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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dafür werde ich schon sorgen. Es bleibt also bei morgen abend?«
    »Ja.«
    Als Sir Anthony in sein Haus in Waigani zurückkehrte, berichtete ihm Butler Herbert, daß Leonora nach Port Moresby gefahren sei. Sie hatte dazu den alten Rover des Generals benutzt und zu Herbert gesagt: »Ich sehe mir die Stadt etwas an und kaufe ein.«
    Am Nachmittag kam sie zurück, den Wagen voller Kartons und Tragetaschen. Herbert trug sie ins Haus und stapelte sie in der weiträumigen Diele.
    »Gibt es in Port Moresby noch ein Geschäft, das Sie nicht leergeräumt haben?« rief Sir Anthony. »Du lieber Himmel, was ist denn da alles drin?«
    »Der Anfang meiner Ausrüstung.« Sie setzte sich auf einen der großen Kartons und lächelte wie ein kleines Mädchen, dem man seine Lieblingspuppe gekauft hat. »Ein Schlafsack, Decken, ein Gaskocher, Thermobehälter, Nylonseile, Halbstiefel mit dicken Profilsohlen, ein Jagdgewehr, ein Karabiner, zwei Pistolen.«
    »Das hat man Ihnen so ohne weiteres verkauft?«
    »Ich habe einen gültigen Waffenschein, Sir.«
    »Und überall haben Sie erzählt, daß Sie ins zentrale Hochland wollen?«
    »Ja. Eine Menge wertvoller Ratschläge habe ich bekommen.«
    »Und dann hat man Ihnen Dinge angedreht, die Sie nie brauchen werden. Einen Schlafsack! Wozu? Hängematte und Moskitonetz sind wichtiger.«
    »Habe ich auch.« Ihr Lachen war entwaffnend. »Auch Messer zum Schneiden, zum Enthäuten und Entknochen habe ich, Sägen und Beile, Macheten und Äxte …«
    »Aufhören!« Sir Anthony hielt sich die Ohren zu. »Sie sind ja noch schlimmer als Ihr Vater. Sie werfen mit Geld um sich und wissen nicht einmal, ob Sie jemals eine Genehmigung bekommen!«
    »Da vertraue ich ganz Ihnen, Sir Anthony.« Sie schlug die Beine übereinander und lehnte sich an das Treppengeländer zurück. »Wie hat man im Ministerium reagiert?«
    »Sauer.«
    »Sie haben nichts erreicht? Dann wende ich mich an den Ministerpräsidenten persönlich.«
    »Ich habe es immerhin geschafft, daß man Sie registriert hat. Bitte.« General Lambs reichte ihr die Genehmigung hinüber. Sie nahm das Blatt, überflog es und stieß dann einen hellen Schrei aus. Mit einem Satz sprang sie auf und warf sich Sir Anthony in die Arme. »Das ist ja die Erlaubnis. O Sir Anthony, wie soll ich Ihnen danken? Wie soll ich …« Und plötzlich weinte sie, drückte das Gesicht an seine Brust und war wie ein kleines Mädchen, das Schutz sucht in den Armen eines starken Mannes.
    Sir Anthony streichelte ihren Kopf, aber ihm war ziemlich unwohl dabei. Jetzt wird man viel zu tun haben, dachte er, um diese Wahnsinnsexpedition zu verhindern. Vor allem spätestens in Kopago, im Distriktshauptquartier, muß eine Mauer aus unüberwindlichen Schwierigkeiten das Unternehmen scheitern lassen. Kein Flugzeug, keine Hubschrauber, keine Papua-Führer als Dolmetscher und Fährtensucher, keine Träger – es gibt keinen Weg ins Unbekannte. Aber im Augenblick ist sie glücklich. Nur kostet dieses Glück eine Menge Geld, das sie sich sparen könnte.
    Hinter Sir Anthony hüstelte Butler Herbert, eine diskrete Andeutung, daß er etwas mitzuteilen habe. »Auf der Terrasse ist gedeckt«, sagte er dann steif. »Der Tee, Sir.«
    »Wir kommen, Herbert.« General Lambs schob Leonora von sich, holte sein weißes Taschentuch aus seinem Rock und tupfte ihr die Tränen aus den Augen, von der Nase und aus den Mundwinkeln. »Leonora, ein lauwarmer Tee schmeckt scheußlich.«
    Sie nickte, nahm ihm das Taschentuch aus der Hand und schnupfte hinein. »Das … das werden die letzten Tränen sein, Sir Anthony, die Sie von mir sehen. Das hier«, sie hob die Genehmigung hoch empor, »wird mir eine ungeheure Stärke geben. Ich spüre es, ja, fast weiß ich es: Ich werde meinen Vater finden – oder wenigstens eine Spur von ihm.«
    Port Moresby ist zwar eine bedeutende Hafenstadt, die sich in den letzten zwanzig Jahren nach allen Seiten ausgedehnt hat, die Hügel hinaufgeklettert ist und eine große Landfläche besetzt hat, aber ein Dorf ist sie trotzdem geblieben. Vor allem unter den Weißen hat sich ein bestens funktionierendes Nachrichtensystem gebildet, der Klatsch blüht auf den Tennis-, Golf- und Krocket-Plätzen, im Jachtclub hat sich eine geheime Informationsbörse etabliert, Gerüchte und Tatsachen, Unwahrheiten und Intimes wechseln von Haus zu Haus.
    Wen wundert es, daß es sich wie ein Buschfeuer quer durch die Stadt verbreitete: Aus Amerika ist eine Lady zu uns gekommen, die ins unbekannte zentrale
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