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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten
Autoren: Joe R. Lansdale
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jetzt ein Einzelkind und Waise, oder werden es jedenfalls bald sein.«
    »Verdammt«, wiederholte Hochwasserhose.
    »Sind wir hier fertig?«, fragte der Reverend.
    »Vorerst«, sagte Hochwasserhose, ging zu seinem Bruder, beugte sich hinunter und zog ihm die blutverschmierten Hände von der Bauchwunde, um sie sich anzuschauen. »Das sieht nicht gut aus«, stellte er fest.
    »Der hat mich abgeknallt«, sagte sein Bruder. »Scheiße, das tut höllisch weh.« Dann rollte er wieder auf dem Boden herum.
    Hochwasserhose seufzte. Er ging zur Wand hinüber und riss dort ein Stück Holz heraus, das krumm genug war, sodass er es zu fassen bekam. Es löste sich mit einem lauten Knarren, und zurück blieb ein Loch. Er stapfte damit zu seinem Bruder zurück.
    »Mach die Augen zu, Zender.«
    »O Scheiße«, sagte Zender und schloss die Augen.
    Erst nach drei Schlägen mit dem Kantholz hörte Zender auf, sich zu bewegen. Hochwasserhose ließ das Brett fallen und sah den Reverend an.
    »Es wäre besser gewesen, Sie hätten ihm mit seinem Messer die Gurgel durchgeschnitten«, sagte Jebidiah.
    »Mit Ihnen bin ich noch nicht fertig«, erwiderte Hochwasserhose.
    »Sie wollen sich noch irgendwann später mit mir anlegen?«, fragte der Reverend.
    »Drehen Sie mir bloß nie den Rücken zu.«
    »Nun gut, wenn es denn sein muss.«
    Der Reverend, der den Revolver bereits weggesteckt hatte, zog ihn wieder und schoss dem Kerl in die Brust. Hochwasserhose schlug mit einem Keuchen auf dem Boden auf, wobei nicht wenig Blut spritzte.
    »Sie sollten Ihre Absichten nicht so laut kundtun«, sagte der Reverend. »Ich bin ein Mann, der sich dergleichen zu Herzen nimmt.«
    Jebidiah wandte sich langsam um. In den Feldbetten lag niemand mehr. Einige der Männer und Frauen waren angezogen, andere nicht. Ein Mann hielt sich schützend den Pimmel.
    »Möchte jemand das Stück Holz aufheben und ihm den Rest geben?«
    Niemand rührte sich.
    Der Reverend sah den Wirt hinter der Holzbohle an. »Haben Sie noch weitere Beschwerden? Welche, zu denen Sie persönlich Stellung nehmen möchten? Wegen Ihnen hat sich mein Pferd erschreckt. Zweimal.«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    Der Reverend wandte sich wieder den anderen Anwesenden zu. Bisher hatten sie nur geglaubt, schon alles gesehen zu haben; jetzt wussten sie es mit Sicherheit. Jebidiah trat zu seinem Pferd und nahm die Zügel. Es hatte sich aufgebäumt und dabei einen Mann samt Feldbett umgeworfen. Jebidiah führte das Pferd zur Holzbohle und reichte die Zügel dem Mann, der dahinter stand. »Halten Sie mal kurz.«
    »Ja, Sir«, sagte dieser und nahm die Zügel.
    »Also gut.« Der Reverend ging zu dem verwundeten Mann und schob den Revolver zurück ins Holster. Er bückte sich, hob das blutige Kantholz auf und sagte zu dem Mann am Boden: »Ich bin der Meinung, dass man jede Kugel, die man nicht verschwendet, unter Umständen irgendwann gut gebrauchen kann. Außerdem war das doch Ihre bevorzugte Methode, oder?«
    Der Kerl schaute zu ihm hoch, und Blut sprudelte ihm aus dem Mund. Es rann seinen Hals hinab und auf den Fußboden.
    Jebidiah hob das Holz über seinen Kopf und ließ es, wobei er leicht die Hüfte und das Knie beugte, herabsausen, sodass er den Bergarbeiter unterm Kinn erwischte. Es knirschte, als hätte sich jemand auf einen Porzellanteller gesetzt. Der Reverend holte ein zweites Mal aus, und diesmal knirschte es wirklich laut.
    Er ließ den Prügel fallen. »Der erste Schlag hat gereicht. Der zweite war nur zur Sicherheit. Ich will, dass jeder hier begreift, dass man sich mit mir besser nicht anlegt. Ist das klar?«
    Fast hatte es den Anschein. Die Anwesenden nickten. Der Mann, der seinen Pimmel festhielt, ließ ihn wieder los.
    Jebidiah ging zurück zur Bar. »Haben Sie was zu essen?«
    »Nicht viel«, sagte der Wirt. »Bohnen.«
    »Was kosten die?«
    »Fünf Dollar.«
    »Für einen Teller Bohnen?«
    »Das ist der übliche Preis.«
    »Mir ist danach, ein wenig zu feilschen«, sagte der Reverend. »Ich biete Ihnen fünfzig Cent. Wie hört sich das an?«
    Der Mann schaute in die kalten grauen Augen des Reverend. »Klingt fair.«
    »Gut. Geben Sie mir die Zügel zurück und holen Sie mir einen Teller Bohnen. Was kostet mich Getreide fürs Pferd?«
    »Welcher Preis wäre Ihnen denn recht?«
    »Na ja«, sagte der Reverend. »Ich denke, ein Dollar wäre ein fairer Preis. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie das Pferd auch tränken. Und es würde mir überhaupt nicht gefallen, wenn ihm etwas
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