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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende
Autoren: Meredith Duran
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du mir die Zügel deines kleinen Geschäfts übergibst.« Er ließ ein nur halblautes, aber hässliches Lachen hören und klang für einen Moment ganz genau so wie der Schulhoftyrann, der er einst gewesen war. »Großer Gott,
das
wäre doch was! Chinesen um ihren Tee zu betrügen! Indischen Tagelöhnern ihr Teakholz abzuschwatzen! Herrgott, aber du stehst ja für den Familienstolz!«
    Alex legte den Kopf schief. »Nicht stolzer, als du im Oberhaus dafür stehst. Eine feine Show, deine Fäuste gegen die Buren zu schütteln, weil sie es wagen, sich das Land zu nehmen, das ihr ihnen gestohlen habt.« Er stand auf. »Soll ich mir irgendwo eine Bleibe suchen?«
    Gerry sah ihn an. Er kämpfte sichtlich darum, sich der weniger autokratischen Verpflichtungen als Oberhaupt der Familie zu erinnern. »Sei kein Narr«, sagte er schließlich barsch. »Du bist immer willkommen, hier zu wohnen.«
    Es war ein deutliches Zeichen von Alex’ Übermüdung, dass er diese Bemerkung fast anrührend fand. »Und es sähe reichlich merkwürdig für dich aus, würde ich es nicht tun«, sagte er trocken. Nun, er würde sich eine Woche Zeit nehmen, um in Gerrys Unterlagen herumzustochern und abzuwarten, was zu entdecken wäre. Das Rätsel würde ihn jetzt so lange beunruhigen, bis er es gelöst hatte.
    Sein Bruder versuchte sich vergeblich an einem Lächeln. Vielleicht machte ihm aber auch nur seine Verdauung einen Moment lang schmerzhaft zu schaffen. Sein Mund hatte sich so verzerrt, dass beide Annahmen infrage kamen. »Wie lange werden wir uns deiner Gesellschaft erfreuen dürfen?«
    »Nicht lange.« Niemals lange. Nirgendwo.
Gönnen Sie sich Ruhe, und die Ruhe wird kommen,
hatte der Arzt in Buenos Aires gesagt. Ein Rat, der leicht zu geben war. Ein hübsches Wortspiel, aber als medizinischer Rat war es nutzlos. Alex machte einen tiefen Atemzug. »Genau genommen warten auf dem Kontinent ein paar Sängerinnen auf mich.« Ein Bekannter in Gibraltar hatte erwähnt, dass sich Barrington im Frühling vorzugsweise in Paris aufhielt. Er warf einen Blick auf die Uhr. »Das Mittagessen wird noch immer um halb zwölf serviert?«
    »Ja, aber heute natürlich nicht.« Gerard erhob sich. »Oder willst du die Hochzeit verpassen? Wenn du schon in London bist, kannst du uns auch begleiten.«
    Er brauchte einen Moment, sein Lächeln wiederzuentdecken. »Ach ja. Mein brillantes Timing.« In Indien hatte er Zauberer kennengelernt, die das Schicksal vorausgesagt hatten, basierend auf der Auswirkung des Mondes auf die Gezeiten. Hätte sein Schiff mit einer gegenläufigen Strömung oder einem widrigen Wind zu kämpfen gehabt, so wäre er jetzt nicht hier. Nur eine Stunde Verspätung im Hafen heute Morgen, und er wäre noch immer in Southampton – und frei, dieses glückverheißende Ereignis zu versäumen.
    Als sie zum Altar schritt, nahm Gwen nichts von dem wahr, was um sie herum geschah, so sehr war sie davon in Anspruch genommen, in ihren drückenden Schuhen über die Steinplatten zu schreiten. Der Altar schien wie aus dem Nichts emporzusteigen. Onkel Henry ließ sie ohne viel Federlesens an diesem Altar stehen, was sie verunsicherte; sie hatte einen Kuss auf die Wange erwartet – oder dass er, zumindest dies, ihren Arm drückte. Thomas lächelte sie an und nahm ihre Hand, und für einen Moment konnte Gwen nicht atmen; das Korsett musste erstaunlicherweise noch enger geworden sein und war drauf und dran, sie umzubringen. Doch dann sah sie den Ring ihres Bruders an Thomas’ Finger funkeln. Es war ihr Verlobungsgeschenk an ihn.
    Der Atem kehrte in ihre Lungen zurück. Natürlich wünschte sie sich dies alles hier. Wer würde sich das nicht wünschen? Jeder mochte Thomas. Er sah gut aus, war von hoher Geburt und stets fröhlicher Laune. Er war der netteste Mann, den sie kannte.
    Sie ging einen Schritt vor. Der Geistliche begann mit seiner Predigt.
    Gwen versuchte, seinen Worten zu folgen, aber das feine Kribbeln, das plötzlich in ihrer Nase begann, verhinderte es. Verflixt! Vielleicht würde es besser werden, wenn sie die Nase krauszog – aber sie traute sich nicht.
    Das Kribbeln wurde zum Niesreiz.
    Thomas blickte in Richtung der Gäste, und Gwen nahm das als Erlaubnis, es ebenfalls zu tun.
Zieh nicht die Nase kraus. Tu es nicht.
Was für eine Überfülle von Blumen Elma bestellt hatte! Rosen über der Kanzel, von den Balken hingen Orchideen, Lilien überschwemmten das Taufbecken – du lieber Himmel, kein Wunder, dass sie gleich niesen musste! Londons
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