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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht
Autoren: Andrew Holleran
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men heit versinken! Die waren es, die Christus meinte, nicht die Arschlöcher in den Werbeagenturen, die im Februar immer zum Skifahren gehen! Diese Leute hängen mir wirk lich zum Halse heraus! (Einer meiner Kunden verwaltet den Werbeetat einer Kartoffelchipsfabrik – ich muß mich immer auf sein Gesicht setzen.)
    Du siehst also, ich habe nur über eine kleine Untergruppe geschrieben, über hoffnunglose Tunten. Kapito?
    Es ist jetzt wieder sehr kalt; ich bin gerade der Frau begeg net, die nebenan wohnt, als sie die Treppe heraufkam, – sie war betrunken, wie gewöhnlich, und mußte sich am Gelän der festhalten, um nicht nach vorne zu fallen. Sie hat ein so trauriges Gesicht, das ausgelaugte Gesicht einer Frau, die einmal schön war, und jetzt ist ihr Gesicht ganz resigniert, und jagt mir einen Schauer über den Rücken. Darüber schrei be ich, – warum das Leben so traurig ist. Und was die Leute für ein bißchen Liebe tun – alles –, ob sie nun schwul sind oder nicht.

    Victor Hugo

Zwölf Uhr mittags
    Milben und Floridamoos
     
    Das Leben selbst,
    kam gerade herein vom Erdbeerenp fl ücken – schöne große gibt es hier – es tut so gut, in der Erde zu arbeiten, Liebstes, Dreck unter den Fingernägeln zu haben – und sich zur Ab wechslung einmal nicht ums Telefon kümmern zu müssen! (Oh, dieser speckige Telefonhörer!) Ich kann Dir gar nicht beschreiben, wie friedfertig es hier draußen im Garten ist. Es ist wirklich genau Mittag, meine Liebe; alles ist betäubt von der Hitze; vollkommene Stille, selbst die Vögel halten Siesta; ein ganz leichter Hauch weht durch das Fliegengitter, ein viel zärtlicherer Wind als die Lippen eines jeden mensch lichen Liebhabers; und ich fühle mich in vollkommener Über einstimmung mit der Schöpfung. Und was sie alles umfaßt! Gestern zupfte ich etwas Gras um eine Palme herum aus, um sie zu düngen (die Farmer hier nehmen dafür Bananenschalen, das gibt dem Boden Kalium), und legte dabei den glitschigen, fast flüssigen Körper eines Schlangenbabys frei – ein gestreifter, grauer, feuchter Kör per, der bis dahin in einer kleinen Höhle aus Erde und Gras zwischen den Wurzeln der Palme herangewachsen war; ich habe auch ein Schildkrötenei gefunden, ganz weiß und von Adern durchzogen, wie Marmor, oder hartgewordener Zucker; und einen wunderschönen Jungen in einem Ruder boot, der draußen im Schilf fischte, mit einem Jagdmesser am Gürtel, bei all der Stille und Hitze.
    Entschuldige, ich langweile Dich sicher mit dem Ganzen. Wie Du Dir sicher vorstellen kannst, gibt es hier aber keine anderen Neuigkeiten – außer meinem Schildkrötenei, und daß der Organist unserer Kirche krank ist, und Ramons Groß mutter auch, die uns gerade besucht. Letzte Nacht, als ich Senora Echevarria badete, ging mir auf, daß das eigent lich Traurige am schwulen Leben das ist, daß es uns Erfahrungen wie diese vorenthält: an einem Frühlingsabend in einem schattigen Raum bei Sonnenuntergang zu sitzen, die Stirn einer alten kubanischen Dame zu kühlen (die wenig stens nicht behauptet, von einer wohlhabenden, aristokrati schen Familie aus Havanna abzustammen, wie all die Trinen in New York), während Ramon zu ihr spanisch spricht, (ich kann leider nur Französisch, und warum? Weil, als ich neu nach New York kam, Sutherland mir sagte, man brauche, um bei den Trinen in Hampton gesellschaftlichen Erfolg zu haben, nur zweierlei: perfektes Französisch und einen großen Schwanz); es war so viel Leben im Raum, nicht das überhitzte, gekünstelte, verzweifelte Leben, das wir da in Gotham führten, sondern Leben in all seiner Vielfalt und seinem Reichtum. Denn was ist das wirklich Traurige an den verdammten Schwuchteln? Daß sie in Horden mit einander herumrennen und nach dem nächsten Stück Wild Ausschau halten, und sich fragen, wieviele Sommer sie noch auf Fire Island verbringen können, bevor sie sich aufs Land zurückziehen müssen. Homosexualität ist wirklich wie ein Internat, von dem es nie Ferien gibt. O Gott!
    Duncan Uhr ist dafür das perfekte Beispiel, und er ist schon vor Jahren verrückt geworden. Du weißt doch, daß er spinnt. Er verliert die Selbstbeherrschung, wenn ihn irgend jemand abweist, er brach des öfteren in Häuser ein auf Fire Island, und kletterte über die Wände der Umkleidekabinen, um an Leute herankommen zu können. Einmal war ich in einer Kabine in der Everard-Sauna und fickte mit einem koreanischen Cellisten; mittendrin in voller Fahrt schaute ich kurz auf und sah,
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