Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süden und das Lächeln des Windes

Süden und das Lächeln des Windes

Titel: Süden und das Lächeln des Windes
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
Stillen nichts mehr, als dass es von nun an kein Liebesein mehr für ihn geben könnte und dass er daran schuld war, er selbst, dass er es zerstört hatte, für alle Zeit.
    Als ich am Tag der Beerdigung meiner Mutter nach der Hand meines Vaters greifen wollte, verfehlte ich sie beim ersten Versuch. Aber als ich jetzt auf der Reichenbachbrücke nach Sonjas Hand griff, erwischte ich sie sofort.
    Wir schwiegen weiter.
    Was aus Josef Singer und seiner schönen Annabelle geworden war, die im Hotel »Aurora« ihr nebelloses Glück zelebrierten, erfuhren wir nicht, obwohl Martin einige Nachforschungen betrieb, angestachelt von einer seltsamen Neugier.
    Meine Versuche, den Sandler Bogdan noch einmal zu treffen, waren alle gescheitert, ich ging in die Kneipe im Tiefgeschoss des Ostbahnhofs, ich befragte die Frau mit den Plastiktüten, die wieder an der Bushaltestelle saß, ich sprach mit den Männern vom Wachdienst, niemand hatte den Mann mit dem zerstörten Gesicht und dem Lederhut in letzter Zeit gesehen. Anscheinend hatte er seinen Aufenthaltsort gewechselt, und ich verstand nicht, wieso.
    Und ich verstand nicht, wieso ich ihn unbedingt wiedersehen wollte.
    »Wir müssen weiter«, sagte Sonja.
    Es war der dreiundzwanzigste Dezember, kurz nach neunzehn Uhr, wir waren mit Martin in dessen Wohnung verabredet.
    Ich sagte: »Warum lächelst du die ganze Zeit?«
    »Der Wind schneidet mir ins Gesicht.«
    Ich war dem unsichtbaren Schneider dankbar, denn mir gefiel Sonjas Faltenwurf um die Augen und den Mund.
    Dann stiegen wir in ihren blauen Lancia und ich setzte mich auf die Rückbank.
    Wir tranken Bier aus der Flasche und scherten uns nicht das Geringste um das Acrylamid in den Chips, die Martin in kolossalen Mengen besorgt hatte.
    »Unser Knastkassierer hat Glück«, sagte er.
    »Der Haftrichter lässt ihn über die Feiertage nach Hause.«
    Ich sagte: »Bist du sicher, dass sich darüber jeder in dieser Familie freut?«
    Martin legte die Videokassette ein, und wir stießen mit den Flaschen an.
    »Möge es nützen!«, sagte er.
    »Möge es nützen!«
    »Möge es nützen!«
    Irgendwo hatte Martin gelesen, dass dies die wörtliche Übersetzung von »Prosit« sei.
    »Chips und Bier«, sagte Sonja. »Wie alt seid ihr eigentlich?«
    »Und du?«, sagte Martin.
    Als Jackie Brown über das Laufband am Flughafen ging, musste ich an Gilda Redlich denken, die beiden Frauen hatten eine ähnliche Figur, eine, die mich keinesfalls unbewegt ließ.
    »Die Pam Grier ist ganz schön dick«, sagte Sonja.
    »Find ich nicht«, sagte Martin. »Ich find, sie hat einen Wünsch-dir-was-Körper. Was meinst du, Tabor?« Ich kaute Acrylamid.

Buch
    E in neunjähriger Junge verliebt sich in ein kleines Mädchen und ist so besessen von seiner Liebe, dass die Eltern beider Kinder beschließen, sie streng getrennt zu halten, ehe Schlimmeres passiert. Aus Verzweiflung läuft der Junge von zu Hause weg. Doch zur Verblüffung von Kommissar Tabor Süden scheint das Verschwinden ihres Kindes die Eltern wenig zu beunruhigen…

Autor
    F riedrich Ani, 1959 in Kochel am See geboren, lebt heute als Schriftsteller in München. Für seine Arbeiten erhielt er mehrere Stipendien und Auszeichnungen, zuletzt den Deutschen Krimipreis für »Süden und das Gelöbnis des gefallenen Engels«, den ersten Band der Taschenbuchreihe mit Hauptkommissar Tabor Süden im Mittelpunkt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher