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Dann gib ihm die Axt

Dann gib ihm die Axt

Titel: Dann gib ihm die Axt
Autoren: A. A. Fair
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1

    Der Fahrstuhl, der mich hochtransportiert hatte, der lange Gang, den ich entlangtrabte — das waren alte Bekannte. Hier sah alles noch genauso aus wie damals, als ich auf der Suche nach einem Job zum erstenmal dieses Gebäude unsicher gemacht hatte.
    Damals hatte auf dem Schild an der Tür gestanden: »B. Cool, vertrauliche Ermittlungen.« Jetzt prangte in der Mitte der Firmenname: »Cool & Lam« — darunter stand in der einen Ecke »B. Cool«, in der anderen »Donald Lam«. Irgendwie war es beruhigend, den eigenen Namen da an der Tür zu sehen. Nun wußte man wenigstens, weshalb man zurückgekommen war.
    Ich öffnete die Tür.
    Elsie saß an der Maschine und tippte wie besessen. Sie drehte sich kurz um und setzte automatisch das für die nervösen Klienten unserer Detektei reservierte Lächeln auf.
    Als sie mich erkannte, rutschte die routinierte Liebenswürdigkeit ganz schnell von ihrem Gesicht. Sie machte große Augen.
    »Donald!«
    »Tag, Elsie.«
    »Donald! Nein, wie ich mich freue! Wo kommst du denn plötzlich her?«
    »Aus Saigon und den umliegenden Dörfern.«
    »Wie lange bist du — ich meine — wann — wie — wann mußt du wieder zurück?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Überhaupt nicht?«
    »Vermutlich. In einem halben Jahr soll ich mich noch einmal untersuchen lassen. Ich hab' mir nämlich einen dummen Tropenvirus eingefangen, und da meinten die Medizinmänner, ich müßte eine Weile kürzer treten, die gemäßigte Klimazone mit meiner Anwesenheit beglücken und Aufregungen meiden. Ist Bertha da?«
    Elsie nickte.
    »Wie geht's ihr denn?«
    »Du kennst sie ja. Bertha bleibt sich selber treu. Sie bringt nach wie vor eineinhalb Zentner Lebendgewicht auf die Waage und raunzt wie ein gelernter Feldwebel.«
    »Was macht das Geschäft?«
    »Eine Weile lief es recht gut. Aber jetzt scheint es mir, daß wir in einer Sackgasse stecken. In der letzten Zeit tut sich rein gar nichts. Aber wenn du da Näheres wissen willst, mußt du sie schon selber fragen.«
    »Hast du die ganze Zeit hier die Schreibmaschine bearbeitet?«
    Sie lachte. »Natürlich nicht.«
    »Ach nee...«
    »Nur acht Stunden am Tag.«
    »Na, weißt du, das scheint mir auch eine ziemliche Sackgasse. Ich hab' gedacht, du bist inzwischen Vorzimmerzierde bei einem unserer großen Wirtschaftsbosse geworden.«
    »Hast du meine Briefe nicht bekommen?«
    »Du hast mir geschrieben, daß du deine jungen Jahre noch immer in Berthas Vorzimmer vertrauerst. War das nötig?«
    Sie wich meinem Blick aus. »Als du in Südostasien warst und dir dort Raketen und andere unangenehme Dinge um die Nase flogen, wäre es mir wie Fahnenflucht vorgekommen, einfach wegzulaufen...«
    Der Summer aus Berthas Zimmer schnarrte.
    Elsie meldete sich. »Ja, Mrs. Cool?«
    Wenn Bertha so richtig in Fahrt ist, habe ich immer Angst, daß ihre Stimme eines schönen Tages den Hörer sprengt. Ich hörte sie bis zu meinem Sessel. »Wie oft soll ich es dir noch sagen: Du sollst dich bei unseren Klienten nur erkundigen, was sie wollen. Dann sagst du mir Bescheid. Das Geschäftliche erledige ich.«
    »Es ist gar kein Klient, Mrs. Cool.«,
    »Sondern?«
    »Ein — ein Freund.«
    Berthas Stimme kletterte eine Oktave höher. »Das ist denn doch die Höhe! Wozu zahle ich dir eigentlich dein Gehalt? Damit du in der Arbeitszeit deine diversen Freunde empfängst, oder damit du gelegentlich mal ein paar Briefe für mich schreibst? Ein Freund! Hat der Mensch Töne? Na warte, das werden wir gleich haben!«
    In Berthas Zimmer wurde der Hörer lautstark auf die Gabel geschmettert, der Fußboden vibrierte unter einer beträchtlichen Belastung, dann wurde die Tür aufgerissen, und Bertha stand in voller Lebensgröße auf der Schwelle. Ihre kleinen Augen glitzerten böse, und ihr Kinn war kampflustig vorgeschoben.
    Sie näherte sich mit der Unausweichlichkeit eines schweren Tanks. Erst als sie dicht vor mir war, fiel der Groschen. Ich hörte ihn direkt klicken.
    »Du bist das, du Halunke!«
    Ich wußte, daß sie sich freute, aber sie hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als sich etwas anmerken zu lassen. Sie wirbelte zu Elsie herum. »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Ich hab's ja versucht, Mrs. Cool«, sagte Elsie mit lammfrommem Augenaufschlag. »Aber Sie haben ja gleich wieder aufgelegt. Ich — «
    »Schon gut«, knurrte Bertha. Sie wandte sich an mich. »Ein Telegramm hättest du wenigstens schicken können.«
    Ich griff nach dem einzigen Argument, das bei Bertha eine Chance hat.
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