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syrenka

syrenka

Titel: syrenka
Autoren: Elizabeth Fama
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Wasser, wie du auch.«
    Sie tauchte wieder unter und versuchte, seinen Lendenschurz aufzuknüpfen. Aber sie war nicht daran gewöhnt. Er schob ihre Hände beiseite und tat es selbst, während sie tiefer hinabtauchte, um seine Hosenbeine herabzuziehen. Mit jedem Ruck zog sie ihn tiefer und tiefer.
    Sie war so eifrig, dass sie seine Bewegungen missdeutete. Sie dachte, er strampelte, um sich seiner Hose zu entledigen. Die Luftblasen, die seinem Mund in Wolken entstiegen, sah sie nicht. Syrenka vergaß die Endlichkeit des menschlichen Lebens. Sie vergaß, wie stark sie war.
    Schließlich zog sie ihm triumphierend die Hose vom rechten Bein. Doch als sie hinaufsah, bemerkte sie mit tödlichem Schrecken, dass die Strömung Pukanokicks Kopf langsam auf seiner Brust hin und her wiegte und sein Körper leblos im Wasser trieb.
    Syrenka stieß unter Wasser einen verzweifelten Schrei aus, ein hochtönendes Heulen, gefolgt von einer raschen Abfolge von Klicklauten, sodass sämtliche Meereslebewesen um sie herum auseinanderstoben. Es war genauso, wie Noo´kas es prophezeit hatte: Syrenka hatte gewagt zu lieben – und sie hatte alles verloren.

Der Wind peitschte Hester das Haar um den Kopf. Sie klemmte es hinter ihre Ohren, schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein. Die Seeluft roch sanft nach Salz und nach Gurken. Das Meer löste zugleich Freude und Sehnsucht in ihr aus. Es war ein seltsames Gefühl, ein bitterzarter Schmerz.
    Im Lauf der letzten siebzehn Jahre hatte sie schon ungezählte Male an Captain Daves Walbeobachtungen teilgenommen. Der Vater ihres besten Freundes war nämlich Captain Dave Angeln persönlich. Und ihr eigener Vater, der als Wissenschaftler bei Woods Hole tätig war, nutzte diese Ausflüge oft, um Daten zu sammeln und das Leben der Meeressäuger in der Bucht zu beobachten.
    Von der Faust ihres Vaters an der Rückseite ihres T-Shirts gehalten, hatte sie es schon als kleines Kind geliebt, auf die Reling zu steigen und das Meer nach den charakteristischen Atemfontänen abzusuchen, die sie meistens als Erste entdeckte. Und noch immer konnte sie sich dafür begeistern, wenn sie neben einemriesigen Buckelwal fuhren und sie seinen glänzenden Körper sah und sein wachsames Auge, das den Hauch einer Ahnung vermittelte für die Geheimnisse, die es jenseits der Wasseroberfläche zu entdecken gab.
    Hester sah kurz zu Peter hinüber. In der rechten Hand hielt er ein Megafon, mit der linken schützte er die Augen vor der späten Frühjahrssonne. Nur sein Profil war sichtbar: hohe Wangenknochen, eine schwarze Brille, kräftige Augenbrauen, sonnengebleichtes blondes Haar, das wie eine Bürste in die Höhe stand, die Lippen in entspannter Konzentration geschlossen. Er hielt Ausschau nach Walen. Während er sich drehte und seinen Blick über die Bucht wandern ließ, glitten seine Augen über Hester hinweg. Im nächsten Moment hob er das Megafon an die Lippen.
    »Achtung, Leute! Fontäne in Sicht, Backbord voraus!«, verkündete er. »Für alle Landratten: Das heißt vorne links, neben der Bootsspitze.« Die Touristen rannten zum Bug. Aufgeregt durcheinanderschwatzend, brachten sie ihre Kameras in Anschlag. Ein Vater hob seinen Sohn auf seine Schultern.
    »Da, noch mal! Position 11:00 Uhr!«, rief Peter. »Wow, vielleicht sind es sogar zwei!«
    Die Menge war begeistert und deutete eifrig mit den Fingern auf das Meer hinaus. »Der Kapitän wird uns jetzt zu der Stelle bringen«, verkündete Peter. »An die südwestliche Spitze der Stellwagen Sandbank. Wir werden ein paar Minuten brauchen, bis wir da sind, aber mit ein bisschen Glück können wir uns die Tiere dann aus der Nähe ansehen.«
    Er ließ das Megafon sinken, sah zu Hester hinüber und grinste. »Du schwächelst, Adlerauge!«, rief er ihr gegen den Wind zu.
    »Das ist unfair! Ich habe mich nur einen Moment ablenken lassen«, rief sie zurück.
    »Ach ja? Wovon denn?«
    Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus. Die Wahrheit war, dass sie durch ihn abgelenkt gewesen war und nicht mehr aufgepasst hatte. Wie hatte ihr das nur passieren können? Sie fühlte, dass ihre Ohren zu glühen begannen.
    Ein Mädchen mit kurzen Haaren und einem Nasenpiercing stand auf und tippte Peter auf die Schulter. Er wandte sich um, um ihre Frage zu beantworten. Hester musterte sie. Sie war auf knabenhafte Art hübsch, mit einem herzförmigen Gesicht und kirschroten Lippen. Sie trug eine enge schwarze Hose und einen grauen Kaschmir-Pullover mit einem roten
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