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Suehne

Suehne

Titel: Suehne
Autoren: Leif GW Persson
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sein?«, fragte Annika Carlsson und schüttelte ihren Kopf.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Bäckström. »Ich grübele und grübele, und ihr könnt vielleicht auch ein wenig darüber nachdenken.« Er verließ das Besprechungszimmer und begab sich direkt zu seiner neuen Chefin, der Polizeidirektorin Anna Holt, und trug ihr den Fall vor. Opfer Alki. Täter - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - ebenfalls Alki. Alles im Griff. Spätestens Montag würden die Ergebnisse vorliegen, das Ganze sei in drei Minuten zu klären, obwohl ihm sogar fünf zur Verfügung stünden. Holt schien fast erleichtert zu sein, als er ging. Sie hatte einen anderen Fall auf dem Tisch, und verglichen mit dem war Bäckströms Mord fast ein Geschenk des Himmels. Ein kleines Bonbon für die Bohnenstange, dachte Bäckström, als er endlich auf dem Weg zu neuen Qualen das Gebäude verließ.
     

9
    Jerzty Sarniecki, siebenundzwanzig, war Zimmermann aus Polen. Er war in Lodz geboren und aufgewachsen, aber bereits seit mehreren Jahren ein Teil der jüngsten schwedischen Auslandsarbeiterschaft. Seit einem Monat sanierten er und seine Kumpel knapp einen Kilometer vom Tatort Hasselstigen 1 entfernt ein kleineres Mietshaus im Ekensbergsvägen in Solna. Achtzig Kronen in der Stunde direkt auf die Hand, mit der Möglichkeit, sieben Tage die Woche rund um die Uhr zu arbeiten, sofern sie das wünschten. Ihr Essen kauften sie in einem Ica-Laden in der Nähe, und sie wohnten in dem Haus, das sie umbauten, und alles andere konnte warten, bis sie wieder in die polnische Zivilisation heimkehrten.
    Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Bäckström die Dienststelle in Solna verließ, machte Sarniecki seinen Fund. Er trug einen schwarzen Plastiksack mit Bauschutt aus dem Haus, um ihn in den Müllcontainer auf der Straße zu werfen. Er kletterte eine schwankende Leiter hinauf und entdeckte eine Mülltüte auf dem Schuttberg, die seine Kollegen und er nicht dort hingeworfen hatten. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Schweden aus der Nachbarschaft ihr Abfallbeseitigungsproblem auf diese Weise lösten, und aus Erfahrung wusste er, dass sie auch Gegenstände wegwarfen, die noch vollkommen brauchbar waren. Also beugte er sich vor und fischte die Tüte aus dem Container.
    Eine normale Einkaufstüte, ordentlich zugeknotet und offenbar mit Kleidern gefüllt.
    Sarniecki kletterte wieder von der Leiter. Er öffnete die Tüte und nahm ihren Inhalt heraus. Ein schwarzer Regenmantel aus Plastik, ein längeres Modell. Er schien fast neu zu sein. Ein Paar rote Gummihandschuhe, wie man sie zum Spülen verwendete. Ohne Löcher, kaum verwendet. Ein Paar Hausschuhe aus dunkelbraunem Leder, auch diese fast neu.
    Warum wirft man so was weg?, überlegte Samiecki erstaunt und entdeckte in diesem Augenblick, dass Blut an seinem Fund klebte. Sehr viel Blut, das auf den Regenmantel gespritzt war. Die hellen Sohlen der Schuhe hatten sich regelrecht mit Blut vollgesogen. Die Handschuhe waren blutbesudelt, obwohl jemand ganz offensichtlich versucht hatte, sie abzuspülen.
    Von dem Mord im Hasselstigen hatte er gehört, als der schwedische Vorarbeiter beim Vormittagskaffee davon erzählt hatte. Ein Rentner, konnte einem leid tun, normale Leute trauten sich kaum noch auf die Straße. Was willst du eigentlich?, hatte Samiecki gedacht und mit halbem Ohr zugehört. Beklagt euch nicht über euer Paradies, ihr Schweden, man könnte es euch wegnehmen, dachte er, denn sein katholischer Pater in Lodz hatte ihm schon früh beigebracht, auf diese Art zu denken.
    Trotzdem hatte er etliche Stunden mit seinem Gewissen gerungen, ehe er die Notrufnummer der Polizei gewählt hatte. Mal sehen, wie viele Stunden das jetzt wieder dauert, hatte er dann gedacht, während er am Straßenrand auf den Wagen gewartet hatte, den die Polizei hatte schicken wollen. Wie viele Stunden á achtzig Kronen würden sie ihm und seiner Verlobten in Polen und dem Kind, das sie erwarteten, stehlen?
    Eine Viertelstunde später hielt ein Streifenwagen mit zwei Beamten in Uniform vor ihm. Sie wirkten seltsam desinteressiert. Sie legten seinen Fund einschließlich Tüte in eine andere Tüte. Dann notierten sie sich seinen Namen und seine Handynummer. Der eine fragte ihn noch, ob er nicht vielleicht eine Visitenkarte habe. Er wolle nämlich mit seinem Schwiegervater für das gemeinsame Sommerhaus auf Adelsö eine Sauna bauen, und da könnten sie ein paar handwerklich begabte und bezahlbare Leute gebrauchen. Jerzty hatte ihm eine der
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