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Superhirn Sammelband

Titel: Superhirn Sammelband
Autoren: Rolf Ulrici
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Tagesziel?
    Wenn nicht, bleibt ihr am besten hier! Wir haben unterm Dach ein paar ausgebaute Kammern.«
    »Ja! Guckt nicht so verwundert! Meine Frau meint das ernst!« Leon lachte. »Zum Abendessen gibt's Hähnchen aus der Kühltruhe, na, das wird sich finden. Unsere Spezialität ist eigentlich Fisch. Aber damit kann ich euch heute leider nicht dienen!«
    Aus Lises Gesicht schwand jäh das Lächeln. Scharf, wie durch gespitzte Zähne hindurch, zischte sie Leon ins Ohr:
    »Ganz unnötig, das zu erwähnen! Ganz unnötig!«
    Micha starrte die Wirtin entgeistert an. Gérard gab ihm einen Rippenstoß, »Hast du einen Augenkrampf? Komm! Wir schieben die Räder hinters Haus.«
    Micha gab sich einen Ruck und folgte den anderen. Draußen, im lustigen Geschwätz, vergaß er den kleinen Zwischenfall.
    Als sie geduscht, die Wäsche gewechselt und sich wieder angezogen hatten, stopften Henri und Tati das schmutzige Zeug in die Waschmaschine. Prosper, Gérard und Micha gingen in den Garten. Dort baute Leon die Böcke für die Tischtennisplatte auf.
    »Ein kleines Spielchen vor dem Essen kann nichts schaden«, meinte er. »Den ganzen Tag habt ihr die Beine bewegt, jetzt könnt ihr auch die Arme schwingen!«
    Prosper und Micha spürten nicht die geringste Müdigkeit mehr. Mit Eifer warfen sie sich in das Spiel, während Gérard als Zuschauer auf einem Hauklotz hockte.
    »Bälle, die keine Fußbälle sind«, brummte er, »sind für mich überhaupt keine Bälle!«
    »D-d-drückeberger!« rief Prosper. »Damit meinst du, d-d-daß du uns keinen Pi-pingpong-Ball zuwerfen willst!«
    »Ich meine«, erwiderte Gérard düster, »daß einer von uns die Augen aufhalten muß! Hier ist schließlich was faul! So faul wie in der ganzen Gegend …!«
    Vor dem Abendessen zeigten sich Leon und Lise von der heitersten Seite, Die Hähnchen drehten sich im Grill, Prosper half beim Tischdecken, Leon sauste ab und zu hinaus, wenn ein Auto oder Laster an der Tankstelle hielt. Tati bereitete den Salat zu. Man hörte sie und die junge Wirtin in der Küche schwatzen und lachen.
    Als alle am Tisch in der Ecke saßen, hob Leon sein Glas. »Auf unsere jungen Freunde!« prostete er.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß wir's heut noch so gut treffen würden!« rief Tati.
    »Und ich werde dafür sorgen, daß ihr's auch morgen gut trefft«, lächelte die Wirtin. »Wir werden euch samt euren Rädern auf einen Laster packen, damit ihr schneller zur nächsten Bahnstation kommt!«
    »Prima!«, schrie Micha.
    »Das wär ja überhaupt Spitze!« meinte Tati ebenso begeistert. »Aber da fällt mir ein: ich muß noch mit unserem Freund telefonieren, der uns in Brossac erwartet!«
    Im gleichen Moment verdunkelte sich eines der Gaststubenfenster zum Garten. Es war noch ziemlich hell draußen, und obwohl in der Mitte des Tisches eine dicke Kerze brannte, bemerkten alle den Schatten. Entsetzt sprang Lise auf.
    »Anatoll« schrie sie. »Was machst du da …?«
    Die Hunde jaulten auf, Loulou bellte. Doch sowohl die beiden Doggen als auch der Pudel zogen sich ängstlich hinter die Theke zurück.
    Plötzlich sauste mit gewaltigem Schwung eine Gestalt zum Fenster herein, landete auf allen vieren – und drehte sich fauchend um. Im Kerzenschein erkannte man die aufgerissenen Augen des Wesens, den geweiteten Mund, die hochgezogene Oberlippe, die zwei Vorderzähne wie Fangzähne entblößten.
    »Miau …« klang es schaurig-rauh aus tiefer Kehle.
    »Miau-miauuu …«
    »Steh auf, steh auf, du bist betrunken!« schrie Leon.
    »Das ist ja …« hauchte Tati, »ein Mensch …«
    Die Gestalt schwang sich herum und machte einen Buckel.
    .Hör auf, den Katzenmann zu spielen!« rief Lise schrill. »Du hast wohl in der Zeitung von dem Katzenmann gelesen, dem Würger, der die Gegend unsicher machen soll …«
    Micha stellte sich auf die Eckbank: »Wer – wer ist denn das … ?« schluckte er. »Wer ist denn das … ?«
    »Der Aufseher unserer Fischteiche« erwiderte Lise, am ganzen Leibe zitternd. »Wahrscheinlich hat er wieder eine Flasche Schnaps getrunken und rohe Fische gegessen …«
    Die Gestalt auf dem Boden schüttelte sich, blickte umher, als hätte sie geträumt, und erhob sich langsam und schwankend. Den Blick verständnislos auf die Gäste gerichtet, stammelte das Wesen, das nun ganz einwandfrei als hagerer, stoppelbärtiger Mann mit gefurchten Gesichtszügen zu erkennen war:
    »Ich bin Anatol, der Aufseher bei den Teichen. Mir war wohl ein wenig übel. Eine kleine Schwäche. Kaum
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