Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
auf Tschuschan und ein paar Schiffe zurücklassen, damit über den Jangtse die Blockade verhängt werden konnte. Die Hauptmacht sollte nach Norden, in die Mündung des Peiho segeln und Peking bedrohen, Chinas Hauptstadt, die nur ein paar hundert Meilen weiter flußauf lag. Struan wußte, daß der Kaiser nur durch eine unmittelbare Bedrohung dazu gebracht werden konnte, sofort um Frieden zu bitten. Eine großartige Idee, die sich auch hervorragend bewährt hatte. Das Expeditionskorps war im vergangenen Juni im Osten eingetroffen. Im Juli nahm es Tschuschan ein, im August lag es vor der Mündung des Peiho. Nach zwei Wochen hatte der Kaiser einen Beamten entsandt, der Friedensverhandlungen aufnehmen sollte – zum erstenmal in der Geschichte hatte ein chinesischer Kaiser eine europäische Nation offiziell anerkannt. Der Krieg war zu Ende, und beide Seiten hatten so gut wie keine Verluste gehabt.
    »Longstaff hat sehr klug gehandelt, als er diesen Plan befolgte«, sagte Cooper.
    »Das hätte doch jeder Chinahändler gewußt, wie man mit den Chinesen fertig wird«, erwiderte Brock mit rauher Stimme. Er schob den Zylinder ein wenig aus der Stirn und hob seine Augenklappe an. »Warum haben sich denn Longstaff und Struan damals in Kanton auf Verhandlungen eingelassen, he? Dabei weiß jeder Idiot, daß für einen Chink ›verhandeln‹ nichts weiter bedeutet als Zeit gewinnen. Hätten drüben am Peiho bleiben sollen, bis der Friede unterzeichnet war. Aber nein, sie mußten die Flotte zurückholen, und jetzt warten und warten wir seit sechs Monaten, daß die Kerle endlich unterschreiben.« Brock spuckte aus. »Blödsinn, völlig schwachsinnig, Zeit und Geld hinausgeschmissen, nur wegen so einem elenden Felsen. Tschuschan hätten wir behalten sollen. So eine Insel – das wäre wenigstens was gewesen.« Tschuschan war zwanzig Meilen lang und zehn Meilen breit, der Boden der Insel war fruchtbar und fett, und Tinghai war eine große Stadt und ein guter Hafen. »Da hat man wenigstens Luft genug zum Schnaufen. Und wenn ich mit 'm kleinen Finger winke, dann blockieren drei oder vier Fregatten sogar den Jangtse. Und wer den Fluß beherrscht, der hat ganz China in der Hand. Da müßten wir hin, verdammt noch mal!«
    »Tschuschan steht Ihnen noch immer zur Verfügung, Mr. Brock.«
    »Das sag'n Sie so. Is' ja nich' in 'nem Vertrag übereignet worden, und so gehört's uns auch nich'.« Der scharfe Wind war immer heftiger geworden. Brock stampfte mit den Füßen.
    »Vielleicht sollten Sie es Longstaff gegenüber erwähnen«, meinte Cooper. »Immerhin ein Mann, der sich Ratschlägen nicht verschließt.«
    »Den meinen bestimmt. Das wissen Sie recht gut. Aber das eine will ich Ihnen sagen: Wenn das Parlament von dem Vertrag erfährt, ist die Hölle los, hol mich der Teufel.«
    Cooper zündete sich einen Stumpen an. »Ich möchte Ihnen da recht geben, Mr. Brock. Es ist ein erstaunliches Stück Papier, in einer Zeit, in der ganz Europa landhungrig und machtgierig ist.«
    »Sind's die Vereinigten Staaten vielleicht nich'?« Brocks Gesicht verhärtete sich. »Was is' mit den Indianern? Die Erwerbung von Louisiana? Spanisch Florida? Jetzt linsen sie schon nach Mexiko und dem russischen Alaska. In der letzten Post steht drin, daß ihr Kanada stehlen wollt. Wie ist's damit, he?«
    »Kanada ist amerikanisch und nicht englisch. Wir werden aber wegen Kanada nicht in den Krieg ziehen – es wird sich uns aus freiem Willen anschließen«, sagte Cooper und versuchte, sich seine Sorge nicht anmerken zu lassen. Er strich sich über seinen Backenbart und zog wegen des immer schärferen Windes den Gehrock fester um die Schultern. Ein Krieg mit dem britischen Empire zu diesem Zeitpunkt, das wußte er, wäre eine Katastrophe und würde Cooper-Tillman ruinieren. Zum Teufel mit den Kriegen! Trotzdem war ihm bewußt, daß die Staaten wegen Mexiko und Kanada in den Krieg ziehen mußten, falls nicht eine Regelung erfolgte. Genauso wie die Briten mit China hatten Krieg führen müssen.
    »Es wird keinen Krieg geben«, meinte Tillman in dem Versuch, Cooper unauffällig zu beruhigen. Er seufzte auf und wünschte sich nach Alabama zurück. Dort kann ein Mann noch ein Gentleman sein, dachte er. Dort hatte man es nicht täglich mit den verdammten Briten zu tun oder mit einem gotteslästerlichen Dreckmaul wie Brock oder mit dem Teufel in Person, wie Struan – oder sogar mit einem so hitzigen jungen Mann und Hauptteilhaber wie Jefferson Cooper, der Boston für den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher