Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Streng vertraulich

Streng vertraulich

Titel: Streng vertraulich
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
Bürgerrechte! Es dann aber
auch zu tun, ist eine ganz andere Sache, da begibt man sich in
gefährliche Nähe zum Faschismus und macht Roxbury und
Dorchester zu einem Vorort von New York, wo Tag und Nacht
Hubschrauber und so ‘n Scheiß über den Köpfen kreisen.
Warum willst du das wissen ?«
Ich versuchte, Mulkern, Paulson oder Vurnan damit in
Verbindung zu bringen, aber es paßte nicht. Mulkern als
liberaler Abgeordneter des Parlaments würde öffentlich
niemals zu einer solchen Sache stehen. Aber Mulkern als
Pragmatiker würde auch niemals öffentlich für die Gangs
eintreten. Er würde einfach eine Woche Urlaub nehmen, wenn
die Gesetzesvorlage zur Abstimmung anstand.
»Wann ist die Abstimmung?«
»Nächsten Montag, dritter Juli.«
»Sonst gibt es nichts, was dir noch einfällt?«
»Eigentlich nicht, nee. Es gibt einen Entwurf, daß
Kinderschänder eine siebenjährige Freiheitsstrafe bekommen
sollen, aber das wird wahrscheinlich einfach durchgewinkt.« Davon hatte ich schon gehört. Sieben Jahre
Zwangsinhaftierung für jeden, der wegen Kinderschändung
verurteilt wurde. Frühzeitige Haftentlassung nicht möglich. Ich
hatte nur ein Problem damit: Warum hieß es nicht Gesetz für
lebenslange Zwangsinhaftierung, und warum gab es keine
Klausel, die dafür sorgte, daß Verurteilte gezwungen würden,
sich hinterher der Bevölkerung zu stellen, damit sie ein wenig
davon zurückbekamen, was sie anderen angetan hatten? Wieder fragte Richie: »Warum willst du das wissen,
Patrick?«
Ich dachte über Sterling Mulkerns Nachricht nach: Rede mit
Richie Colgan! Verrat ihn! Einen Sekundenbruchteil erwog ich, Richie davon zu erzählen. Würde Mulkern lehren, mich noch einmal zu bitten, ihm die Hunde vom Hals zu halten. Aber ich wußte, daß Richie keine andere Wahl haben würde, als es in seinem nächsten Kommentar in fetten Lettern aufzugreifen, und wenn man es vom beruflichen Standpunkt aus betrachtete, könnte ich mir genausogut in der Badewanne die
Pulsadern aufschneiden.
»Habe einen neuen Auftrag«, erklärte ich Richie. »Ist
momentan noch ganz geheim.«
»Erzähl mir irgendwann mal davon«, antwortete er. »Irgendwann.«
»Schon gut.« Richie drängt mich nicht, und ich dränge ihn
nicht. Wir akzeptieren ein »Nein« des anderen, das ist einer
der Gründe für unsere Freundschaft. Er fragte: »Was ist mit
deiner Kollegin?«
»Immer noch zum Anbeißen.«
»Immer noch nicht zu dir übergelaufen?« kicherte er. »Sie ist verheiratet«, gab ich zurück.
»Egal. Du hattest schon Verheiratete. Muß dich doch
wahnsinnig machen, Patrick, so eine knusprige Frau jeden
Tag vor deiner Nase, und sie hat nicht das geringste
Bedürfnis, deinen Schwanz anzufassen. Scheiße, muß das
weh tun.« Er lachte.
Richie bildet sich manchmal ein, er sei zum Brüllen komisch. Ich sagte: »Ja, gut, ich muß mich beeilen.« Wieder bewegte
sich etwas im schwarzen Winkel auf dem Schulhof. »Wir
könnten mal wieder ein Bier trinken gehen, hm?«
»Mit Angie?« Ich glaube, ich hörte ihn hecheln.
»Mal sehen, ob sie Lust hat.«
»Abgemacht. Ich schick’ dir ein paar Unterlagen über diese
Gesetzesvorlagen.«
»Gracias.«
Er legte auf, und ich blickte durch den Spalt im Vorhang.
Jetzt hatte ich mich an die Dunkelheit gewöhnt, ich konnte sehen, daß unten in der Düsternis eine Gestalt saß. Ob Tier, Pflanze, Mineral konnte ich nicht entscheiden, aber etwas war da. Ich dachte daran, Bubba anzurufen, er war gut für solche Gelegenheiten, wenn man nicht wußte, was auf einen zukam. Aber er hatte mich von einer Bar aus angerufen. Kein gutes Zeichen. Selbst wenn ich ihn finden würde, würde er das störende Objekt einfach ausschalten wollen, anstatt sich lange damit aufzuhalten, es auszukundschaften. Bubba mußte
sparsam verwendet werden, mit großer Sorgfalt. Wie Nitro. Ich entschied, Harolds Dienste in Anspruch zu nehmen. Harold ist ein ein Meter achtzig großer Stoffpanda, den ich
vor ein paar Jahren auf dem Jahrmarkt in Marshfield
gewonnen habe. Ich wollte ihn damals Angie schenken;
schließlich hatte ich ihn für sie geschossen. Aber sie warf mir
einen dieser vernichtenden Blicke zu, wie wenn man sich
mitten beim Sex eine Zigarette anzündet. Warum sie keinen
einsachtzig großen Stoffpanda mit quietschgelber Gummihose
in ihrer Wohnung haben wollte, geht mir nicht in den Kopf,
aber da ich keinen ausreichend großen Müllcontainer fand, der
ihn verschlucken konnte, nahm ich ihn bei mir auf.
Ich schleppte Harold aus dem Schlafzimmer in die dunkle
Küche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher