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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Terrasse hin und her lief, den Kopf gesenkt, die Hände auf dem Rücken, mit schnellen stampfenden Schritten. Butler Herbert hatte in den letzten sieben Jahren solch einen Ausbruch noch nie erlebt, hielt sich diskret im Salon auf und wartete darauf, daß der General eine zweite Flasche Champagner bestellte.
    »Ich habe nie daran gedacht, allein in das unerforschte Gebiet zu fliegen«, sagte Leonora Patrik und hielt damit Sir Anthonys Wanderung über die Terrasse auf.
    Er blieb ruckartig stehen. »Ah!« rief er. »Und Sie glauben, daß es einige Idioten gibt, die sich Ihnen anschließen?«
    »Wenn es Ihnen gelingt, die Genehmigung der Regierung für diese Expedition zu bekommen, werden sich viele bei mir melden, die mitmachen wollen.«
    »Sie rechnen also damit, daß ich Ihnen helfe?«
    »Ganz fest rechne ich damit, Sir Anthony.«
    »Und wenn ich nein sage?«
    »Dann waren Sie nie der gute Freund meines Vaters, als den Sie sich bezeichnen.«
    »Das ist Erpressung, Leonora! Gerade Ihr Vater hätte Ihren Plan nie gebilligt.«
    »Bis jetzt ist es wirklich nur ein Plan. Erst wenn wir die Genehmigung haben, bereiten wir alles bis in die kleinste Einzelheit vor.«
    »Wir? Wer ist wir?«
    »Sie und ich, Sir Anthony.«
    »Sie sind die hartnäckigste Frau, die ich je kennengelernt habe. Mein letztes Wort: Ich denke nicht daran, bei der Regierung ein gutes Wort für Sie einzulegen und damit mitschuldig zu werden, wenn auch Sie zu einem Schrumpfkopf werden.«
    »Dann hänge ich wenigstens neben meinem Vater über der Tür einer Papua-Hütte. Sir Anthony, starren Sie mich nicht so wild an, setzen Sie sich wieder, trinken wir weiter Ihren vorzüglichen Champagner, und erzählen Sie mir von diesem Land. Wie lange leben Sie schon auf Papua-Neuguinea?«
    »Vierzig Jahre. Von der britischen Krone freigegeben für den australischen Dienst.« General Lambs setzte sich wieder, goß die Gläser ein, bevor Butler Herbert aus dem Salon kommen konnte, und leerte das seine wieder mit einem Schluck. Seine Kehle war wie ausgetrocknet.
    »Vierzig Jahre bei den Papuas. Das muß eine große Liebe sein.«
    »Irrtum – ich hasse dieses Land!« Das Gesicht des Generals versteinerte sich. Die Backenknochen traten hervor, die Augen versanken fast unter den buschigen Brauen. »Nur weil ich dieses Land so hasse, bin ich hier geblieben.« Er hob die rechte Hand und winkte energisch ab. »Erzählen Sie lieber von sich, Leonora. Medizin haben Sie studiert, Tropenmedizin. Was ist Ihr Ziel?«
    »Es gibt nur eins für mich: meinen Vater suchen.«
    »Haken wir das ab. Sie finden ihn nie. Und dann?«
    »Ich werde in einem Krankenhaus irgendwo in den Tropen arbeiten. In einem Gebiet, wo man Ärzte dringend braucht wie eine Handvoll Reis oder einen Maisfladen. Vielleicht bleibe ich sogar auf Papua-Neuguinea, auf irgendeiner Missionsstation – ›an der vordersten Front‹ würden Sie es nennen –, und helfe mit, daß die Papuas überleben und nicht durch die Zivilisation vernichtet werden.« Leonora beugte sich über den Tisch vor und blickte Sir Anthony tief in die Augen. »Warum hassen Sie dieses Land?«
    General Lambs zog den Kopf zurück und fiel wieder in eine steinerne Haltung. »Verzichten Sie bitte auf diese Frage, Leonora«, sagte er mit Härte in der Stimme. »Es gibt Dinge, über die man nicht spricht.«
    Natürlich, und das braucht kaum erwähnt zu werden, bemühte sich Sir Anthony bei den zuständigen Stellen um eine Erlaubnis für eine Expedition in das unerforschte Gebiet nördlich von Kopago. Aber wo er auch vorsprach, schüttelte man den Kopf und sagte genau das, was auch er zu Leonora Patrik gesagt hatte.
    »Grundsätzlich haben wir nichts dagegen, wenn eine Expedition auf eigene Gefahr in die unbekannten Gebiete vordringen will«, sagte der für Landforschung und Erschließung im Innenministerium Zuständige und legte die Hand auf die Karte, die das Gebiet darstellte, das Leonora Patrik angegeben hatte. »Aber wenn dann etwas passiert, ruft man nach Polizei und Militär, hängt uns den ganzen Fall an den Hals, kostet uns eine Menge Geld und vielleicht auch noch Menschenleben, und alles nur, um einer Wahnidee nachzujagen. Sir Anthony, es ist doch klar, daß Professor Patrik nicht mehr lebt nach zehn Jahren Verschollenheit.«
    »Daran besteht kein Zweifel. Auch Leonora Patrik hat sich damit abgefunden. Daß ihr Vater noch lebt, hält auch sie für unwahrscheinlich, aber wenigstens seinen Schrumpfkopf will sie suchen und mitnehmen.«
    »Du
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