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Takeover

Takeover

Titel: Takeover
Autoren: Fritjof Karnani
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sein privates, kleines Netzwerk, das ein paar Computer in den Wohnungen von Freunden und Nachbarn vernetzte. Mit dem Fernrohr schwenkte er rüber zu den Nashörnern und streifte dabei eine junge Frau, die vor dem Nilpferdgehege stand. Automatisch stellte er das Bild auf ihre Beine ein. Und stellte fast gleichzeitig fest, dass es schlimm um ihn stand, wenn er bereits anfing, mit dem Fernglas Frauen anzustarren. Was ihn aber nicht davon abhielt, weiter die Beine der Unbekannten anzuvisieren. In diesem Moment trat Diana in den Raum.
    » Hi , Rolf bat mich, dir diese Unterlagen für das Meeting nachher zu bringen .«
    Ferry schreckte am Fernrohr zusammen und fühlte sich sofort ertappt.
    »Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken. Rolf meinte, es wäre wichtig, dass du die Akten bekommst, bevor ihr ins Meeting geht. Ich habe dich schon lange nicht mehr am Fernrohr gesehen. Ich fand es immer eine süße Eigenschaft von dir, in den freien Minuten den Tieren im Zoo beim Essen zuzusehen .«
    »Bin tatsächlich ein bisschen aus der Übung, muss erst mal wieder sehen, wie sich das Ding scharf stellen lässt .«
    »Darf ich auch mal ?«
    »Lieber nicht!« Aber Diana war schon neben ihn getreten und sah durch das Fernroh.
    »Ferry! Von wegen Tiere.«
    Er merkte, wie er sofort rot wurde, und wusste nicht, was er zu seiner Verteidigung vorbringen sollte.
    »So, so aus der Übung..., nun, dann will ich dich mal allein lassen. Hab’ noch einen schönen Tag.«
    Diana verließ lachend den Raum. Und obwohl er sich gerade schrecklich schämte, hätte er gern mit dem Fernglas hinter Diana her gesehen, wie sie sein Büro verließ und den Gang langging. Ihre Beine konnten mit denen von der Frau am Nilpferdgehege ohne Probleme mithalten.
    Er drehte sich wieder zum Fenster um und versuchte, das Dach des alten Mietshauses zu finden, in dem er, damals noch Student, zum ersten Mal Computer vernetzt und Menschen ins Internet gebracht hatte. Ihm ging der Gedanke durch den Kopf, dass das vor unendlichen Zeiten und in einem anderen Leben gewesen sein musste.
    Jetzt war er 31 Jahre alt und benahm sich wie ein widerlicher alter Mann, der sabbernd hinter dem Fernrohr hockte, um jungen Frauen auf die Beine zu starren. Er kam zu dem Schluss, dass er dringend aus dem Alltagstrott raus musste. Was ihm fehlte, war eine richtige Aufgabe.

     
    Im Foyer des Bürogebäudes fand zur selben Zeit die mehrmals wöchentlich laufende Besichtungs- und Vortragstour bei GermanNet statt. In der Vergangenheit war die Besichtigungstour immer schon Monate im Voraus ausgebucht gewesen. Seit der Krise der New Economy war das Interesse zwar etwas abgeflaut, aber die Touren waren immer noch gut besucht. Vor allem Studenten und Internetbegeisterte wollten die Legende GemanNet hautnah erleben.
    Die Tour war ein wichtiges Instrument im Marketing-Mix geworden, am Anfang stand ein Vortrag über GermanNet , den die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Angela Müller, hielt.
    »Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie bei GermanNet , der Nummer Eins im Internet in Deutschland und Europa, begrüßen zu können. Hinter mir an der Wand sehen Sie eine Projektion unseres Usergraphen. Die Kurve zeigt an, wie viele Nutzer oder User gleichzeitig auf unserem Netz sind. Wie Sie sehen können, sind es zurzeit fast 225.000 Menschen, die gleichzeitig unser Netz benutzen. In den Stoßzeiten in den Abendstunden erreichen wir einen Peak von bis zu 600.000 simultanen Usern.
    Unseren bisherigen Rekord erreichten wir an den Weihnachtsfeiertagen dieses Jahres, als über eine Million Menschen gleichzeitig GermanNet genutzt haben. Die Infrastruktur, die benötigt wird, um diese enormen Datenmengen bewegen und unseren Service in ganz Europa anbieten zu können, wurde von uns in einem beispiellosen Programm in nur wenigen Jahren aufgebaut.
    GermanNet wurde Mitte der neunziger Jahre von Ferry Ranco gegründet. Wir sind ein typisches Garagen-Unternehmen. Am Anfang wollte Herr Ranco für sich und ein paar Freunde lediglich einen Zugang zum Internet schaffen. Vor zehn Jahren war es in Deutschland nur für Universitäten oder Forschungseinrichtungen üblich, einen Anschluss zum Internet zu haben.
    Unsere Erfolgsstory begann in einem alten Mietshaus, das keine fünf Minuten von hier entfernt ist. Ferry Ranco mietete eine Telefon-Standleitung und verlegte Kabel zwischen den einzelnen Wohnungen des Miethauses, in dem fast nur Studenten wohnten. Er vernetzte die Computer und richtete schließlich
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