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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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zwei-, dreimal musste Gisela nachschenken, ehe Edelbert den traditionellen Schlummertrunk ausgab.
    Dann schlichen sich Klaus und Hubertus durch die klirrend kalte Altstadt nach Hause. Das Auto hatten sie vernünftigerweise am Rathausplatz stehen gelassen. Edelbert blieb noch für einen weiteren Absacker. Er musste immer der Letzte sein.
    Hubertus hatte kräftig geladen, aber die eisige Schwarzwaldluft ging durch Mark und Bein und machte selbst einem Betrunkenen zu schaffen.
    »Was für ein kaltes Nest«, schimpfte Klaus.
    »Frier dir auf dem Nachhauseweg nichts ab«, rief Hubertus seinem Kumpel nach. »Ich brauch dich morgen noch. Wir räumen nämlich die Spielbank aus.«
    »Und übermorgen geht’s zum Rückspiel nach Ravensburg«, konterte Klaus. »Die werden die Partie ja wohl kaum wegen Mielke absagen…«

4. DER SEITENSPRUNG
     
    Claudia Mielke war es leid. Es schien ihr gerade so, als wäre sie mit einem Phantom verheiratet. Nein, Gewissensbisse würde sie sich keine mehr machen. Und die Nachbarn in Pfaffenweiler, dem kleinen Vorort westlich von Villingen, sollten ruhig tratschen. Ohnehin zerrissen sich einige über das Ehepaar Mielke schon länger das Maul. Ihr Mann Herbert galt allenthalben als Hallodri.
    Nein, sie würde heute Abend keine Skrupel haben, einen anderen Mann zu empfangen und ihn nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Sie hatte ihn vor zwei Wochen in einem der vielen Lokale in Villingens Kneipenmeile kennengelernt und heftig mit ihm geflirtet.
    »Kochst du so tolle Sachen wirklich nur für die Landfrauen?«, hatte Herbert noch in einer Mischung aus Ironie und Gleichgültigkeit gefragt, ehe er sich aus dem Haus machte.
    »Natürlich!«, hatte sie ihm forsch nachgerufen. »Und danach fahren wir nach Villingen auf Kneipentour.«
    Um die Glaubwürdigkeit ihrer Äußerung zu unterstreichen, hatte sie auch den Mielke’schen Familienwagen reserviert, obgleich sie ihn heute gar nicht brauchte.
    Eigentlich wunderte sie sich, dass sie sich noch so viel Mühe machte, den Betrug vor ihrem Ehemann zu vertuschen. Herbert und sie hatten schon seit Monaten nicht mehr miteinander geschlafen. Schlimmer noch: Sie sprachen kaum noch ein Wort miteinander. Sicher hatte sie ihren Teil dazu beigetragen, aber vor allem Herbert war es gewesen, der sich zusehends zurückgezogen hatte und nur noch auf Achse war. Und dies sicher nicht nur der vielen Vereine wegen. Oft roch er nach den unterschiedlichsten Frauenparfüms, wenn er nach Hause kam. Sie hatte schon mehrfach erwogen, ihm getrennte Schlafzimmer vorzuschlagen, denn es ekelte sie an, dass er nach anderen Frauen roch, wenn er spät nachts unter die eheliche Bettdecke kroch. Und jedes Mal, wenn sie ihn zur Rede stellte, stritt er alles kategorisch ab. Dabei wusste das halbe Dorf, dass er ein Herumtreiber war.
    An Verehrern hatte es der brünetten, sportlichen Claudia mit ihrer offenen und freundlichen Art nicht gemangelt. Ihre Freundin Ingrid hatte sie immer wieder ermuntert anzubandeln. Doch fünfzehn Jahre ihrer Ehe war sie standhaft geblieben – bis auf das eine Mal vor ein paar Monaten, als sie mit einem Kollegen ihres Mannes intim geworden war. Es hatte ihr nichts bedeutet, sie hatte ihn nicht mal attraktiv gefunden. Eher war es ein Ausdruck ihrer Verzweiflung gewesen.
    Ihre Kinder mochten ein Grund dafür gewesen sein, warum sie Herbert so lange treu geblieben war und ihre Ehe noch hatte retten wollen. Doch im Laufe der letzten Monate war alles immer unerträglicher geworden.
    Gleichgültigkeit hatte sich zwischen ihnen eingestellt.
    Heute Abend aber hatte sie dem zehnjährigen Kai und der drei Jahre älteren Nicole erlaubt, bei Freunden zu übernachten. Ohnehin wurden beide zusehends selbstständiger. Eines Tages würde sie ganz alleine dastehen, ohne das Leben richtig ausgekostet zu haben.
    Nein, damit sollte jetzt Schluss sein.
    Die heutige Nacht sollte eine Liebesnacht werden. Zeit genug hatte sie dazu, denn Herbert würde sich nach dem Eishockey ohnehin wieder der Nachtschwärmerei hingeben. Vielleicht ging er sogar wieder in ein Bordell. Ingrid hatte derartigen Tratsch mal an sie weitergegeben.
    Es klingelte. Endlich. Ihre große, durchtrainierte, trotz des kühlen Klimas braun gebrannte Bekanntschaft stand mit einem riesengroßen Strauß roter Rosen vor der Tür. Wie sollte sie das morgen bloß Herbert erklären? Sie schob den Gedanken beiseite, ehe sie ihn so richtig begonnen hatte.
    Wahrscheinlich würde ihm das gar nicht auffallen. Und Herbert
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