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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
Autoren: Lili St. Crow
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Kampf gibt es keine Regeln. Zu glauben, es gäbe welche, konnte einen das Leben kosten. Das hatte Dad mir wieder und wieder eingehämmert: Du kämpfst, um zu gewinnen, zu überleben, nicht um gut auszusehen oder dem anderen eine Chance zu geben.
    Hör auf, an Dad zu denken, Dru! Ich hatte andere Sorgen.
    Irving hatte gewettet, dass er mich in weniger als zwei Minuten plattmachen konnte. Jetzt waren neunzig Sekunden um, und ich gewann.
    Eine solche Wette ließ man schließlich nicht im Raum stehen. Nicht wenn man von einem Ex-Marine-Dad über Jahre gedrillt worden war, anderen den Arsch zu versohlen. Und erst recht nicht, wenn man immerfort das Gefühl hatte, einem säße eine heiße, brodelnde Säureblase gleich hinterm Schlüsselbein. Schon gar nicht, wenn man sich praktisch allein in einer Schule voller männlicher Teenager befand.
    Und das waren beileibe keine gewöhnlichen Teenager. Nein, diese Jungen konnten sich jederzeit in Fellvorleger mit echt schlechten Eigenschaften verwandeln. Sie waren Djamphir -Jungen, geboren mit der unheimlichen Schnelligkeit von Blutsaugern, die sich durch die blöde, langsame Tageszeit bewegten wie ein Special Effect. Männliche Djamphire mussten nicht warten, bis sie »erblühten«, nichts da! Sie waren von Anfang an stärker und schneller und wurden bloß noch besser, sobald sie in den Stimmbruch kamen und in der Pubertät »den Übergang« erreichten. Einige von ihnen erreichten ihn auch erst später, mit Mitte zwanzig ungefähr. Aber nicht einmal davor konnte es ein normaler Mensch mit ihnen aufnehmen.
    Ich bohrte meine Fersen in die ausgefranste Matte, drehte mich und trat nach hinten. Mein Kick erwischte ihn am Knie, und ich hörte Knochen knacken, gefolgt von einem lauten Knurren. Im nächsten Augenblick landete ich auf der Matte, wobei ich mir den Ellbogen aufscheuerte, weil ich nur ein Träger-Shirt und eine Jeans trug.
    Ich war nicht dämlich. Hörte man das unverkennbare Geräusch eines Werwolfs, der sich in seine Pelzgestalt wandelte, wusste man, dass es so gut wie ausgeschlossen war, ihn zu töten. Folglich war es nur vernünftig, sich schnellstens flach hinzuschmeißen.
    Nur war Irving kein Wolf. Er war ein Djamphir , und er setzte erneut zum Sprung an. Woher kam dann das Geräusch?
    Ich rollte mich gerade rechtzeitig herum, dass ich Irving in der Luft über mir schweben sah, sein blasses Gesicht leuchtend und goldene Strähnen in seinen kastanienbraunen Locken, die zeigten, dass die Gabe übernahm. Die Welt schaltete auf Zeitlupe um, wurde lange genug zu zähem Sirup, dass ich wegkrabbeln konnte. Dabei waren die physischen Kräfte wie ein schweres Gegengewicht, dem ich mich mit jedem Muskel entgegenstemmen musste. Es knallte in meinem Kopf, als würde ein Gummiband schnalzen, und damit wechselte alles wieder ins Ursprungstempo. Irving krachte gute drei Fuß von mir entfernt auf die Matte, exakt dort, wo ich vorher gelegen hatte. Sein Knie schlug zu hart auf – weil mein Kopf ja nicht mehr dort war, um es abzufedern –, und er stieß einen kurzen schrillen Laut aus. Die Kratzspuren meiner Fingernägel auf seinen Wangen glänzten böse rot, und ihm stand das Haar zu Berge.
    Nun war er kein Teenager mehr, der vor den anderen sein Gesicht zu wahren hatte. Nein, jetzt war es ihm ernst . Und wir hatten noch zwanzig Sekunden.
    Gut.
    Ich sprang auf die Beine und setzte zwei Schritte zurück. Die Zuschauermenge wich zur Seite, damit wir ausreichend Platz hatten. Irving hüpfte hoch, als wäre er mit Helium aufgeblasen. Seine Locken bewegten sich wie in einer Shampoo-Werbung, als er sich mir mit der seltsam verschwommenen Geschwindigkeit, an die ich mich nie gewöhnen würde, entgegenwarf.
    Dieselbe Schnelligkeit, die ich nicht besaß – noch nicht.
    Ich reagierte instinktiv, und das war nicht einmal schlecht, denn mein Instinkt befahl mir, mich zu wappnen und dem Kerl direkt ins Gesicht zu boxen. Dad hätte mich allerdings angeschrien, ich wäre bescheuert. Irving war so teuflisch schnell, und frontale Kraftausübung, wie beim Karate, funktionierte bei mir nicht sonderlich gut. Dafür war ich zu dünn und zu lang. Ich besaß nicht einmal halbwegs große Brüste. Die sahen bloß aus wie – ach, egal, wie sie aussahen. Jedenfalls wippten sie nicht herum, wenn ich einen Sport-BH anzog.
    Nicht dass es nervte, ein Mädchen zu sein. Es war lediglich manchmal dicht dran.
    Ich hätte Irvings Arm packen, umdrehen und ihn so an mir vorbeistoßen sollen. Ich hätte seinen Schwung
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