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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende
Autoren: Meredith Duran
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stärksten dazu neigten, herumzuwandern und sich
ihm
zuzuwenden. Wenn sie sich zu fragen begann, wo er wohl sein mochte, ob er sie schon hinter sich gelassen hatte, ob sie in seiner Erinnerung schon kleiner geworden war, so wie der dunkle Schatten einer Küste im Kielwasser eines Schiffes.
    Sie machte einen Atemzug. Der Garten würde wunderschön werden. Sie stellte sich eine hügelige, baumbestandene Parklandschaft vor, nah an der Natur orientiert und mit nur wenigen gestaltenden Elementen. Sie würde Wildblumen ansiedeln; es waren nur die Blumen aus den Gewächshäusern, die sie langweilten. Und vielleicht, wenn sie mit diesem Projekt fertig war, würde sie sich auch eine Verwendung für diese vielen Zimmer überlegt haben, besonders für die ungenutzten Kinderzimmer oben im Haus. Vielleicht würde sie hier ein Waisenhaus einrichten.
    Es war gewiss eine kühne Idee, aber Gwen fühlte sich nicht kühn. Sie fühlte sich … angeschlagen. Fast zerbrochen.
    »Möchtest du etwas?« Die Frage kam gespreizt heraus. »Selbstverständlich Tee, aber hast du schon zu Mittag gegessen?«
    »Danke, ja«, sagte Lady Anne. »Ich versichere dir, dass ich nicht so schlecht erzogen bin, dass ich erst unangemeldet hereinschaue und dann auch noch verlange, abgefüttert zu werden!«
    Allein die Tatsache, dass Lady Anne die Möglichkeit einräumte, die Tochter eines Earls könnte schlecht erzogen sein, überraschte Gwen so sehr, dass sie für einen Moment schwieg. Niemand hatte Lady Anne je schön genannt – ihre Nase war zu groß, ihr Kinn breiter als ihre Schläfen –, aber sie strahlte wirklich. »Hast du gute Neuigkeiten?«, fragte Gwen argwöhnisch. Stand denn eine Hochzeit an?
    »Ich würde es nicht
gute
Neuigkeiten nennen«, sagte Lady Anne. »Aber Neuigkeiten sind es, ja. Das heißt … ich bin gekommen, um dir einen Gefallen zu tun – einen, von dem ich denke, dass du daran erkennen wirst, wie sehr ich dir verbunden bin.« Sie machte eine Pause, um Atem zu schöpfen, und dann wurde ihre Miene sehr ernst. Eine schlanke, behandschuhte Hand legte sich auf Gwens.
Es geht um Alex,
dachte Gwen. Aber nein, das konnte nicht sein. Was hatte Anne mit ihm zu tun? Dennoch fühlte sie ihren Puls klopfen und schneller werden, als Lady Anne weitersprach. »Wappne dich, Liebes.« Die Hand des Mädchens drückte ihre. »Es betrifft den Viscount Pennington.«
    Gwens Hoffnungen fielen in sich zusammen. »Oh? Was ist mit ihm?«
    Ihr ausdrucksloser Ton überraschte Lady Anne sichtlich, die ihn jedoch völlig missdeutete. »Ist es noch immer ein so schmerzliches Thema? Ich hatte gehofft, dass Mr Ramsey – ist er übrigens anwesend? Man hört so einige Gerüchte über ihn, und ich hatte gehofft, ihn persönlich zu treffen, den Löwen in seiner Höhle, sozusagen! Ich mache nur Spaß, liebste Gwen – oh, er ist nicht da? Schade. Wo war ich stehen geblieben? Oh ja, ich hatte gehofft – nun gut, ich weiß, wie lange es dauern kann, bis zerstörte Hoffnungen heilen.«
    »Sehr lange«, murmelte Gwen. Schmerzhaft lange, fürchtete sie.
    »Ja«, sagte Lady Anne vernünftig. »Du hast bemerkt, denke ich – zumindest mag es für eine kurze Zeit so gewesen sein, natürlich bevor der Gentleman seine Aufmerksamkeiten auf dich gerichtet hat –, dass ich selbst ziemlich … angetan von ihm gewesen bin. Deshalb kann ich voller Zuversicht sagen, dass es dich vielleicht trösten mag zu erfahren, warum der Viscount auf so schändliche Weise vom Altar geflohen ist.«
    Gwen blinzelte. Alex hatte gesagt, dass er nicht dafür verantwortlich gewesen war, und sie glaubte ihm. Der Grund für die Flucht war also absolut bedeutungslos für sie.
    Aber Lady Anne wartete offensichtlich auf eine Reaktion. Und vielleicht war es ein Zeichen ihres eigenen verwirrten Zustands, dass Gwen keinerlei Neugier hegte. Sie räusperte sich. »Oh je«, sagte sie.
    »Ja, es ist schockierend«, bestätigte Anne rechtschaffen. »Ich fürchte, Gwen, dass sich der Viscount in einer … ungehörigen Situation befunden hat … mit einem gewissen Mann, einem sehr reichen Deutschen aus Baden-Baden, der ihn erpresst und ihm gedroht hatte, ihn bei den Rechtsbehörden anzuzeigen – sollte er seine Absicht wahrmachen, dich zu heiraten.«
    Gwen runzelte die Stirn. »Ich kenne keinen Deutschen«, sagte sie. »Warum sollte dieser Gentleman etwas gegen unsere Heirat haben?«
    »
Das
ist nun der
wahrhaft
schockierende Teil! Der Deutsche wurde gesehen, als er die Kirche betreten hat, unmittelbar bevor das
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