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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
Autoren: Lili St. Crow
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sie mit mir machen, was immer sie wollten – einschließlich mich umbringen.
    Das ja wohl kaum, Dru! Und darüber macht man keine Witze.
    »Einer von denen geht rauf zur Tür«, murmelte Graves. Das machte er schon die ganze Zeit, mir Szenenkommentare zuraunen, als wäre ich blind. Was ich faktisch auch war, bedachte man, dass ich die meiste Zeit meine Augen zukniff. Mir war schlicht alles egal. »Der Typ mit der großen Kanone steht vorn vor dem Van.«
    Na klar! »Er hält Wache.« Mein Hals war rauhgeschmirgelt. Ich brauchte ungefähr genauso dringend ein Glas Wasser wie ein Klo. Das war grotesk. »Für alle Fälle.«
    »Wie geht’s dir?« Graves wandte sich von der getönten Scheibe ab und sah mich ängstlich an. Seine grünen Augen funkelten im Dämmerlicht, so wie der silberne Totenkopf mit den gekreuzten Knochen an seinem linken Ohr. Sein Haar bildete eine zottelige schwarzgefärbte Masse. Es war früher Morgen, grau und still, und jetzt, nachdem der Van angehalten hatte, merkte ich, dass es draußen eiskalt war.
    Ein warmes Auto hielt die Wärme nie lange. Wärme war wie Liebe: Sie verflog schnell.
    Ich wollte irgendetwas Witziges sagen, beschränkte mich dann aber auf die simple Wahrheit. »Ich muss mal.«
    Zu meiner Verblüffung lachte Graves. Es war sein übliches kurzes Bellen, nur ein bisschen tiefer und schwerer. Er klang müde, und seine vornehm gebogene Nase hob sich ein wenig. Trotz seines halbasiatischen Teints wirkte er aschfahl vor Erschöpfung. Von dem babygesichtigen Goth war nicht mehr viel übrig.
    Wenn einem das Leben unter den Füßen weggerissen wurde, war das wohl normal, vermutete ich.
    Graves’ Lachen verebbte, und er wurde ernst. »Ja, ich auch. Wir waren noch keine Sekunde allein, seit sie uns mit dem Hubschrauber abgeholt haben. Meinst du …«
    Ich erfuhr nicht mehr, was er fragen wollte, denn der Junge mit der AK-47 öffnete die Wagentür. »Die Luft ist rein.« Dabei lächelte er mich komisch verlegen an, was sicher beruhigend wirken sollte. Und er sah sogar richtig gut aus, mit einer Stupsnase, dunklem zerzaustem Haar, einem niedlichen Lächeln und hellbraunen, fast gelblichen Augen. Aber die Waffe und die Art, wie er sich über die Schulter umsah und den Weg vom Van zur Vordertür des großen Gemäuers überprüfte, erinnerten mich an die wenigen Male, die ich Dad gefolgt war, während er Dinge in der Echtwelt gejagt hatte – jener Welt voller Zeug, das gern einmal nachts heulend und krachend loswütete.
    Professionell. Ja, das war es. Sein Jungengesicht wirkte befremdlich professionell.
    Überhaupt sahen alle Ordensleute wie Teenager aus – ausgenommen August, der Freund meines Dads, der eher wie fünfundzwanzig wirkte. Ich wusste nicht genau, was ich davon halten sollte, also blieb ich einfach sitzen und starrte hinaus in das beständig heller werdende neblige Tageslicht außerhalb des Vans.
    »Dru Anderson?« Er lehnte sich vor, wobei die Mündung des Waffenlaufs sorgfältig nach unten und von mir weg gerichtet war. »Alles okay. Wir sind in einer Schola; die ist sicher.«
    Nirgends ist es sicher. Nicht mehr. Trotzdem bewegte ich mich zögerlich, was Graves als Signal nahm, über den Sitz zu rutschen, meine Hand loszulassen und aus dem Wagen zu springen. Dann drehte er sich linkisch um, als wollte er mir helfen.
    Aber der Dunkelhaarige schob ihn beiseite und bot mir seine freie Hand an. »Komm! Ehrlich, alles ist in Ordnung.« Noch ein niedliches Lächeln, bei dem seine Augen glitzerten.
    Ich kletterte aus dem Van, ohne seine Hand zu halten. Sobald meine Füße den Boden berührten, schlug er die Tür hinter mir zu. »Gehen wir rein.« Er wedelte mit seinen Händen, als triebe er Hühner oder so vor sich her.
    Das war die krönende Absurdität. Kalte Luft umfing meine Wangen. Ich roch Eis, nasses Laub und die typische Waldfäulnis eines frostigen Winters. Der Nebel kam näher und erstickte alle Geräusche. Als ich mir übers Gesicht rieb, stellte ich verwundert fest, dass es noch feucht war. Hatte ich geweint?
    Die Stufen waren riesig und aus Granit, und die massive Eichentür mit den Eisenriegeln oben öffnete sich langsam. Mr. AK-47 scheuchte uns hinauf, während ich blind nach Graves’ Hand angelte und sie drückte. Seine Augen waren beide von Blutergüssen umrahmt und die Nasenwurzel etwas verbreitert, aber ansonsten bildeten sich die Schwellungen bereits sehr schnell zurück. Er bewältigte die Treppe mühelos, wohingegen ich auf jeder stehen bleiben musste,
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