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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
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der Kuppe im Happy Valley, den Kopf in den Händen aufgestützt. Er blickte in die Ferne. Du mußt dir den Schlüssel beschaffen, dachte er immer wieder. Es gibt nichts, was du zu befürchten hast. Du mußt dir den Schlüssel beschaffen und dann die Papiere. Vorwärts, Culum.
    Angst und Entsetzen waren überstanden. Nun aber verzehrten ihn der Ekel vor sich selber und die Einsamkeit. Er blickte auf die Faktorei hinab. Vargas und Orlow standen noch immer vor dem Eingang. Verschwommen erinnerte er sich daran, wie er vor Stunden ins Tal gekommen war und sie dort gestanden hatten, wie er sich dann abgewandt hatte, um sie nicht sehen zu müssen, und als sie dann hinter ihm herkamen, hatte er geschrien: »Laßt mich doch in Ruhe!« Er bemerkte, daß Gordon Tschen jetzt zu ihnen getreten war. Gordon war, wie er sich erinnerte, vorhin nicht dort gewesen. Was will er? Will er sich über mich lustig machen? Will er mich bemitleiden, wie all die anderen? Longstaff … Brock … Cooper … Shevaun … Skinner … Vargas … Orlow. Sogar Tess. Ja, ich habe es sogar in deinem Gesicht gesehen, als wir auf der Queen's Road stehengeblieben sind. Sogar in deinem Gesicht. Und du hast recht. Du hast völlig recht.
    Was fange ich an? Was soll ich tun? Ich bin nicht mein Vater. Ich habe es ihm gesagt, daß ich es nicht bin. Ich bin ihm gegenüber aufrichtig gewesen.
    Beschaff dir den Schlüssel. Beschaff dir den Schlüssel und die Papiere. Du mußt die Papiere abliefern. Longstaff hat dir befohlen, an Bord zu kommen. Die Zeit ist bald abgelaufen. Ach, mein Gott!
    Er beobachtete, wie die Schatten länger wurden.
    Soll ich Brock von Jin-kwas Münzen erzählen? Von den noch übrigen drei halben Münzen, von den drei Gefälligkeiten, dem heiligen Eid und der Lotus Cloud? Das muß ich. Mein Gott, was ist mit Wu Kwok? Und was ist mit den chinesischen Kapitänsanwärtern und den Jungen, die Vater anvertraut wurden? Brock wird meinen Eid nicht gelten lassen. Ich weiß, er tut es bestimmt nicht. Mir ist es gleichgültig. Was macht es aus?
    »Guten Tag.«
    »Ach, guten Tag, Mr. Quance.« Culum blinzelte niedergeschlagen in die Schatten hinein. »Lassen Sie mich bitte allein, bitte.«
    Aristoteles Quance schmerzten alle Glieder. Erst vor einer Stunde hatte man ihn aus den Trümmern ausgegraben. Haar und Gesicht waren mit Blut und Trümmerstaub verschmiert, seine Kleidung war beschmutzt und zerfetzt.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte er. »Das war eben Joss.«
    »Wie ich dieses Wort hasse! Bitte, lassen Sie mich jetzt allein.«
    Quance erkannte die Hilflosigkeit, den Schmerz und den selbstzerstörerischen Haß in dem Gesicht, das ihn von ferne an jenes andere erinnerte, das er so gut gekannt hatte. Er dachte an jenen Tag zurück, an dem er Struan zum ersten Male gesehen hatte, als er bewußtlos im Schmutz einer Gasse in Macao lag. Ebenso hilflos, erinnerte er sich. Nein, ebenso nicht, das auf keinen Fall. Dirk war wie ein Gott, auch wenn er im Dreck lag. Ach, Dirk, du hast stets das Gesicht eines Gottes und die Macht eines Gottes besessen – im Wachen und im Schlafen. Ja, und sogar im Tod, dessen bin ich sicher. Ein Gesicht. Das hattest du.
    So anders als dein Sohn.
    Ja, aber doch nicht ganz anders. Culum ist wegen der Sache mit der Kuppe gegen dich aufgestanden. Aber er hat sich gegen Brock hinter dich gestellt. Und er hat vor deinen Augen Gordon Tschen die Hand geschüttelt. Er ist mit dem Mädchen durchgebrannt und hat sich über alle Folgen hinweggesetzt. Und er hat Glessing das Leben gerettet. Der Funke ist da.
    Erinnerst du dich noch an das, was du sagtest, als du wieder zum Bewußtsein gekommen warst, Dirk? »Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber ich danke Ihnen dafür, daß Sie mir mein Gesicht zurückgegeben haben.«
    Du hattest es niemals verloren, Dirk, mein Freund.
    »Ja. Aber gib meinem Sohn auch das seine zurück.«
    Würdest du das nicht sagen, wenn du hier wärst? Bist du nicht hier? Du fehlst mir so, mein Junge.
    Aristoteles Quance drängte seine eigene Trauer zurück und setzte sich neben Culum auf die Stufe. »Ich weiß, daß es nicht der richtige Augenblick ist, Ihnen mit einer solchen Sache zu kommen, Tai-Pan, aber können Sie mir nicht vierhundertfünfzig Guineen leihen?«
    »Bitte? Was haben Sie gesagt?«
    »Könnten Sie mir vierhundertfünfzig Guineen leihen, Tai-Pan? Ich weiß, daß es furchtbar ist, in einem solchen Augenblick so etwas zu erbitten, aber die alte Hexe Fortheringill ist noch am Leben – kein Taifun würde es
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