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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
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schicken, um die Insel zu erforschen. Er kannte die Riffe und Felsen, die Berge und Schluchten, und er wußte, wo er seine Lagerhäuser und das Große Haus errichten wollte und wie die Straße verlaufen würde.
    Er warf einen Blick zurück auf seinen Klipper; China Cloud, zweiundzwanzig Geschütze. Alle Klipper von Struan & Co. führten zu Ehren seiner Mutter, einer geborenen McCloud, die vor vielen Jahren gestorben war, ›Cloud‹ in ihrem Namen. Seeleute waren damit beschäftigt, ein ohnehin blitzblankes Schiff zu reinigen und frisch zu streichen. Kanonen wurden durchgesehen, die Takelage überprüft. Achtern flatterte stolz der Union Jack, die Flagge der Gesellschaft saß an der Spitze des Besanmastes.
    Die Flagge von Noble House zeigte den königlichen roten Löwen Schottlands, verschlungen mit dem kaiserlichen grünen Drachen Chinas. Sie wehte über zwanzig bewaffneten Klippern, die über die Ozeane der Welt verstreut waren, und über hundert schnellen bewaffneten Lorchas, die die Küste entlang Opium einschmuggelten. Sie wehte über drei großen Versorgungsschiffen mit Opiumvorräten – umgebaute Schiffsrümpfe von Kauffahrern, die zur Zeit im Hafen von Hongkong vor Anker lagen. Und sie wehte über der Resting Cloud, dem geräumigen, halbstationären Schiff, seinem Hauptquartier, in dem es Stahlkammern für Edelmetalle, Kontore und luxuriös eingerichtete Zimmerfluchten und Speiseräume gab.
    Du bist eine kraftvolle Flagge, dachte Struan stolz.
    Das erste Schiff, das unter dieser Flagge segelte, war eine mit Opium beladene Piratenlorcha gewesen, die er mit Gewalt geentert hatte. Die Küsten waren von Piraten, von Seeräubern verseucht. Die chinesischen und portugiesischen Behörden hatten auf Piraten eine Silberprämie ausgesetzt. Wenn die Winde den Opiumschmuggel unmöglich gemacht hatten oder er kein Opium zu verkaufen hatte, streifte er auf dem Chinesischen Meer umher. Das Geld, das er durch das Aufbringen von Piratenschiffen verdiente, legte er in Opium an.
    Gottverfluchtes Opium, dachte er. Aber er wußte auch, daß sein Leben unerbittlich mit dem Opium verkettet war – und daß ohne das Opium weder Noble House noch das britische Empire bestehen konnten.
    Der Grund dafür ließ sich bis in das Jahr 1699 zurückverfolgen, als das erste britische Schiff mit China friedlichen Handel trieb und Seide und, zum erstenmal, die unvergleichlichen, Tee genannten Blätter mit nach Hause brachte – eine Pflanze, die China als einziges Land auf der ganzen Welt billig und in Mengen erzeugte. Im Austausch dafür wollte der Kaiser nur Silber entgegennehmen. Und seitdem war man von dieser Gepflogenheit nicht mehr abgewichen.
    Innerhalb von rund fünfzig Jahren wurde der Tee zum verbreitetsten Getränk in der westlichen Welt – insbesondere in England, der führenden Handelsnation. Und innerhalb von siebzig Jahren war der Tee zur Haupteinnahmequelle der britischen Regierung geworden. Im Verlauf eines Jahrhunderts war das britische Schatzamt durch das nach China fließende Geld in gefährlicher Weise seiner Mittel entblößt worden, und der nicht ausgeglichene Handel mit Tee und Silber entwickelte sich zu einer Katastrophe für das ganze Land.
    Zu Beginn dieses Jahrhunderts hatte die Britische Ostindische Kompanie – dieses riesige, halb private und halb öffentliche Unternehmen, das durch Parlamentsbeschluß ein totales Monopol für den Handel mit Indien und ganz allgemein mit Asien besaß – mit zunehmender Verzweiflung jede nur denkbare Ware im Austausch an Stelle von Edelmetall angeboten – Baumwollstoffe, Webstühle, ja sogar Kanonen und Schiffe. Aber die Kaiser lehnten selbstbewußt ab. Sie betrachteten China als autark, verachteten die ›Barbaren‹, wie sie alle Nicht-Chinesen bezeichneten, und sahen alle Nationen der Erde bestenfalls als Vasallenstaaten Chinas an.
    Vor dreißig Jahren war dann ein britischer Kauffahrer, die Vagrant Star, den Perlfluß hinaufgesegelt und hatte vor der Insel Whampoa Anker geworfen. Die heimliche Ladung des Schiffes bestand aus Opium, das im britischen Bengalen billig und im Überfluß erzeugt wurde. Wenngleich Opium in China schon seit Jahrhunderten Verwendung fand – allerdings nur bei den sehr Reichen und in der Provinz Jünnan, wo ebenfalls Mohn gedieh –, galt es als Bannware. Die Ostindische Kompanie hatte den Kapitän der Vagrant Star insgeheim ermächtigt, das Opium anzubieten. Jedoch nur gegen Silber. Die chinesische Kaufmannsgilde, die durch kaiserliches Dekret das
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