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Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Titel: Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
Autoren: Edda Minck
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sich in der Inszenierung ihrer Mutter zu verlieren. Das ist Dummheit. Überzeugungen zu leben, ohne sie zu überprüfen, obwohl man es könnte.»
    Bevor Viktor den Mund aufmachen konnte, sagte Annelies: «Ich weiß, Viktor. Dir graut vor mir. Das macht aber nichts. Ich bin ein Tatsachenmensch, ich bin Wissenschaftlerin – ich gucke hinter jeden Schrank. Und ja, da, wo andere ein Herz haben, habe ich einen Erlenmeyerkolben. Aber ich habe dich trotzdem lieb, wie ihr Menschen so sagt.»
    «Noch jemand Nachschlag?», fragte Hölderling.
    «Ich brauche einen Schnaps, wenn es recht ist», sagte Viktor Liebermann. «Ich werde heute mit Blass-Beige beginnen und mich über Dunkelblau bis Blutrot durchsaufen.»
    «Ein guter Plan», erwiderte Hölderling. «Und du, Annelies?»
    «Ich bin dabei. Um der alten Zeiten willen. Eine Runde Blass-Irgendwas schaffe ich, aber dann muss ich weg.»
    «Es ist doch noch etwas Menschliches an ihr. Ich bin ja so glücklich», sagte Viktor, als Hölderling den Birnenbrand ausschenkte. «Und wisst ihr, was mich noch tröstet?»
    «Wir werden es gleich erfahren», sagte Annelies. «Lass mich raten, Viktor: Es wird wohl keine Klassentreffen mehr geben. Ist es das?»
    «Sie sprechen mir aus der Seele, Frau Doktor Seydelbast, auch wenn Sie selber keine haben. Ich möchte auf diesen Umstand das Glas erheben. Die Schule ist endgültig vorbei. Kein Conrad, kein Krähenfüßchen, keine Traudels und Sigrids … und Lobenthals …»
    «Nicht so vorschnell, Viktor. Wir werden uns alle wiedersehen – bei Marielles Beerdigung, fürchte ich. Ich habe heute einen Anruf von Conrad bekommen. Ihr solltet in den nächsten Tagen in eure Briefkästen gucken.»
    «Und du gehst da hin?», fragte Hölderling.
    «Struck sagt, das macht man so», sagte Annelies.
    «Na ja, wenn Struck das sagt.» Viktor ging in den Gastraum des Bistros, um die nächste Flasche aus der Farbpalette der Alkoholvorräte zu holen.
    Vor der Tür stand Dr. Brehm, der Pressesprecher des örtlichen Präsidiums, und starrte ihn unverhohlen an. Viktor winkte. Brehm winkte nicht zurück, sondern drückte die Türklinke, aber die Tür war verschlossen. Viktor tat der arme Mann leid. Er füllte ein Glas mit Zwetschgenbrand, schloss die Tür auf und reichte dem verdutzten Mann das Glas.
    «Der Herr Pressesprecher. So spät noch unterwegs?»
    «Herr Liebermann, gut, dass ich Sie treffe. Haben Sie Herrn Hölderling gesehen? Zabel will mir nicht sagen, wo er ist. Morgen Vormittag ist die PK mit den Bonner Kollegen. Es geht um die Morde im Romantikhotel, da wäre es mehr als wünschenswert, wenn Herr Höld…»
    «Stellen Sie das Glas vor der Tür ab, wenn Sie fertig sind. Das Brauhaus hat noch geöffnet. Schönen Abend noch.» Viktor schloss die Tür und ging zurück in die Küche, ohne sich um den herumzappelnden Brehm noch weiter zu kümmern.
    Hölderling saß allein am Küchentisch.
    «Wo ist Annelies?»
    «Zurück zu ihrer Expedition», sagte Hölderling.
    «Sag mir nicht, du hast vorhin alles mitbekommen.»
    «Doch, habe ich.»
    «Und warum hast du nicht gewartet, bis Annelies eine Antwort gegeben hat? Ich hatte sie so weit, Mann! Ich bringe jede Frau zum Reden. Damit verdiene ich mein Geld, schon vergessen?»
    «Ich weiß manchmal nicht, wer hier der größere Romantiker ist, du oder ich», sagte Hölderling. «Ganz einfach, mein Freund: Ich will die Antwort nicht wissen. Und warum? Weil ich nie gefragt habe und auch nie fragen werde.»
    «Weil du feige bist.»
    «Weil ich weise bin. Im Übrigen ist es völlig unzulässig, eine Rechtsmedizinerin bei lebendigem Leib auf den Seziertisch zu legen. Auch wenn es lediglich um die Frage nach dem Unfassbaren geht. Und jetzt lass uns auf die Frauen trinken – ob tot oder lebendig. Ich habe nicht vor, bei wessen Beerdigung auch immer zu erscheinen. Und schon gar nicht auf einer Pressekonferenz. Steht der Brehm immer noch vor der Tür?»
    Viktor beugte sich so weit vor, dass er die Eingangstür vom Bistro sehen konnte. «Ja, er zappelt noch und verschüttet das kostbare Getränk. Banause.»
    «Vielleicht sollten wir den armen Mann doch hereinbitten.»
    «Woher weißt du … ach, ist mir völlig egal. Du belauscht deine Freunde, du siehst Leute, die vor verschlossenen Türen stehen … manchmal graust es mich auch vor dir. Und um deine Frage zu beantworten: Nein, wir sollten ihn nicht hereinbitten. Prost.»

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    Kapitel 16
    «Pressemitteilung der Polizei: Auf dem Hauptfriedhof kam es
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