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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin
Autoren: Friedrich Ani
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Minuten unterstellten, sie würden keine ehrlichen Antworten geben. Das war nicht ungewöhnlich für uns, fast jeder, mit dem wir in einer Vermisstensache Umgang hatten, belog uns, das war eine Art Naturgesetz. Entweder sie hatten Schuldgefühle, weil ein naher Verwandter oder Bekannter von einem Tag auf den anderen verschwunden war, oder sie waren auf die eine oder andere Weise tatsächlich dafür verantwortlich oder sie wussten etwas und versuchten dem Verschwundenen ein Alibi zu geben. Unsere Aufgabe war es, jede einzelne Tür in diesem Lügengebäude zu öffnen und einen Blick in jedes Zimmer zu werfen. Das erforderte Geduld, Nachsichtigkeit und kriminalistische Präzision – und gelegentlich ein gewisses Maß an Tauchsiederqualitäten.
    Damit bezeichnete ich die Methode, Leute aufzuheizen. Manchmal mit Fakten, manchmal durch Provokation. Eine Weile dachte ich, Roderich Hefele würde die Hunde auf mich hetzen, alle drei gleichzeitig.
    »Ich hab Sie net eingelade!«, brüllte er auf Schwäbisch.
    »Sie unterstelle, ich bin in kriminelle Machenschafte involviert! Noch so eine Bemerkung und ich ruf meinen Rechtsanwalt an, und der setzt sich mit Ihrem Vorgesetzten in Verbindung! Ja?«
    Ich riss ein Blatt von meinem kleinen karierten Spiralblock ab, auf dem ich Aussagen von Zeugen und andere Informationen notierte, und schrieb eine Telefonnummer darauf.
    »Das ist die direkte Durchwahl im Dezernat 11.« Ich schob ihm den Zettel über den Tisch. Wir saßen im Garten, flankiert von Mr Dober und dem schwarzen undefinierbaren Mischling namens Jo.
    »Ich hab Gäschte!«, sagte Hefele laut.
    »Ich bau hier ein Hotel auf, ein kleines exquisites Hotel mit eigenem Weinkeller, ich inveschtier eine Menge Geld, und da kommen Sie daher und graben eine alte Geschichte aus. Wie lang isch die Frau verschwunden? Zehn Jahre? Und jetzt wollen Sie die finden? Ja, wie denn? Wo denn? Hier bei mir?«
    »Vielleicht«, sagte ich. In mein Schweigen hinein krächzte ein Kakadu in einer der Volieren.
    »Sie sind mit Severino Aroppa befreundet«, sagte ich. Hefele hatte sich zur Seite gedreht und die Beine übereinander geschlagen. Er war Anfang vierzig, schlank, braun gebrannt und trug verschmutzte Shorts, ein ausgebleichtes Sweatshirt und Mokassins. Ich sprach allein mit ihm, Martin schlenderte durchs Dorf in der Hoffnung, mit jemandem ins Gespräch zu kommen wie ein Tourist, der belanglose Fragen stellt.
    »Wo finden wir Severino Aroppa?« Meine Frage verdampfte in der Atmosphäre.
    »Ich werde Ihre Gäste befragen«, sagte ich.
    »Wir ermitteln nicht nur in einem Vermisstenfall, sondern auch in einem ungeklärten Todesfall, Ihre Gäste werden Verständnis für unsere Fragen haben.«
    »Das werden sie nicht!«, brüllte Hefele und sprang auf. Mit einem Satz war Mr Dober auf den Beinen und hob die Schnauze. Der Mischling blieb im Kies liegen.
    »Ich erlaube Ihnen nicht, mit meinen Gästen zu sprechen! Wenn Sie sich widersetzen, alarmiere ich die örtliche Polizei, ich kenne den Leiter, der isch öfter zu Gast bei mir. Sie haben hier keine Befugnis! Und jetzt muss ich mich um die Paschta kümmern!« Er wandte sich zum Gehen.
    »Wo finden wir Severino Aroppa?«, fragte ich, vermutlich zum fünftenmal.
    Ein paar Hühner kamen aus dem ehemaligen Pferdestall. Hefele ging auf sie zu und wedelte mit dem Arm, um sie auf die Wiese zu scheuchen, was enorm misslang. Dafür erhob sich der Dritte im Hundbund, die weiße Birba, und lief zu den Hühnern. Diese gackerten aufgeregt und rannten, so schnell sie konnten, davon. Birba wedelte mit dem Schwanz, Hefele streichelte ihr den Kopf. Jetzt tauchte auch noch das schwarze Hängebauchschwein unter einem Gebüsch auf, während Mr Dober wieder in den Kies sackte.
    »Das ist sehr gut, wenn Sie Ihren Freund bei der Polizei alarmieren«, sagte ich.
    »Am besten gleich, bevor Sie anfangen zu kochen.« Roderich Hefele stemmte die Hände in die Hüften.
    »Ich hab Herrn Aroppa seit Monaten nicht mehr gesehen«, sagte er.
    »Das hab ich Ihnen am Anfang unseres Gesprächs deutlich gesagt. Ich weiß nicht, wo er isch. Ja?«
    »Aber Sie wissen, wo er wohnt.«
    »Nein.«
    »Rufen Sie Ihren Freund bei der Polizei an!«
    »Ich weiß es nicht. Er kam öftersch her, wir redeten über unseren Beruf, wir tranken ein Viertele, ich hab ihn nicht gefragt, wo er wohnt, und er hat es mir nicht gesagt. Ich frag die Leut nicht aus, im Gegensatz zu Ihnen.« Ich machte mir Notizen. Hefele sah mir zu.
    »Haben Sie sich nicht erkundigt,
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