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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang
Autoren: Martin Scott
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können.
    Mittlerweile dürften alle Zuschauer in der Taverne wissen, worum es bei unserem Spiel geht. Es war von Anfang an offenkundig, dass dies keine normale Raffpartie war, und unter ständigem Flüstern und Raunen ist die Spannung unter den Anwesenden immer mehr gewachsen. Jetzt ist bis auf das Knistern der Holzscheite im Kamin kein Geräusch zu hören. Mich überkommt plötzlich ein Durst, der mit normalem Bier nicht mehr zu stillen ist. Ich entschuldige mich bei Moolifi und Harm, sage ihnen, dass ich etwas aus meinem Zimmer holen muss, und eile nach oben. Als ich zurückkomme, setze ich mich, öffne das Grandiose Abbot’s Starkbier und fülle damit meinen Krug.
    »Seid Ihr bald fertig?« Harm klingt noch gereizter als vorhin.
    Moolifi teilt die Karten aus. Sie gibt mir eine schwarze Acht und einen schwarzen Bischof. Harm wirft einen kurzen Blick auf seine Karten, legt sie mit dem Gesicht nach unten vor sich hin und schiebt hundert Gurans in die Mitte des Tisches. Ich gehe mit. Moolifi gibt die nächste Karte. Ich bekomme eine schwarze Sieben. Bischof, Acht und Sieben, alle schwarz. Diese Hand ist viel versprechend. Harm bietet zweihundert Gurans, und ich gehe wieder mit. Ich schiebe das Geld gelassen auf den Haufen in der Mitte, ohne mir etwas anmerken zu lassen.
    Moolifi gibt mir die vierte und letzte Karte. Es ist eine schwarze Königin. Ich habe eine Straße in derselben Farbe. Sie schlägt alles, bis auf vier gleiche Karten. Harm mustert eine Weile seinen Geldhaufen. Er hat die Münzen fein säuberlich vor sich gestapelt, während ich einen wüsten Haufen vor mir liegen habe.
    »Ich habe siebentausend Gurans«, erklärt er. »Etwa so viel wie Ihr, nehme ich an.«
    Er schiebt seine Geldstapel nacheinander in die Mitte des Tisches und sieht mir in die Augen.
    »Euer Einsatz.«
    Ich zähle mein Geld. Ich habe genug, um mitgehen zu können, gerade so. Wenn ich mitgehe, wird einer von uns den Tisch verlassen müssen. Ich kann mit diesem einen Spiel Makri retten und Turai den Ozeanischen Orkan verschaffen. Ebenso gut könnte ich alles verlieren. Meine Straße ist ein sehr gutes Blatt. Aber Harms Karten könnten besser sein. Ich könnte passen und nur ein paar hundert Gurans verlieren. Gleichzeitig überlege ich, ob Harm blufft. Aber ich kann es nicht sagen. Ich trinke einen Schluck von meinem exzellenten Bier und denke eine Weile nach.
    Ich kann mich daran erinnern, wie ich einst als Söldner im Süden gefochten habe. Der Hauptmann unserer Kompanie hat versucht, mich aus einem Spiel zu drängen, als er hundert Gurans auf ein Paar Zweien setzte. Hundert Gurans waren mein ganzes Geld, und ich hatte lange und hart kämpfen müssen, um es mir zu verdienen. Ich habe seinen Einsatz gehalten und alles verloren. Ich habe sechs Monate als Söldner gekämpft und war am Ende schlechter dran als am Anfang. Ghurd musste mir auf dem Heimweg Essen kaufen. Wäre er nicht bei mir gewesen, wäre ich in einem fernen Land verhungert.
    Ich schiebe mein Geld in die Mitte des Tisches, eine zerfetzte Papierrolle mit Gurans nach der anderen. Ich brauche einen Moment, bis ich die siebentausend Gurans abgezählt habe. Dann starre ich Harm in die Augen.
    »Ich will sehen!«
    »Ihr habt nicht das Recht, um den Ozeanischen Orkan zu spielen!« Die Stimme kenne ich, aber sie klingt nicht ganz so wie sonst. Sarin die Gnadenlose steht an der Tür. Sie sieht ziemlich derangiert aus und hält eine gespannte Armbrust in der Hand. Eine solche Waffe ist zwar innerhalb der Stadtmauern von Turai verboten, aber es ist Sarins Lieblingswaffe. Ihrem wirren Blick entnehme ich, dass sie sich im Fieberwahn befindet. Harm hat sich, als mächtiger Hexer im Feindesland, zweifellos mit irgendwelchen wirksamen Zaubersprüchen geschützt. Allerdings weiß ich nicht, wie gut sie wirklich sind. Eine Armbrust ist auf eine so kurze Entfernung eine wahrhaft Furcht erregende Waffe. Aus dieser Distanz würde der Bolzen einen normalen Mann durchdringen und auch noch gleich den hinter ihm. Ich habe so etwas miterlebt und möchte nicht einmal der dritte Mann sein, der zufällig hinter den beiden ersten steht. Jedenfalls würde ich nicht viele Gurans darauf setzen, dass Harms Hexerei ihn wirklich davor schützt.
    Bevor jemand reagieren kann, feuert Sarin die Armbrust ab. Sobald sie abdrückt, ruckt mein Kopf zu Harm herum. Ich erwarte, dass er vom Tisch gefegt wird, aber stattdessen hebt Moolifi die Hand und pflückt den Bolzen aus der Luft. Unmöglich! Niemand kann einen
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