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Süden und das Lächeln des Windes

Süden und das Lächeln des Windes

Titel: Süden und das Lächeln des Windes
Autoren: Friedrich Ani
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Schlüssel für die Wohnung in der Kreillerstraße siebzehn?«
    »Jetzt muss ich Ihnen mal erklären, wie das gelaufen ist zwischen dem Enke und…«
    »Haben Sie einen Schlüssel für die Wohnung in der Kreillerstraße siebzehn in Ihrem Haus aufbewahrt?«
    »Kann schon sein, das spielt…«
    »Könnte es sein, dass Ihre Tochter den Schlüssel an sich genommen hat?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Haben Sie diesen Schlüssel bei sich?«
    »Nein, wieso denn?«
    »Steht diese Wohnung leer, oder lebt dort jemand?«
    »Sie ist leer.«
    »Waren Sie dort?«
    »Was?«
    »Waren Sie in der Wohnung?«
    »Ja, aber das will ich Ihnen die ganze Zeit erklären…«
    »Wann waren Sie das letzte Mal in der Wohnung?«
    »Was weiß ich«, sagte Tiller. »Vor zwei Monaten, ungefähr.«
    Martin schaltete den Recorder ab.
    »Möchten Sie kurz mit Ihrer Frau sprechen?«, fragte er. Tiller knöpfte sein Sakko auf.
    Mit dem geliehenen Handy rief ich vom Auto aus Volker Thon an, der seit einer Stunde mit den Kollegen der »Soko Sara« zusammensaß. Er beschimpfte mich, weil ich mich erst jetzt meldete, und forderte mich auf, umgehend ins Dezernat zu kommen, um vor dem versammelten Team Bericht zu erstatten.
    »Später«, sagte ich. »Warte mit der nächsten Presseerklärung, bis ich mich wieder melde.«
    »So geht das nicht«, sagte er. Ich sagte: »Doch.«

14
    D ie Wände im Treppenhaus waren von Gekritzel übersät, unter den Briefkästen lagen Werbeprospekte verstreut auf dem verschmutzten Steinboden, an dessen Rändern sich Wasserpfützen bildeten. Jemand im Parterre hatte uns hereingelassen, ein Mann in einem ausgebleichten roten Trainingsanzug trat vor seine Tür und wollte wissen, was passiert sei.
    »Bitte bleiben Sie in Ihrer Wohnung!«, sagte Martin.
    »Es ist alles in Ordnung.« Er wartete, bis der Mann die Tür geschlossen hatte, dann winkte er, denn der Mann würde garantiert durchs Guckloch schauen.
    Im vierten Stock gingen von einem langen Flur mehrere Wohnungen mit winzigen Namensschildern ab. An zwei Türen klebte kein Zettel, ich klingelte an einer der beiden.
    Niemand öffnete. Nichts war zu hören. Ich klingelte erneut.
    Dann gingen wir zur zweiten Tür ohne Namen. Zuerst blieb es still wie in der anderen Wohnung, dann hörten wir schlurfende Schritte.
    »Was ist?«, sagte eine Frauenstimme.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte ich, den Mund nah am Türrahmen. »Polizei. Wir suchen jemanden. Können Sie uns helfen? Sehen Sie meinen Ausweis?«
    Ich hielt die blaue Plastikkarte direkt vor das Guckloch. Die Tür wurde geöffnet, und eine Frau um die fünfzig stand vor uns, im Morgenmantel und mit einem Handtuch auf dem Kopf. Sie roch nach Parfüm und Alkohol und Bett.
    »Tabor Süden«, sagte ich. »Kennen Sie Ihren Nachbarn, Diethard Enke?«
    »Ich kenn hier niemand«, sagte sie. »Was ist passiert?«
    »Die Wohnung zwei Türen weiter, wissen Sie, wer da wohnt?«
    »Nö.«
    »Haben Sie heute oder gestern jemand dort reingehen oder rauskommen sehen?«, sagte Martin.
    »Nö«, sagte die Frau.
    »Haben Sie zwei Kinder im Haus gesehen, ein Mädchen und einen Jungen, ungefähr zehn Jahre alt?«, sagte ich.
    »Ich arbeite lang«, sagte die Frau. »Ich bin um sechs nach Haus gekommen, ich hab keine Ahnung, wer hier wohnt. Kinder hab ich keine gesehen, tut mir Leid.«
    »Danke«, sagte ich. »Entschuldigen Sie noch mal, dass wir Sie aufgeweckt haben.«
    Sie machte die Tür zu und sperrte ab.
    Wir gingen zurück zu der anderen Wohnung. Wenn niemand öffnete, waren wir gezwungen, sämtliche Mieter des Stockwerks zusammenzurufen.
    Nach dem zweiten Klingeln hörten wir ein Klirren, als wäre ein Glas zu Boden gefallen.
    »Hallo?«, sagte ich und klopfte an die Tür. Niemand antwortete. Es war so still wie vorher.
    Natürlich hätten wir den Hausmeister ausfindig machen können, wir hätten unsere Spezialisten aus dem Präsidium holen können, und natürlich hätten wir vorher Volker Thon informieren und mit ihm unser weiteres Vorgehen besprechen müssen.
    Natürlich war das, was Martin tat, illegal.
    In der Wohnung war es vollkommen dunkel, zumindest im Flur.
    Martin steckte den Dietrich ein und schloss leise die Tür hinter uns. An der Innenseite steckte ein Schlüssel, vermutlich der aus Tillers Garderobe. Die Tür war abgesperrt gewesen, aber Martins Technik hielt kaum ein Schloss stand.
    Von den drei Türen führte die mit der Milchglasscheibe zur Küche. Wir mussten schnell sein, denn so raffiniert Martin es schaffte, Schlösser
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