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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote
Autoren: Tom Lloyd
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Stärke und meine Gaben, aber das bedeutet nicht, dass ich auch sein Eigentum bin. Ich kann diese Gaben nutzen, wie ich will, und dazu gehört es auch, beliebige Waffen zu verwenden – die Schnitter sind da nicht die ersten.«
    »Du glaubst, du kannst dich mir widersetzen?« Der Soldat war nun offensichtlich wütend, was Isak in seiner Vermutung nur noch bestärkte. »Ich bin ein Teil von dir. Ich bin die Gestalt gewordene Wut der Weißaugen …«

    »Dann bist du vielleicht ein Teil von mir«, unterbrach ihn Isak scharf. »Aber du bist nicht alles, was ich bin und ich beherrsche die Wut in mir. Meine Seele mag befleckt sein und vielleicht wurde ich als Wesen der Wut geboren, aber ich lasse mich davon nicht zu einem solchen Monster machen, wie du es bist.«
    Langsam, demonstrativ, steckte Isak Eolis weg und legte die Hand auf die Brust. »Ich gab euch die Kraft, hierherzukommen«, sagte er ruhig. Seine Finger, die auf dem Kristallschädel lagen, wurden warm, denn die Magie in ihm besaß ein Eigenleben. »Und wenn ich es will, kann ich euch diese Kraft auch wieder nehmen.«
    Mit einem Gedanken umfasste Isak die aus dem Schädel auf den Platz hinausströmende Energie. Die Magie wand und wehrte sich, wollte weiterfließen, und für einen Augenblick zweifelte er daran, stark genug zu sein, um diese gewaltigen Ströme steuern zu können. Konnte er sie aufhalten, damit diese Monster nicht länger davon zehrten? Seine Bedenken verschwanden, als er spürte, dass Aryn Bwr da war und seine Bewegungen führte. Er konnte die Verzweiflung des Letzten Königs spüren, der diesem grausamen, hungrigen Blick entkommen wollte, und erlaubte dem Geist des Toten, seine Gedanken zu lenken. Damit konnte er den Fluss der Magie so einfach unterbrechen, als habe er nur einen Vorhang geschlossen.
    Isak genoss es immens, die Überraschung im Gesicht des Soldaten zu sehen, bevor der Aspekt verschwand und nur ein Paar blutiger Stiefelabdrücke auf dem Steinboden zurückließ. Er spürte, wie in der Ferne auch die anderen Schnitter aus der Stadt verschwanden. Er hätte beinahe gelächelt, konnte es aber gerade noch unterdrücken und achtete darauf, dass sein Gesicht ausdruckslos blieb, als er sich den lebenden Soldaten vor dem Tempel wieder zuwandte.
    Er vermochte an sich selbst keine Auswirkungen dieser Beschwörung der Schnitter zu bemerken. Seine Haut war nicht gezeichnet
worden, wie damals, als er den Sturm gerufen hatte … aber in jede Richtung erstreckten sich Leichen. Dies war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, um stolz auf sich zu sein.
    Als er über den Graben setzte, wurde er mit Erleichterung und Ehrfurcht empfangen. Vesna und Jachen lächelten, doch Isak musste sie nicht erst sprechen hören, um zu erkennen, dass sie sich das Lächeln abrangen. Sie hatten gerade gesehen, wie er sich den Schnittern gestellt und gesiegt hatte. Keiner von ihnen würde im Augenblick etwas anderes fühlen als die verwunderte Freude darüber, dass sie noch am Leben waren.
    »Mein Lord«, krächzte Vesna, »du verblüffst mich immer wieder.«
    »Das hast du nicht erwartet, was?« Isak hustete, denn die Erschöpfung der abendlichen Schlacht holte ihn langsam ein.
    »Hätte denn irgendjemand so etwas erwarten können?«, fragte Jachen. Er hatte bereits den Helm abgenommen und machte sich jetzt daran, auch das Kettenhemd abzulegen. Sein Gesicht war schweißbedeckt, das Haar klebte ihm nass am Kopf.
    »Man wird sich daran gewöhnen«, sagte Isak lächelnd und ging zur Tempeltreppe, auf der er dankbar niedersank.
    »Geht es dir gut?«, fragte Vesna vorsichtig.
    »Ich bin nur müde – und durstig, da ich gerade darüber nachdenke.«
    Die Worte hatten seinen Mund kaum verlassen, da rief Vesna bereits Befehle, und die übrig gebliebenen Kavalleristen der Farlan eilten zu ihren Pferden, die noch immer im Säulenwald des Tempels von Nartis standen. Die Menschenmenge und die Schnitter hatten sie gleichermaßen nicht beachtet. Sie waren unverletzt geblieben, wenn auch vom Gestank nach Blut und Innereien beunruhigt. Bald wandten sich die ersten Kavalleristen bereits dem Tempel des Vasle zu, in dem das Wasser noch floss. Wenn jemand von den Geweihten etwas gegen dieses
Sakrileg einzuwenden hatte, war er schlau genug, es nicht kundzutun.
    Auch der Rest der Soldaten war dem Beispiel des Lords gefolgt und hatte sich hingesetzt. Vesna wollte sie eben wieder auf die Füße brüllen, da hatte er sich selbst bereits auf den Boden sinken lassen. Bald lagen alle
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