Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende
Autoren: Meredith Duran
Vom Netzwerk:
Gelübde gesprochen werden sollte. Aber er war gar nicht gekommen, um den Viscount zu bedrohen. Nein – vielmehr war er gekommen, ihm seine Liebe zu beweisen!«
    Gwen brauchte einen Moment, um zu begreifen. »Willst du damit sagen, dass der Viscount …«
    »Er war auf romantische Weise mit diesem Mann verbunden«, zischelte Anne. »Ein Ausländer. Ja. Und jetzt hat der Deutsche die Schulden des Viscounts bezahlt, und sie sind gemeinsam auf den Kontinent geflohen. Aus Furcht, dass sie hierzulande wegen unnatürlichen Verhaltens angeklagt werden könnten!«
    »Wie … erstaunlich«, sagte Gwen. Es lag so weit außerhalb all dessen, was sie erwartet hatte, dass sie kaum wusste, wie sie reagieren sollte. »Ich fühle zutiefst mit dem Viscount, glaube ich.« Und auch – konnte es sein? – ein bisschen Neid. Sie hatte keine Ahnung, wie sie eine solche Liebe zwischen Männern verstehen sollte, aber wenn Pennington den Zorn der ganzen Welt auf sich nahm und seine Freiheit dafür aufgab, konnte der Deutsche niemals wieder an ihm zweifeln.
    »Du solltest froh sein, denke ich«, sagte Lady Anne und überraschte sie erneut. »Ich hatte dir ja gesagt, dass es ein Ausländer war, mit dem er verkehrt hat. Wenn er dich geheiratet hätte, hätte er dein Geld vermutlich dafür verwendet, seine Verteidigung vor Gericht zu finanzieren, wäre ihre Affäre aufgedeckt worden. Aber diese Niedertracht hat er dir erspart, Gwen! Du siehst, sein Desinteresse an dir hatte absolut nichts mit deiner Person zu tun. Diese Art von Gefühlen hat er nun einmal für
keine
Frau.«
    Gwens Mund verzog sich. Sie konnte nicht anders. Kein Wunder, dass Lady Anne eiligst zu ihr gekommen war. Indem sie diese Geschichte verbreitete, rettete sie auch ihren eigenen verletzten Stolz.
    Ihr kleines Lächeln schien Lady Anne zu verunsichern, die nach ihrer Tasche griff und sich erhob. »Nun«, sagte sie, und ihr Ton glich wieder eher dem, den Gwen von ihr kannte: formell und einen Hauch herablassend. »Ich dachte, es würde dich jedenfalls beruhigen. Aber vermutlich kümmert dich das nicht mehr, jetzt da du geheiratet hast – wenn auch
ein wenig
überstürzt, wie ich sagen muss. Und obwohl ich es merkwürdig finde, dass Mr Ramsey nicht hier ist.« Ihr Blick glitt zurück zu Gwen, spekulativ jetzt.
    Auch Gwen stand inzwischen. »Es war reizend von dir, mich zu besuchen und mich als Erste diese Neuigkeit wissen zu lassen. Ich gebe dir noch mehr aufregende Neuigkeiten mit auf den Weg, die du verbreiten kannst, wenn du magst.« Warum nicht? Andererseits würde sie doch nur darauf warten, atemlos und schwindelig vor angespannten Nerven, dass die Wahrheit herauskam. Dann konnte sie sie ebenso gut auch jetzt sagen. »Mr Ramsey und ich sind gar nicht verheiratet.«
    Anne blinzelte. Dann riss sie die Augen auf und starrte Gwen ungläubig an.
»Was?«
    »Es ist wahr.« Sie wollte die Worte kühn aussprechen, leichthin. Aber sie fühlten sich in ihrem Mund bleischwer an, und sie ließen ihre Stimme so klingen, dass sie besser an ein Grab gepasst hätte. »Wir sind nicht verheiratet. Wir waren es nie.«
    Annes Blick irrte ab. Ihre Miene nahm einen verträumten Ausdruck an. Ohne Zweifel sah sie ihre eigene gesellschaftliche Berühmtheit vor sich, in dem Augenblick, da sie diese Wahrheit wie eine Bombe in London platzen ließe. »Oh Gwen«, seufzte sie. »Du bist verrückt, weißt du das?«
    Gwen zögerte. Diese Bemerkung war keineswegs in angemessenem Tonfall gemacht worden – hörte sie doch weder Kritik noch Erstaunen, weder Ungläubigkeit noch Mitleid, nur einen leicht tadelnden und nachsichtigen Klang.
    Ein Verdacht beschlich sie. Auf was starrte Lady Anne eigentlich? Auf irgendetwas, das sich hinter ihr befinden musste!
    Der Verdacht wuchs sich zu einer kalten Gewissheit aus, als Lady Annes Lächeln strahlender wurde, bevor sie schließlich zu kichern anfing. Ihre blauen Augen kehrten zu Gwens Augen zurück, mit einem so dramatischen Ausdruck, als wollten sie sagen:
Du böses Mädchen, du! Mir solche Lügen zu erzählen!
    Zwei Hände legte sich von hinten um Gwens Augen. Sie spannte sich an. Sie würde ihn überall erkennen, einfach daran, wie er sich anfühlte. Seine Haut erweckte ihre zum Leben.
    Verzweifelt dachte sie an ihr Landschaftsgestaltungsprojekt. An Veränderungen. »Er ist nicht mein Ehemann«, sagte sie steinern.
    »Das ist richtig«, sagte er, sehr nahe an ihrem Ohr. »Manchmal gefällt es ihr, mich Mr de Grey zu nennen. Ein hübsches kleines Spiel, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher