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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende
Autoren: Meredith Duran
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bezahlen müssen. Lauf dem falschen Mann über den Weg, und du wirst eine Kugel in den Kopf bekommen. Und bis dahin ist dein Leben verdammt peinlich – vor allem für
uns

    Alex rieb sich die Augen. Sie waren trocken wie Sand. Vielleicht hatte er in den ersten Jahren nach Oxford tatsächlich ein gewisses Vergnügen daran gehabt, aufgeblasene Wichtigtuer zu schockieren – aber selbst damals hatte er es nur getan, wenn der Zufall es so mit sich gebracht hatte. Niemals hatte ein Plan dahintergesteckt. »Die Sache mit der Sängerin ist Quatsch«, sagte er. »Ich benehme mich in der Öffentlichkeit keineswegs daneben, Gerry. Das wäre nur schlecht fürs Geschäft.«
    Gerry schnaubte. »Oh, wirklich? Gott erhalte uns unsere Gewinnspanne! Und selbst wenn es Quatsch sein sollte, was davon genau entspricht denn nicht der Wahrheit? Glaubst du, es zählt jetzt noch, ob diese Geschichten wahr sind oder nicht? Bei deiner Art zu leben, wie kann man das da wissen? Wer macht sich überhaupt die Mühe, sich zu fragen, ob es wahr ist oder nicht? Aber wie dem auch sei,
wir
sind es jedenfalls, die den Preis dafür bezahlen!«
    Alex nickte und griff sich in die Innentasche seines Jacketts.
    »Ja? Bloß ein
Nicken
? Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
    Alex legte einen Bankwechsel auf den Schreibtisch.
    Gerard beugte sich vor, um den Wechsel anzusehen, dann blickte er auf und runzelte die Stirn. »Was soll das bedeuten?«
    »Du brauchst doch Geld, hab ich recht?«
    »Sagt wer?«
    Alex lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und schlug sie über den Knöcheln bequem übereinander. »Die Passatwinde.« Er sah sich im Zimmer um. Sieben Monate war er fort gewesen, zuerst in den Vereinigten Staaten und dann in Peru und Argentinien. In dieser Zeit hatte seine Schwägerin renovieren lassen. Die Büste irgendeines toten Römers starrte jetzt mit blinden Augen aus einer Ecke. Eine ganze Wand wurde von einem Ölgemälde eingenommen, das irgendein Massaker des 18. Jahrhunderts darstellte, reichlich mit glänzenden Schwertern versehen, mit qualvoll von Schmerz verzogenen Gesichtern und reiterlosen Pferden, deren Augen weit aufgerissen waren. »Ein neues Bild«, bemerkte er.
    Eine Pause. »Ja«, sagte Gerry schroff. »Ich habe es bei einer Auktion erstanden. Ich erwarte nicht, dass es dir gefällt.«
    »Nun, es ist recht beeindruckend.«
    »Ich weiß, was du vorziehst.«
    »Ja, das weißt du. Kindergekritzel, glaube ich, hast du es genannt.«
    Gerry versuchte sich an einem Lächeln. »Nun, eines musst du zugeben, Alex. Es erfordert nur wenig Talent.«
    Alex zuckte die Schultern. Was moderne Kunst erforderte, war eine Vorstellungskraft, die über die Möglichkeiten engstirnigen Denkens hinausging. Gewiss war das Werk Gauguins nicht dazu angetan, einem britischen Imperialisten und seiner Sichtweise über seine Rolle in der Welt zu gefallen. »Aber ich meinte es durchaus ernst«, sagte er. »Das Bild ist wirklich beeindruckend. Ich bewundere vor allem diese dezenten Blutlachen. Du hast es günstig bekommen, vermute ich?«
    Gerards Kinn spannte sich an. »Ich kann mir den Kauf durchaus leisten, aber offensichtlich denkst du anders darüber. Ich wäre dir verbunden, du würdest mir sagen, wer meinen Namen in den Dreck zieht.«
    »Deine Schwestern. Das kannst du ihnen aber nicht verdenken. Es war eine folgerichtige Schlussfolgerung, nachdem sie erfahren hatten, dass du den Landsitz in Cornwall an Rollo Barrington verkauft hast.«
    Langsam ließ Gerry die Hand sinken. »Oh.«
    Alex wartete, aber das schien schon das Äußerste an Reaktion vonseiten Gerrys gewesen zu sein – was an sich bemerkenswert war. Sein Bruder ließ nur selten eine Gelegenheit aus, sich selber reden zu hören. Eine gesunde Selbstachtung war die Bestimmung eines jeden Adligen. »Interessanter Mann, dieser Barrington«, sagte Alex leichthin. »Ich habe ihn nie kennengelernt, nur im Vorbeigehen gesehen. Doch ich habe auch so einiges über ihn gehört. Er ist gerade dabei, sich den Ruf zu erwerben, englischen Grund und Boden aufzukaufen. Merkwürdig ist allerdings, dass niemand sagen kann, woher er das Geld dafür hat.«
    Schweigen.
    »Was mich verwirrt, ist, warum du nicht zuerst zu mir gekommen bist«, sagte Alex.
    Sein Bruder errötete. »Weil ich deine Hilfe nicht brauche.«
    Er lachte leise. Wäre Gerry am Verdursten und sähe Alex zwei Schritte von einem Brunnen entfernt stehen, selbst dann würde er noch denken, die Hilfe seines jüngeren Bruders nicht zu
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