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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
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Angst vertiefte sich, als sie sein Entsetzen spürte.
    »Komm«, sagte sie, »gehen wir – gehen wir ins Hotel und dann … dann an Bord der White Witch. Komm jetzt, Liebster!«
    Skinner eilte auf sie zu. Sein Gesicht war schmutzig, seine Kleidung zerrissen und verdreckt.
    »Entschuldigen Sie mich, Mr. Culum, aber wo ist der Tai-Pan?«
    »Wie meinen Sie?«
    »Der Tai-Pan. Wissen Sie nicht, wo er ist? Ich muß ihn sofort sprechen.«
    Culum antwortete ihm nicht, und so sagte Tess: »Er … er ist tot.«
    »Was?«
    »Er ist tot, Mr. Skinner. Wir … Culum hat ihn gefunden. Er ist tot. In der Faktorei.«
    »Ach, mein Gott, nein!« stieß Skinner mit dumpfer Stimme hervor. Mein verdammter Joss! dachte er.
    Er murmelte ein paar Worte des Beileids und kehrte in seine Druckerei und zu seiner zerstörten Druckerpresse zurück. »Jetzt bist du Verleger und Eigentümer!« brüllte er. »Wovon? Du hast keine Druckerpresse mehr und kein Geld, um dir eine zweite zu kaufen. Der Tai-Pan ist tot, also kannst du dir nichts von ihm leihen. Du besitzt nichts, und damit bist du am Ende! Pleite! Was machst du jetzt?« Er trat mit dem Fuß gegen einen Trümmerhaufen, ohne seine Kulis zu beachten, die etwas abseits standen und geduldig warteten. »Warum, zum Teufel, hat er auch in einem solchen Augenblick sterben müssen?«
    Er tobte noch eine Weile und setzte sich dann auf einen hohen Schemel. »Was machst du jetzt? Reiß dich zusammen! Denk nach!«
    Zunächst einmal kommt es darauf an, eine Zeitung erscheinen zu lassen, sagte er zu sich. Ein Extrablatt. Wie denn? Handpresse. »Jawohl, Handpresse«, wiederholte er laut. »Die Arbeitskräfte hast du. Das kannst du also machen. Aber was dann?«
    Er bemerkte, daß die Kulis ihn beobachteten. Du wirst schön den Mund halten, warnte er sich. Zunächst machst du die Ausgabe fertig, dann gehst du zu dem hilflosen jungen Idioten Culum und beredest ihn dazu, dir Geld für eine neue Presse zu leihen. Den kannst du doch leicht in die Tasche stecken. Jawohl. Und halt deinen Mund.
    Blore trat ein. Sein Gesicht wirkte leblos.
    »Guten Morgen«, sagte er. »Was für eine entsetzliche Katastrophe! Die Tribünen sind verschwunden, und der Sattelplatz ist nicht mehr da. Alles weg. Vier Pferde verloren – auch den Wallach, hol's der Teufel!«
    »Der Tai-Pan ist tot.«
    »Mein Gott!« Blore lehnte sich an den geborstenen Türrahmen. »Das schlägt dem Faß den Boden aus. Na ja, habe schon gleich gedacht, die Sache sei zu schön, um von Dauer zu sein.«
    »Was denn?«
    »Hongkong – der Jockeyklub – alles. Jetzt ist alles verloren. Ist ja auch klar. Die ganze Kolonie ist eine einzige Katastrophe. Whalen, diesem neuen Affen, wird ein Blick genügen, und er wird sich krumm und schief lachen. Ohne den Tai-Pan ist alles hoffnungslos. Verdammt, ich habe ihn gemocht.«
    »Er war es doch, der Sie zu mir geschickt hat, nicht wahr? Um mir den Bericht zuzuschustern?«
    »Nein«, entgegnete Blore. Der Tai-Pan hatte ihn zum Stillschweigen verpflichtet. Ein Geheimnis galt über den Tod hinaus. »Armer Kerl. In gewisser Weise ist es ein Segen, daß er das Ende der Kolonie nicht zu erleben braucht.«
    Skinner packte seinen Arm und deutete auf den Hafen hinaus. »Was ist dort draußen?«
    »Was? Der Hafen, was denn sonst?«
    »Das ist ja das Schlimme bei den meisten Leuten. Sie können weder ihren Kopf noch ihre Augen gebrauchen. Die Flotte hat es überstanden – alle Kauffahrer! Eine Fregatte ist auf Grund gelaufen; die wird innerhalb einer Woche repariert sein und wieder schwimmen. Für die Resting Cloud gilt das gleiche. Die Boston Princess liegt völlig zerstört an der Küste von Kaulun. Aber das ist auch alles. Begreifen Sie denn nicht? Der schlimmste Taifun aller Zeiten hat Hongkong auf die Probe gestellt – und Hongkong hat die Prüfung überzeugend bestanden. Dieser Taifun war ein gewaltiger Joss. Glauben Sie etwa, der Admiral hätte das nicht begriffen? Glauben Sie, Cunnington, dieser Tropf, wüßte nicht, daß unsere Macht auf der Flotte beruht – ganz gleich, was dieser engstirnige General denkt? Wir sind eine Seemacht, verdammt noch mal!«
    »Großer Gott, meinen Sie wirklich, daß sich's so verhält?«
    Skinner war bereits hineingegangen und räumte Trümmer beiseite, die ihm im Weg waren. Er setzte sich, suchte einen Federkiel, Tinte und Papier und begann zu schreiben.
    »Glauben Sie das wirklich?«
    »An Ihrer Stelle würde ich mich jetzt darum kümmern, daß neue Tribünen gebaut werden. Soll ich eine
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