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Sturmwarnung

Sturmwarnung

Titel: Sturmwarnung
Autoren: Art Bell , Whitley Strieber
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Hintergrund seiner Welt gehört,
etwas, das man seinen Kindern zeigte, wenn man mit ihnen nach New York fuhr.
Mehr hatte es ihm nicht bedeutet. Aber jetzt empfand er es als ein Heiligtum,
das der Erinnerung der Menschheitsgeschichte gewidmet war.
    Sie
setzten ihren Weg fort und näherten sich der Bibliothek. Keiner rechnete damit,
dass sie noch etwas Besonderes finden würden. Schnell gingen sie nicht – das
war einfach nicht möglich. Jeder hatte vier Energieriegel dabei, ihre einzige
Nahrung bis zur Rückkehr zum Lager. Als sie die Fifth Avenue erreichten, bogen
sie in Richtung Norden ab. Ein Straßenplan und ein Computerausdruck
erleichterten ihnen die
Orientierung. So konnten sie sich stets in der Mitte der Straßen halten.
Turmhohe Schneeverwehungen schmiegten sich gegen die Häuser, wenn sie sie nicht
ganz zudeckten. Man kam sich vor wie in einer Hügellandschaft, aus der hier und
dort Gruppen von Wolkenkratzern herausragten. Sich auf diese Verwehungen zu
wagen wäre lebensgefährlich, konnte man doch in die Tiefe sinken bis hinab zu
den Trümmern der darunter begrabenen Häuser.
    Auch von
der Bibliothek versprachen sie sich nichts. Bis auf Teile des Dachs und die
oberen drei Meter der Säulenhalle lag sie unter den Schneemassen begraben.
    Ihre
Geräte meldeten keinerlei Spuren von Leben. Bob schaltete das Funkgerät ein.
»Kein Erfolg an der Ecke Forty-second, Fifth Street. Bibliothek ist nur noch
eine Ruine.«
    Er holte tief Luft. Und
blieb abrupt stehen. Dann schnüffelte er. »Jungs«, sagte er unvermittelt,
»riech ich da vielleicht Rauch?«
    Die anderen
schnupperten nun ebenfalls. Bill nahm sogar seine Gesichtsmaske ab und schloss
die Augen. Dann begegneten sich ihre Blicke. Worte waren nicht nötig.
    Kaum
hatten sich die drei Männer wieder in Bewegung gesetzt, sahen sie es direkt vor
sich: eine dünne weiße Rauchfahne, die sich in den blauen Himmel kringelte. Sie
beschleunigten ihre Schritte.
    Vor dem
wuchtigen Dach der Bibliothek stießen sie auf einen ausgetretenen Pfad, der von
den Säulen bis ins Dunkel der Vorhalle führte. Die ganze Umgebung war verrußt.
In den festgetretenen Schnee waren richtige Stufen gehauen worden.
    Aufgeregt
strebten sie darauf zu. Bob spürte, wie sein Herz immer schneller pochte. Er
wollte schon hinter den Säulen nachsehen gehen.
    »Bleib
stehen«, zischte Bill.
    Schlagartig
besann sich Bob wieder auf seine militärische Ausbildung. Sie hatten Waffen,
und jetzt war der richtige Moment, sie bereitzuhalten. Er öffnete den Parka,
seine Hand wanderte zum Griff seiner Pistole. »Okay«, raunte er. »Gib mir
Deckung, Bill. Und du hältst hier die Stellung, bis ich dich rufe, Mike.«
    Während
Mike zurückblieb, huschten Bob und Bill weiter in die Dunkelheit. Die Luft
unter der mächtigen Steindecke wurde immer verrauchter. Bald war es so dunkel,
dass sie ihre Nachtsichtbrillen aufsetzen und die Taschenlampen einschalten
mussten.
    »Hör nur«,
flüsterte Mike.
    Stimmen,
und zwar viele, alle schrill und aufgeregt.
    »Himmel«, murmelte Bob.
    Sie gingen
weiter. Vor ihnen tauchte ein zerborstenes Deckenfenster auf, dann das Innere
der Bibliothek. Weiter unten flackerte Licht – ein kleines Feuer. Bob beugte
sich vor. Ihm bot sich der wohl verblüffendste Anblick seit Ausbruch des
Sturms, ja, seines ganzen Lebens. Auf dem Marmorboden des Stockwerks unter
ihnen kauerten ungefähr zwanzig Kinder. Bei ihnen stand eine junge Frau. Sie
waren alle total verschmutzt. Mit Büchern hatten sie ein Feuer entfacht, auf
dem sie etwas kochten.
    »Hey!«,
rief Bob.
    Schlagartig
erstarb das Stimmengewirr. Alle Gesichter starrten nach oben. »Daddy!«, schrie
eine piepsige Stimme. Mit einem Mal liefen alle Kinder auf die Leiter zu, die
ihre Höhle mit der Außenwelt verband.
    »Kinder!«,
bellte die junge Frau. »Zurück!«
    Sie
blieben abrupt stehen. Dieses Mädchen hatte ihnen doch tatsächlich Gehorsam wie
bei der Armee beigebracht.
    »In Reih
und Glied aufstellen!«, befahl sie. »Und zurück in den Lesesaal!«
    »Im
Lesesaal ist es doch so kalt, Schwester«, wimmerte ein Kind.
    »Kein
Widerspruch!«
    Inzwischen
war Bob unten angekommen. Die junge Frau näherte sich ihm zögernd. Ihre Augen
wirkten in dem düsteren Licht riesig, ihr Gesicht war eingefallen, um ihre
linke Hand hatte sie Lumpen gewickelt.
    »Kann ich Ihnen helfen?«,
fragte sie.
    »Wir
können Ihnen helfen«, erwiderte Bob sanft und zog sie behutsam an sich.
    Sie brach
in Tränen aus.
    Als die
Kinder sahen, dass ihre
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