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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote
Autoren: Tom Lloyd
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verkohlten Leichen am Boden. Venn und er hielten an und warteten auf den verunstalteten Mann.
    Dohle blieb schwer atmend stehen, bevor er sie erreicht hatte und schob sich das schmutzige Tuch vom Kopf, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Sein bleiches Gesicht war ausgezehrt, sogar die mitternachtschwarzen Hautbilder auf seiner Wange schafften es nach seiner Zeit in Scree, ausgefranst und verknittert auszusehen.
    Dann kam Dohle zu ihnen, zögerte aber, als er sie erreichte und blickte furchtsam von einem zum anderen, als wüsste er nicht genau, wie sie auf seine Nähe reagieren würden. Ilumene schnaubte und warf dem Mann einen halbvollen Wasserschlauch zu. Dohle fing ihn dankbar auf und trank in tiefen Zügen, bis er den Blick des vernarbten Soldaten bemerkte. Eilig gab er ihn zurück.
    Ilumene erlaubte sich einen Schluck und hängte sich den Wasserschlauch wieder um den Hals. Dann ging er auf eine Ruine zu. Dohle blickte an ihm vorbei auf die Leichen, von denen die meisten bis zur Unkenntlichkeit verbrannt waren. Er starrte auf den nächstliegenden Toten, dessen Hände wie zur Beerdigung vorbereitet an seinem Hals gefaltet worden waren. Es war ein merkwürdig friedlicher Anblick, vor allem, wenn man ihn mit dem verkohlten Haufen aus langen, verdrehten Gliedmaßen und gebogenen Krallen verglich, der sich einige Schritt entfernt erhob. Ilumene ging dorthin und trat so gegen den großen Leib, dass davon schwarze Klumpen abbrachen, die aus einem nicht erkennbaren Stoff bestanden. Das konnte kein Mensch gewesen sein.
    »War das sein Aspektführer?«, fragte Dohle atemlos, während Ilumene fluchend versuchte, den Schmutz von seinem Stiefel zu schütteln.

    »Na, es wird wohl kaum ein anderes Vieh von dieser Größe gestern Nacht in die Stadt marschiert sein«, knurrte Venn.
    Dohle antwortete nicht darauf, denn er wollte keinen der beiden Männer verärgern. Sie traten und schlugen ihn, wann immer ihnen danach war, und der Magier hatte zu viel Angst, um es den Lieblingssöhnen Rojaks heimzuzahlen. Darum stand er mit gesenktem Blick und hängenden Schultern dort und wirkte wie ein an einem Galgen hängendes Skelett.
    Ilumene ging durch den Schutt, der einmal das Haus gewesen war, zog einen geschwärzten Balken beiseite und trat gesprungene Schindeln und andere Trümmer aus dem Weg, bis er gefunden hatte, was er suchte. Dohle lehnte sich langsam zur Seite, um besser sehen zu können, bis unter seinem Stiefel etwas zerbrach und er wütende Blicke zugeworfen bekam, die dafür sorgten, dass er zurückwich und sich auf die Lippe biss, um nicht wieder einen Strom an Entschuldigungen auszustoßen, denn das machte sie besonders wütend.
    Ilumene löste den Blick von Dohle und ging einige der Stufen nach unten, die er freigelegt hatte. Die ramponierte Holztür am unteren Ende gab den Weg erst frei, als Dohle dagegentrat und das Blatt weit genug spaltete, damit er mit einem Steinklumpen auf die verrosteten Eisenangeln einschlagen konnte. Auch ohne Ilumenes Gesicht zu sehen wusste Dohle, wie sehr er sich amüsierte. Der ehemalige Mann des Königs hatte eine fast kindliche Freude an jeder Art von Zerstörung, ob er nun etwas zerbrechen oder jemanden misshandeln konnte.
    »Wonach suchen wir?«, murmelte Dohle.
    Ilumene antwortete nicht, sondern duckte sich unter dem eingesunkenen Türsturz hindurch und war nicht mehr zu sehen. Dohle wartete einige Minuten, dann seufzte er und räumte sich ein Stück der ebenen Fläche frei, um sich hinzusetzen. Venn starrte ihn eine Weile an, dann trat er zur aufgebrochenen Tür
und stellte sich so, dass er Dohle und die Stufen gleichermaßen sehen konnte.
    Sie warteten schweigend. Venn blickte nach Norden, wo sein Zuhause lag, wie er einmal verraten hatte, und murmelte vor sich hin. Er stellte sich auf einen Fuß und blieb auch ohne erkennbare Mühe bewegungslos so stehen. Er funkelte die Gestalt voller Abscheu an, die sich wand und in das abgenutzte Tuch gehüllt war.
    Dohle beachtete ihn nicht, sondern starrte verdrießlich auf den Boden vor seinen Füßen.
    Nach einer Weile hallte Ilumenes Stimme durch den Eingang und Dohle erhob sich mit vor Schmerz verzogenem Gesicht. Ilumene führte zu seiner Überraschung eine große Frau mit langem, strohig grauem Haar und einen verwirrten Gesichtsausdruck daraus hervor. Dohle erkannte unter ihrer abgewetzten und beschädigten Lederrüstung einen starken Körper. Ihr Gesicht wirkte jünger, als es ihre Haarfarbe andeutete. Ihre kräftige Gestalt
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