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Taeter wie wir

Taeter wie wir

Titel: Taeter wie wir
Autoren: Kim Fupz Aakeson
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die gute alte Frau Elvis, sie fuhr immer auf ihrem Rad in der Stadt herum, ohne irgendwohin zu müssen, sie radelte einfach mit einer Zigarette im Mund herum, die nicht angezündet war, und wenn man rief: »Elvis ist tot!«, dann flippte sie total aus und schimpfte wie ein Rohrspatz. Sie hatte kurze Haare und kleidete sich wie ein Mann und glaubte wirklich, dass Elvis noch lebte. Zum Schluss starb sie selbst, sie wurde von einem Lastwagen überfahren.
    Martins Vater, vor dem hatten wir ein bisschen Angst. Martin und Bogense waren die Einzigen von uns, die in den Häusern auf der besseren Seite der Eisenbahnschienen wohnten. Man kann sagen, dass die Stadt von der Eisenbahn gewissermaßen in zwei Teile geteilt wird, wir anderen wohnten auf der gewöhnlichen Seite, in den roten Häuserblocks. Und dann gibt es die neuen Gebiete mit Reihenhäusern und wahnsinnigen Villen dort, wo früher mal das Sägewerk lag. Da ist auch das Industriegebiet, da wohnt allerdings niemand, da gibt es nur Industriegelände, und in den alten Zeiten trieben wir uns am Wochenende dort öfters herum, aber dann kamen diese Wachleute, die mit Hunden dort herumliefen.
    Martins Vater hat uns nie etwas getan, er war beim Militär, hoch, richtig hoch. Martins Mutterhatte einen Schönheitssalon, zuerst einen großen in der Fußgängerzone, der hieß Aphrodite , aber der lief nicht so gut. Dann zog der Laden in kleinere Räume um und da ging es offenbar besser.
    »Was bedeutet Aphrodite?«, fragte Niko.
    »Eine Göttin«, sagte Benji, er wusste so etwas.
    Sie selbst war nun nicht besonders schön, Martins Mutter, jedenfalls hatte sie keine schöne Haut und war irgendwie so künstlich braun, und dann veränderte sie mit eingefärbten Kontaktlinsen immer ihre Augenfarbe, erst waren sie krankhaft grün, dann braun, dann blau und dann ging es wieder von vorne los. Sie schnitt auch Leuten die Haare, alten Leuten, die nicht mehr so leicht aus dem Haus gehen konnten, am Wochenende und abends fuhr sie zu denen und schnitt ihnen im Badezimmer die Haare.
    »Dann können sie da drinnen hocken und ganz toll aussehen«, sagte Wilam.
    Martins Vater, der hatte zwei große Hunde, vor denen hatten wir auch Angst, aber sie taten uns nichts, sie waren verdammt gut erzogen, er brauchte nur so leise Geräusche mit dem Mund zu machen, dann gehorchten sie. Sie waren nie angeleint. Aber wir hatten eine Scheißangst vor ihnen und wir hatten eine Scheißangst vor ihm. Martins großer Bruder hieß Jakob und er hatte die Hunde auchim Griff. Später kam es mit Jakob und den Hunden ja, wie es kommen musste.
    Wenn wir zu Hause bei Martin waren, dann hofften wir immer, dass sein Vater nicht zu Hause war, dafür aber Nana. Nana war Martins große Schwester und sie war verdammt süß. Und witzig. Sie war älter als wir, also nicht so eine, die man anbaggern konnte.
    Martins Vater hatte einen Schnurrbart und auf dem Kopf Unmengen von Haaren, aber die waren immer ganz kurz geschnitten, er hatte einen richtigen Schlitten von Auto, einen schwarzen Mercedes Stationcar, das ist ein toller Wagen. Selbst Bogense sagte, dass er der Wahnsinn war, der Wagen, und sein Vater leitete die Citroën-Niederlassung draußen an der Umgehungsstraße.
    Einmal sahen wir, wie Martins Vater einen anderen Mann zu Boden schlug, einfach so. Es war gutes Wetter, es muss im Frühling oder Anfang des Sommers gewesen sein, des letzten Sommers. Der andere Mann fuhr unten an der Kreuzung vor dem Busbahnhof in seinen Mercedes, sie wollten beide in dieselbe Straße einbiegen, Martins Vater hielt und wartete, dass er rüberfahren konnte. Wir standen mit unseren lächerlichen Mopeds da und hatten nichts zu tun, und da fuhr der andere Mann hinten auf den Wagen von Martins Vater auf. Beide stiegen sie aus. Martins Vater hockte sich wortloshin und guckte seine Stoßstange an, der andere Mann stand neben ihm und war ganz aufgeregt, er redete ununterbrochen, er versuchte, irgendwas zu erklären.
    »Das ist ja dein Vater«, sagte Niko, als ob wir es nicht schon vor hundert Jahren gesehen hätten.
    Dann stand Martins Vater auf und schlug den anderen Mann auf den Kopf, der ging sofort zu Boden. Er sagte kein Wort, Martins Vater, schlug nur einmal zu, dann setzte er sich in sein Auto, bog in die Straße ein, und der andere Mann lag da und wand sich auf dem Boden. Peng.
    »Aber hallo!«, sagte Niko.
    Wir anderen grinsten und sagten, oh Scheiße, was ist da denn gerade passiert?
    Martin grinste nicht einmal, er schaute weg.
    Und so
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