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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
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Seeungeheuer-Drache?«
    »Ja.«
    »Gottes Blut!«
    »Was ist los?«
    »Ich vergessen, die letzte mistschmeckende Gift-Cinchona-Tasse trinken. Heute ist letzter Tag, macht nichts.«
    »Du trinkst sie dann eben in ein paar Stunden, schon gut.«
    »Ja, mein Gemahl!« May-may fühlte sich sehr glücklich und sehr gesund. Sie spielte mit dem langen Haar in Struans Nacken. »Ich hoffe, den Kindern geht es gut.«
    »Bestimmt. Mach dir keine Sorgen, Tschen Scheng wird sich schon um sie kümmern.«
    »Wann wir reisen, heja? Ich bin phantastisch eilig wegen Heirat.«
    »In drei Monaten. Bestimmt vor Weihnachten.«
    »Ich glauben, du solltest noch eine barbarische Frau als Dritte Schwester nehmen.«
    Er lachte.
    »Sehr wichtig, viele Söhne zu haben. Lach nicht, bei Gott!«
    »Vielleicht ist das ein guter Einfall, meine Kleine«, sagte er. »Vielleicht sollte ich drei Barbarenfrauen haben. Dann noch dich und Yin-hsi. Ich glaube, es wäre furchtbar wichtig, uns noch eine chinesische Schwester vor unserer Abreise zu sichern.«
    »Puh! Wenn dein Eifer bisher bei Zweiter Schwester ein Zeichen ist, wir nehmen besser Liebhaber, bei Gott!« Dann küßte sie sein Ohr und schrie: »Ich sehr angenehm erfreut, daß mein Joss dich mir gegeben hat, Tai-Pan!«
    Ein Anprall der Großen Winde drückte die Fenster auf der Südseite ein, und das ganze Gebäude geriet wie bei einem Erdbeben in Bewegung. Die Nägel im Dach ächzten unter einem übermächtigen Druck. Dann riß eine Teufelsbö das ganze Dach herunter und schleuderte es ins Meer.
    Struan merkte, wie der Luftwirbel Yin-hsi mit sich riß. Er griff nach ihr, aber sie war nicht mehr da.
    Struan und May-may hielten sich fest umschlungen.
    »Hab keine Angst, Tai-tai!«
    »Niemals! Ich dich lieben, mein Gemahl.«
    Und dann fielen die Großen Winde über sie her.

50
    Strahlend stieg die Sonne empor und erwärmte die zerschlagene Stadt und den sicheren Hafen.
    Culum fand seinen Vater in den Trümmern der Faktorei. Struan lag zusammengekauert in der Wohnung des Nordflügels, und in seinen Armen hielt er eine kleine, magere Chinesin. Culum fragte sich, wie sein Vater sie hatte lieben können, denn ihm erschien sie nicht schön.
    Der Tod hatte ihre Gesichter nicht verzerrt; sie waren friedlich, als schliefen sie.
    Culum verließ das Zimmer, ging die teilweise eingestürzte Treppe hinunter und trat in den sanften Ostwind hinaus.
    Tess erwartete ihn. Als sie ihn den Kopf hilflos schütteln sah, füllten sich auch ihre Augen mit Tränen, und sie ergriff seine Hand. Sie gingen die Queen's Road entlang und ließen Happy Valley hinter sich, blind für alles, was um sie her war.
    Der neue Stadtteil war völlig zerstört. Überall lagen Trümmer umher. Hier und dort standen noch ein paar Gebäude, die einen nichts weiter als Skelette, die anderen nur leicht beschädigt. Am Ufer wimmelte es von Menschen, die hin und her eilten oder in Gruppen beieinanderstanden und die Ruinen ihrer Wohnhäuser oder ihrer Geschäfte betrachteten. Viele beaufsichtigten Scharen von Kulis, die ihre vom Regen durchnäßten Besitztümer in Sicherheit brachten oder mit Reparaturen begannen. Kulis mit Sänften hatten Hochbetrieb, ebenso die Bettler. An den wichtigsten Punkten waren Militärpatrouillen eingesetzt, die verhindern sollten, daß geplündert wurde. Seltsamerweise aber zeigten sich nur wenige Plünderer.
    Sampans und Dschunken fischten im stillen Wasser des Hafens nach dem Treibgut zerschlagener Boote. Andere liefen vom Festland her ein und brachten neue Siedler. Der lange Zug von Chinesen vom Ufer hinauf nach Tai Ping Schan hatte erneut begonnen.
    Rauch schwebte über dem Berghang. Inmitten der zerstörten Hütten schwelte hier und dort noch ein Brand. Aber unter dieser Rauchdecke herrschte schon wieder reges Leben und Treiben. Die Gasthäuser, Teestuben, Lebensmittelläden und Straßenhändler machten schon wieder Geschäfte, während die Bewohner – hämmernd, sägend, schaufelnd und schwatzend – ihre Wohnstätten zusammenflickten oder neu aufbauten, wobei sie ihren Joss segneten, der sie am Leben gelassen hatte.
    »Sieh mal, Culum«, sagte Tess. Sie standen nun in der Nähe des Arsenals.
    Culum war völlig benommen und vermochte kaum seine Gedanken zu sammeln. Er blickte in die Richtung, in die sie deutete. Ihr fast fertiggestelltes Haus, das auf einer leichten Erhebung lag, stand ohne Dach da und war vom Fundament abgehoben.
    »Du lieber Gott«, rief sie, »was tun wir jetzt?« Er antwortete ihr nicht. Ihre
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