, wo mich meine liebenden Söhne mit einer Lachsalve begrüßten. Eine schmutzstarrende, klatschnasse und noch dazu humpelnde Mutter war offenbar genau der Anblick, der Kleinkinder verzückte.

    Annelise sah mich kurz an, dann lief sie los, um gleich darauf mit den Armen voller Handtü cher zurückzukehren.

    Es wurde schon dunkel, als Kit und ich uns zum Essen an den Tisch setzten. Da die Jungen bereits im Bett lagen und Annelise zu ihrer Mutter nach Hause gegangen war, hatten wir die Küche nun für uns. Kit hatte seine nassen Kleider gegen ein Flanellhemd und eine weite Jogginghose getauscht, die zuletzt die viel kräftigere Gestalt meines Mannes geziert hatte. Ich selbst war in Jeans, einen Pullover und meine dicksten Wollsocken geschlüpft.
    Nachdem ich Kits Reitmontur in die Waschmaschine gesteckt hatte, rief ich Bill an, um ihn kurz über den allzu ereignisreichen Tag zu informieren. Er zeigte sich erwartungsgemäß entsetzt über den Mord, erleichtert über den glimpflichen Ausgang meiner Begegnung mit Zephyr –
    wenn man von meiner verletzten Würde absah –
    und genauso schockiert wie ich über Kits Leichtsinn. Dass ich fest entschlossen war, herauszufinden, was Kit auf der Seele lag, wunderte ihn kein bisschen.
    »Du bist eben sein guter Engel«, meinte er.
    »Und er braucht weiß Gott einen.«

    Engelhaft kam ich mir bestimmt nicht vor, als ich zwei Schalen mit Gerstensuppe füllte. Ich war steif und zerschlagen und ging davon aus, dass bestimmte Teile meines Körpers am nächsten Morgen grün und blau sein würden.
    »Ich hab eine Nachricht für die Harris in ihrem Hotel in Devon hinterlassen.« Zum ersten Mal, seit wir uns in die Küche gesetzt hatten, machte Kit den Mund auf. »Damit sie wissen, wo ich bin, falls sie bei mir anrufen sollten.«
    Emma und Derek Harris, Kits Arbeitgeber, waren die Eigentümer von Anscombe Manor. Sie lebten dort zusammen mit ihren halbwüchsigen Kindern Peter und Nell.
    »Prima Idee. Es wäre wirklich nicht gut, wenn sie sich Sorgen machen.« Ich legte die Schöpfkelle beiseite und deckte den Suppentopf wieder zu.
    »Nicht, dass hier irgendein Grund zur Sorge besteht.«
    »Lori …«
    »Iss deine Suppe.« Ich stellte die randvollen Schüsseln auf den Tisch und schob einen Teller mit belegten Brötchen zu ihm hinüber. »Ich darf einem hungrigen Mann keine Löcher in den Bauch fragen. Das wäre ein Verstoß gegen die Genfer Konvention.«
    Es wäre freilich auch ein Verstoß gegen mein Gewissen gewesen. Egal, wie gesund Kit jetzt auch wirkte, ich würde nie so ganz den halb verhungerten kranken Fremden vergessen können, der vor etwas mehr als einem Jahr auf der Auffahrt zu meinem Haus zusammengebrochen war.
    Selbst jetzt hatte er noch etwas Zerbrechliches an sich, eine Verletzlichkeit, die die Löwin in mir auf den Plan rief. So verärgert ich im Moment auch über ihn war, nie würde ich zulassen, dass er noch einmal hungerte. Und wäre jemals jemand so dumm, Kit etwas anzutun, würde ich denjenigen mit dem größten Vergnügen zerfleischen.
    Kit aß mechanisch, pflichtschuldig, als wollte er vor allem mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher