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Susan Andersen

Susan Andersen

Titel: Susan Andersen
Autoren: Rosarot in Seattle
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Schürze das Mehl von den Händen. Sie trat in den Verkaufsraum, musterte die Tafel mit den aktualisierten Angeboten und lächelte. „Das sieht gut aus.“
    „Freut mich.“ Poppy packte die Farbkreide in das Kästchen und kletterte die Leiter hinunter. Unten verstaute sie die Kreide in ihrer großen Umhängetasche und klappte die Leiter zusammen. Während sie durch die Tür sah, wie der Himmel im Osten langsam hell wurde, sagte sie: „Ich stelle die nur noch zurück in den Schrank, mache sauber und verschwinde dann.“
    „Ich habe vor ungefähr zehn Minuten einen Blaubeerkuchen aus dem Ofen geholt“, sagte Sharon. „Haben Sie Zeit für ein Stück und ein Tässchen Kaffee? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich könnte jetzt eine Pause vertragen.“
    „Das wäre toll.“ Wie um seine Zustimmung zu demonstrieren, begann Poppys Magen zu knurren. Sie tätschelte ihn lachend. „Verraten Sie es nicht meiner Mutter, aber ich habe heute das Frühstück ausfallen lassen.“
    Sie brachte die Leiter in den großen Werkzeugschrank neben der Hintertür und schloss sie weg. Dann wusch sie sich die Kreidefarben von den Händen und setzte sich zu Sharon an den Tisch, wo sie mehrere Tassen starken Kaffee tranken und genüsslich saftigen, noch warmen Kuchen verspeisten.
    Aber viel Zeit blieb Poppy nicht. Denn sie musste an diesem Morgen noch drei weitere Tafeln zwischen Madison Park, Phiney Ridge und Ballard beschriften, bevor die Läden öffneten.
    Nach dem letzten Auftrag in einem Deli in der Nähe der Market Street sah sie auf die Uhr. Am liebsten wäre sie noch bei ihren Eltern vorbeigefahren, doch die Schulen waren heute wegen eines „Lehrer-Entwicklungstages“ geschlossen, und sie hatte eine Verabredung mit einigen Jugendlichen. Sie trafen sich im Central District, oder CD, wie die Bewohner Seattles sagten, und Poppy musste vorher noch zur Villa fahren. Mit einem bedauernden Blick in Richtung ihres Elternhauses lenkte sie ihren Wagen zur Ballard Brücke.
    Vor der Villa blieb sie einen Moment stehen, um das Gebäude zu betrachten.
    Den angebauten Wintergarten vorn am Haus hatten die Kavanaghs so verkleinert und saniert, dass er wieder zum Stil der Villa passte. Ihre Künstlerseele begann beim Anblick der eleganten wiederhergestellten Linien aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert zu lächeln. Die Mischung aus Gehämmer, markigen Flüchen und Männerlachen, die durch das Küchenfenster drang, lockte ein weiteres Lächeln hervor.
    Drinnen stelle Poppy fest, dass nur einer der vier Männer in der leergeräumten Küche tatsächlich mit einem Werkzeug herumhantierte. Dev Kavanaghs Bohrer jaulte durch die Stille, während alle sie ansahen. Poppy holte tief Luft und stieß sie theatralisch wieder aus.
    „Ich liebe den Geruch von Testosteron am Morgen!“, witzelte sie.
    Die schwarzen Augenbrauen bis an den Ansatz seiner Irish-Setter-roten Haare hochziehend, erwiderte Dev gedehnt: „Laut Jane wüsstest du gar nicht, was du mit Testosteron am Morgen überhaupt anfangen solltest.“
    „Du bist so ein Trottel, Kavanagh. Janie würde mir niemals in den Rücken fallen – nicht einmal dir gegenüber. Und wenn ich diese ganzen Werkzeuggürtel-Aktivitäten hier sehe, schlägt mein Herz Purzelbäume. Das. Ist. So ...“ Sie klimperte mit den Wimpern. „Männlich.“
    Lachend gingen die Männer zurück an die Arbeit. Poppy lief nach oben. Während sie durch die fertigen Räume spazierte, dachte sie an das Videoband, das Miss Agnes Ava, Jane und ihr ebenfalls hinterlassen hatte. Darauf hatte die alte Dame gesagt, wie sehr die drei ihr im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen seien. Und sie hatte ihnen mit ihrer Nebelhornstimme erklärt, dass sie die Villa natürlich verkaufen sollten. Vorher aber bat sie jede von ihnen darum, ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen. Poppy hätte zu gern gewusst, was Miss A. sich dabei gedacht hatte, als sie Poppy bat, die Renovierung zu übernehmen.
    Die alte Frau war immer so gut zu ihnen gewesen, sie hatte immer genau erkannt, was jede von ihnen brauchte, und dafür gesorgt, dass sie es erhielt. Jane und Ava beispielsweise hungerten geradezu nach einem Mindestmaß an Familienleben, um die ewige dramatische Selbstbezogenheit von Janies Eltern und die liebevolle Gleichgültigkeit von Avas Eltern auszugleichen. Und bei Poppy hatte Miss A. die Leidenschaft für Farben gefördert. Nicht viele Erwachsene hätten einem jungen Mädchen einen Pinsel und einen Farbeimer in die Hand gedrückt und es bei der
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