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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Autoren: Stephen King
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der keine Zocker und Rocker mitnimmt …«
    »Ich glaube kaum, dass Amtrak eine Endstation im Himmel hat.« David wollte sie zum Lachen bringen, aber sie blickte nur bedrückt auf ihre Hände hinab, und da hatte er eine Eingebung. »Gibt es sonst noch was, was wir ihnen sagen sollten? Du weißt noch mehr, oder?«
    »Ich weiß nicht, wozu wir uns die Mühe machen sollen, wenn wir genauso gut hierbleiben können«, sagte sie. Klang da etwas Zickiges in ihrer Stimme durch? Es schien fast so. Dies war eine Willa, von der er nichts geahnt hatte. »Du bist vielleicht ein bisschen kurzsichtig, David, aber wenigstens bist du gekommen. Dafür liebe ich dich.« Sie küsste ihn wieder.
    »Da war sogar ein Wolf«, sagte er. »Ich hab in die Hände geklatscht und ihn verscheucht. Ich überlege, ob ich mich nicht in Wolf Bezwinger umbenennen soll.«
    Sie starrte ihn einen Moment mit offenem Mund an, und David hatte Zeit zu denken: Ich musste warten, bis wir tot sind, um die Frau, die ich liebe, zu überraschen. Dann ließ sie sich an die gepolsterte Lehne zurückfallen und kreischte vor Lachen. Eine zufällig vorbeikommende Kellnerin ließ ein Tablett voller Biere fallen und fluchte unflätig.
    »Wolf Bezwinger!«, rief Willa. »So möchte ich dich im Bett nennen! ›Oh, oh, Wolf Bezwinger, bist du aber groß! Bist du aber haarig!‹«
    Die Kellnerin starrte auf die schäumende Schweinerei hinab und fluchte noch immer wie ein Matrose auf Landgang. Die ganze Zeit aber hielt sie vorsichtig Abstand zu der einen leeren Nische.
    »Meinst du, das können wir noch?«, sagte David. »Miteinander schlafen, meine ich?«
    Willa wischte sich die tränenden Augen. »Wahrnehmung und Erwartung, schon vergessen? Zusammen können sie Berge versetzen.« Sie griff wieder nach seiner Hand. »Ich liebe dich noch, und du liebst mich noch, oder?«
    »Bin ich nicht der Wolf Bezwinger?«, entgegnete er. Er konnte scherzen, weil seine Nerven nicht glaubten, dass er tot war. Er blickte an ihr vorbei in den Spiegel und sah sie beide. Dann nur noch sich mit einer Hand, die nichts hielt. Dann waren sie beide weg. Und doch … atmete er, roch Bier und Whiskey und Parfüm.
    Ein Hilfskellner war aufgetaucht und machte sich daran, die Bierlache aufzuwischen. »Da war plötzlich so was wie’ne Stufe«, hörte David die Kellnerin sagen.War das die Art von Dingen, die man im Jenseits hörte?
    »Ich geh dann wohl mit dir zurück«, sagte Willa, »aber ich denk gar nicht dran, in dem langweiligen Bahnhof bei den langweiligen Leuten zu bleiben, wo es diesen Schuppen hier gibt.«
    »Okay«, sagte er.
    »Wer ist Buck Owens?«
    »Ich werd dir alles über ihn erzählen«, sagte David. »Und auch über Roy Clark. Aber erst erzähl du mir, was du sonst noch weißt.«
    »Die meisten kann ich nicht leiden«, sagte sie, »aber Henry Lander ist nett, und seine Frau auch.«
    »Phil Palmer ist doch auch nicht so schlimm.«
    Sie rümpfte die Nase. »Phil das Brechmittel.«
    »Was weißt du,Willa?«
    »Du wirst es schon selber merken, wenn du richtig hinschaust.«
    »Wäre es nicht besser, wenn du einfach …«
    Anscheinend nicht. Sie stemmte sich hoch, bis die Schenkel gegen die Tischkante drückten, und deutete zur Bühne. »Sieh mal! Da ist die Band wieder!«
     
    Der Mond stand hoch, als er und Willa Händchen haltend zur Straße zurückgingen. David verstand nicht so recht, wie das zugehen konnte – sie hatten sich nur noch die ersten zwei Songs des nächsten Sets angehört -, aber da war er und schwebte hoch oben in der sterngespickten Schwärze. Das war zwar beunruhigend, aber etwas anderes beunruhigte ihn noch mehr.
    »Willa«, sagte er, »welches Jahr haben wir?«
    Sie überlegte. Der Wind wehte ihr das Kleid um die Beine wie bei jeder lebendigen Frau. »Ich erinnere mich nicht genau«, sagte sie schließlich. »Ist das nicht sonderbar?«
    »So sonderbar nun auch wieder nicht, wenn man bedenkt, dass ich mich nicht mal mehr erinnern kann, wann ich das letzte Mal was gegessen oder ein Glas Wasser getrunken habe. Wenn du raten müsstest, was würdest du sagen? Schnell, ohne nachzudenken.«
    »Neunzehn … achtundachtzig?«
    Er nickte. Er hätte auf 1987 getippt. »Da drin war ein Mädchen mit einem T-Shirt, auf dem CROWHEART SPRINGS HIGHSCHOOL 2003 stand. Und wenn sie alt genug war, um in so ein Lokal gelassen zu werden …«
    »Dann muss 2003 mindestens drei Jahre her sein.«
    »Genau das hab ich mir auch gedacht.« Er blieb stehen. »Aber es kann doch unmöglich 2006
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