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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan
Autoren: James Clavell
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Monopol für den gesamten Handel mit dem Westen erhalten hatte, kaufte die Ladung und veräußerte sie unterderhand und mit hohem Gewinn. Der Kapitän der Vagrant Star übergab, gewissermaßen unter vier Augen, das Edelmetall den Vertretern der Kompanie in Kanton, ließ sich seinen eigenen Gewinnanteil auf eine Bank in London gutschreiben und eilte nach Kalkutta zurück, um dort erneut Opium einzukaufen.
    Struan konnte sich der Vagrant Star gut entsinnen. Er selber war damals als Schiffsjunge an Bord gewesen. Auf diesem Schiff war er zum Mann geworden – und hatte Asien gesehen. Und damals hatte er sich auch geschworen, Tyler Brock zu vernichten, der als dritter Offizier auf der Vagrant Star fuhr. Struan war zwölf Jahre alt, Brock achtzehn und sehr stark. Brock hatte ihn vom ersten Augenblick an nicht leiden können und sich ein Vergnügen daraus gemacht, an ihm herumzunörgeln; er beschnitt ihm seine Verpflegungsration, teilte ihn außer der Reihe zu Wachen ein, schickte ihn bei schlechtem Wetter in die Wanten, reizte und schurigelte ihn. Bei der geringsten Verfehlung ließ er Struan an die Takelung fesseln und mit der neunschwänzigen Katze bestrafen.
    Struan war zwei Jahre auf der Vagrant Star geblieben. Eines Nachts aber lief sie in der Malakkastraße auf ein Riff und sank. Struan schwamm an Land und schlug sich nach Singapur durch. Später erfuhr er, daß auch Brock den Schiffsuntergang überlebt hatte. Darüber war er sehr glücklich. Er wollte sich rächen, auf seine eigene Art und zu dem Zeitpunkt, den er für richtig hielt.
    Struan hatte auf einem anderen Schiff angemustert. Inzwischen war von der Ostindischen Kompanie zahlreichen sorgfältig ausgewählten, unabhängigen Händler-Kapitänen heimlich die Handelslizenz erteilt und weiterhin bengalisches Opium exklusiv und zu günstigen Preisen verkauft worden. Die Kompanie strich riesige Gewinne ein und häufte große Mengen von Silberbarren an. Die chinesische Kaufmannsgilde und die Mandarine schlossen vor dem gesetzwidrigen Handel die Augen, denn auch sie machten ansehnliche Gewinne. Und da von diesen Gewinnen niemand etwas wußte, konnten sie auch nicht Gegenstand kaiserlicher Gelüste sein.
    Opium wurde zur Haupthandelsware des Imports. Die Kompanie sicherte sich schon bald das Weltmonopol für Opium außerhalb der Provinz Jünnan und des Ottomanischen Reiches. Innerhalb von zwanzig Jahren entsprach das für das geschmuggelte Opium eingehandelte Silber der Silbermenge, die man für die Einfuhr von Tee und Seide hinlegen mußte.
    Endlich war die Handelsbilanz ausgeglichen. Und schließlich neigte sich die Waage nach der anderen Seite: Da es zwanzigmal mehr chinesische Abnehmer als Abnehmer im Westen gab, setzte ein erschreckender Abfluß von Silber ein, den sich nicht einmal China leisten konnte. Die Kompanie schlug, um diese Flut einzudämmen, andere Handelsgüter vor. Aber der Kaiser blieb hart: Silber gegen Tee.
    Mit zwanzig Jahren war Struan Kapitän und Eigner eines Schiffes, das im Opiumgeschäft fuhr. Brock war sein Hauptrivale. Rücksichtslos machten sie einander Konkurrenz. Nach sechs Jahren beherrschten Struan und Brock den Markt.
    Die Opiumschmuggler erhielten den Namen Chinahändler. Sie waren eine unerschrockene, verwegene und draufgängerische Schar von lauter Einzelgängern, Kapitänen auf eigenem Schiff – Engländer, Schotten und ein paar Amerikaner –, die mit ihren kleinen Seglern unbekümmert unbekannte Gewässer befuhren und unbekannte Gefahren auf sich nahmen. Sie fuhren zur See, um friedlich Handel zu treiben. Verdienen wollten sie, nicht erobern. Kam es aber darauf an, dann konnten ihre Fahrzeuge auch einen ordentlichen Kampf liefern. Und wenn sie Pech hatten dabei, verschwanden ihre Schiffe von den Meeren und gerieten bald in Vergessenheit.
    Die Chinahändler erkannten rasch, daß sie das gesamte Risiko zu tragen hatten, während die Kompanie den Löwenanteil des Gewinns einstrich. Außerdem blieben sie von dem legalen – und äußerst gewinnbringenden – Tee- und Seidenhandel ausgeschlossen. So begannen sie, während sie weiterhin in schärfstem Konkurrenzkampf miteinander lagen, auf Struans Betreiben hin gemeinsame Sache gegen die Kompanie zu machen, um deren Monopol zu brechen. Ohne dieses Monopol konnten die Händler Opium in Silberbarren umtauschen, Silber in Tee, den Tee in die Heimat verfrachten und ihn unmittelbar auf den Weltmärkten absetzen. Die Chinahändler würden selber den Teehandel der Welt beherrschen und
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