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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin
Autoren: Friedrich Ani
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warum er nicht mehr kommt?«, fragte ich.
    »Ich war nicht oft hier in letschter Zeit, ich hatte in Stuttgart zu tun. Meine Frau war krank, wir konnten nicht reisen. Mein Verwalter hat alles hier erledigt. Ich hatte keine Zeit an einen Herrn Aroppa zu denken. Natürlich hab ich Luigi gefragt, ob er was von ihm gehört hätt, hat er aber nicht. Das hat er Ihnen bestimmt selber schon gesagt. Und jetzt tauchen Sie hier auf und machen einen Mordswirbel, das muss doch riet sein.«
    »Doch«, sagte ich.
    »Mein Haus hat mit Ihrem Fall nix zu tun«, sagte er.
    »Nicht das Geringschte. Sie können hier wohnen, Sie bezahlen wie alle anderen Gäschte, Sie können mit uns essen, wenn Sie möchten, und ansonschten lassen Sie uns bitte in Ruhe! Ja?«
    Ich holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, ging in mein Zimmer und legte mich auf die Couch. Durch das offene Fenster drang Hundegebell herein, ab und zu fuhr ein Auto. Die Trägheit des Nachmittags sickerte auch in mich.
    Falls es stimmte, was Roderich Hefele erzählt hatte – und im Moment zweifelte ich daran –, blieb uns nur noch eine Chance, eine Spur zu Severino Aroppa und vielleicht zu Soraya Roos zu finden: über den Verwalter Luigi Fadini. Und der würde freiwillig nichts preisgeben. Wie sollten wir ihn dazu zwingen? Tauchsiedermethoden würden bei ihm nichts nützen. In unseren Unterlagen kam sein Name nicht vor, bis jetzt hatte er mit dem Fall nichts zu tun, abgesehen davon, dass er von Soraya Roos gehört hatte und Severino Aroppa kannte, dessen Name ebenfalls in den Akten nicht auftauchte. Darüber hinaus hatten wir Glück gehabt. Auf die »Casa Hefele« hatte uns eine Freundin von Sonja Feyerabend aufmerksam gemacht, die im vergangenen Jahr dort ihren Urlaub verbracht hatte.
    Als wir unsere Zimmer bestellten, ahnten wir nicht, dass es eine Verbindung zwischen dem Besitzer des Hotels, dem Verwalter und dem ominösen Severino Aroppa gab. Andererseits war dies in einem so kleinen Dorf auch nicht gerade unwahrscheinlich.
    Bei allem Glück: Die Verbindung war dünn. Es hatte keinen Zweck, sich etwas vorzumachen, wir waren mehr aus Pflichtgefühl nach Tissano gekommen als aus Überzeugung. Ich hatte Sorayas Vater versprochen, mich noch einmal auf die Suche nach seiner Tochter zu begeben. Er hatte geweint. Das Verschwinden seiner Tochter hatte sein Leben zerrüttet, seine Frau war an einem Herzinfarkt gestorben und er selbst litt, meiner Einschätzung nach, an schweren Depressionen, die er sich weigerte behandeln zu lassen. Er hauste in seinem Leben wie in einem Verlies, und da war niemand, der ihn befreien konnte. Niemand außer Soraya.
    Ich hoffte, Martin habe bei seinem Rundgang durch den Ort irgendetwas erfahren.
    »Nichts«, sagte er, als wir uns zum Abendessen auf der Terrasse einer Trattoria trafen, die an der Straße nach Udine lang. Wir tranken friulischen Sauvignon, der schmeckte wie gekeltertes Abendrot. Dazu aßen wir Gemüsevorspeisen und anschließend Tagliatelle mit Ragout. An den anderen Tischen saßen Italiener, kein einziger Tourist.
    »Die meisten Leute haben mich nicht verstanden«, sagte Martin.
    »Einige sprachen etwas Deutsch, aber die hatten von einer Soraya Roos noch nie gehört.«
    »Und Severino Aroppa?«, fragte ich.
    »Keine Reaktion.«
    »Das ist unglaubwürdig«, sagte Sonja Feyerabend, deren Gesicht ein wenig gerötet war. Sie hatte den Tag in den Hügeln verbracht und war mit dem Auto bis an die slowenische Grenze gefahren.
    »Wir werden warten müssen«, sagte ich.
    »Oder wir schalten doch die Kollegen hier ein.«
    »Noch nicht«, sagte ich.
    »Euer Arbeitstag ist beendet«, sagte Sonja.
    »Ich will jetzt nichts mehr hören.«
    Sie schwieg und wir hörten den Grillen zu und den Gästen. Zur Nachspeise aßen wir Käse und tranken eine dritte Karaffe Wein. Die Sonne war untergegangen, und ein leichter Wind wehte. Wenn ich die Augen schloss, stellte ich mir vor, dass auf der anderen Seite der Straße die Ewigkeit begann.
    »Lass uns bei Walter noch einen Averna trinken«, sagte Martin, nachdem wir bezahlt hatten. Das taten wir. Heute frage ich mich, ob wir unsere Ermittlungen womöglich erfolglos abgebrochen hätten, wenn wir in jener Nacht nicht zu einem Absacker in der Bar gegenüber der »Casa Hefele« eingekehrt wären.
    An einem Tisch in der Gaststube saßen wie bei meinem ersten Besuch drei alte Männer und spielten Karten. Es waren dieselben Männer. Als ich zur Toilette ging, sagte einer der drei etwas auf Italienisch, und
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