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Sturmwarnung

Sturmwarnung

Titel: Sturmwarnung
Autoren: Art Bell , Whitley Strieber
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unglaublich tiefen Blau. Und die Luft hatte
etwas Reines, an das nichts heranreichte, was Bob Martin je erlebt hatte. Bei
minus 53 Grad war beim Einatmen höchste Vorsicht angebracht, aber Bob war gut
ausgerüstet. Irgendwie mussten sich die Astronauten ähnlich vorgekommen sein
wie er jetzt, dachte er.
    Als Leiter
eines dreiköpfigen Bergungstrupps hatte er den Auftrag, im Planquadrat
Manhattan 4-A-2 (der Bereich zwischen Fortieth bis Forty-fifth Street und Fifth
und Seventh Avenue) in der verwüsteten Stadtlandschaft Wärmequellen
aufzuspüren, die möglicherweise Spuren von Leben darstellten. Zu diesem Zweck
war Bob mit einem Infrarotsensor ausgestattet, mit dessen Gebrauch er aus
seiner Zeit bei der Army gut vertraut war.
    Er hatte
diese Aufgabe angenommen, weil Leben davon abhingen. Schließlich war er bei den
Rangers gewesen, wo man ihn
bestens für solche Einsätze vorbereitet hatte. Und im Golfkrieg hatte er einem
Aufklärungskommando angehört, das den Auftrag hatte, mithilfe solcher Sensoren
irakische Wachposten aufzuspüren.
    Er hatte
sich aber auch aus einem anderen Grund gemeldet. Er selbst hatte den Sturm
nicht direkt zu spüren bekommen. Martie und die Kinder waren in Sicherheit in
Austin, wo er rechtzeitig eine Eigentumswohnung gekauft hatte, bevor die Preise
explodiert waren. Sie hatten die hübsche Vierzimmerwohnung für 235000 Dollar
bekommen; heute könnte er sie für eine Million oder mehr verkaufen.
    Er war
also auch deswegen hier, weil er und seine Familie überlebt hatten. Natürlich
nicht ohne Verluste. Das konnte kein Mensch auf der Welt von sich behaupten.
Martie hatte noch einen Ausdruck der letzten E-Mail ihres Bruders aus England
und würde ihn immer sorgsam aufbewahren. Er war an seinem Schreibtisch beim
Sammeln von Satellitendaten für den britischen Meteorologischen Dienst
gestorben, daran bestand kein Zweifel.
    Wie Bob
das sah, hatte jeder Überlebende mit Erste-Hilfe-Kenntnissen die moralische
Verpflichtung, Leben zu retten, zumal dann, wenn er solches Glück gehabt hatte
wie er selbst.
    Bob und
seine zwei Kollegen zogen in ihren Schneeschuhen langsam durch die Fortieth
Street und spähten dabei direkt in die Fenster im vierten oder fünften
Stockwerk der Gebäude. Überall fehlte das Glas, und in den Zimmern türmte sich
der Schnee bis zur Decke auf.
    Das New
Yorker Stromnetz war bereits in den ersten Stunden des Sturms
zusammengebrochen. Die Stadt hatte sich mit aller Macht gegen die Katastrophe
gewehrt, aber dann war auch die Gasversorgung ausgefallen. Nach drei Tagen
waren die Öllieferungen ausgeblieben. Über zwei Millionen New Yorker waren auf den mautpflichtigen
Privatstraßen und den Interstate Highways über Richmond und Washington, D. C.
wo das Schlimmste bereits vorüber war, in den Süden entkommen. Elf Tage lang
hatten unglaublich tapfere Arbeitstrupps aufopferungsvoll darum gekämpft, die
Straßen frei zu halten. So hatten sie Millionen Leben gerettet, oft auf Kosten
des eigenen.
    Trotz
aller Bemühungen lagen nach vorsichtigen Schätzungen allein in Manhattan noch
mindestens eine Million Menschen unter den Trümmern und Schneemassen begraben.
Sie alle waren wahrscheinlich tot. Aber was, wenn auch nur einer noch lebte?
    In
Manhattan waren insgesamt sechs Bergungstrupps unterwegs, fünf weitere suchten
den Rest von New York ab. Mehr Teams hatten sich bisher nicht finden lassen,
obwohl im ganzen Land eigentlich Tausende dringend gebraucht wurden. In Städten
wie Philadelphia, Saint Louis, Kansas City oder Salt Lake City konnten noch
Überlebende ausharren, deren Chancen auf Rettung von Stunde zu Stunde
schwanden.
    Da es
keine handlungsfähige Zentralregierung mehr gab, hatten die Gouverneure der
überlebenden Staaten einen provisorischen Regierungsrat gebildet. Das Kommando
des Landesheeres war der U. S. Fifth Army in San Antonio übertragen worden. Die
konzentrierte sämtliche Einheiten und Mittel an der mexikanischen Grenze, weil
befürchtet wurde, Plünderer könnten in den Teil der Vereinigten Staaten
einfallen, der unversehrt geblieben war. Trotzdem rechnete man damit, binnen
eines Monats große Einheiten des übrigen Heeres anderen Aufgaben zuteilen zu
können. Die Nationalgarde sollte bald zusammen mit Freiwilligen die Staaten in
der Mitte des Landes durchkämmen. Weiter nördlich hielt man jedes Bemühen für
zwecklos.
    »Wärmequelle!«,
rief Mike Guare plötzlich. Langsam drehte Bob sich zu ihm um. Mit den
unförmigen Schuhen war man nicht allzu beweglich, und
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