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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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vollständig auseinandergelebt. Er war meist unterwegs auf Vereinssitzungen oder … nächtlichen Vergnügungstouren. Wir waren uns fremd geworden. Deshalb kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen.«
    Sie zögerte und schob dann noch nach: »Das Privatleben meines Mannes hat sich mir nicht mehr erschlossen.«
    »Also war d’ Ehe so guet wie kaputt?«, folgerte Winterhalter und wäre fast in der von ihm verursachten Wasserpfütze ausgerutscht.
    Ein zaghaftes Nicken war die Antwort.
    »Dürfen wir uns ein wenig bei Ihnen umschauen?«, fragte Müller und sah Claudia dabei durch die Gläser seiner Nickelbrille an, als wolle er sie durchleuchten.
    Wieder ein zaghaftes Nicken. »Vielleicht finden Sie ja einen sachdienlichen Hinweis.« So ähnlich hatte es doch bei »Aktenzeichen XY« immer geheißen. »Stört es Sie, wenn ich derweil etwas Ordnung schaffe?«
    Es störte die Beamten nicht. Doch bevor Claudia Mielke den Tisch abräumen konnte, hatten Müller und sein Begleiter schon einen Blick auf die Tafel geworfen.
    »Moment emol«, begann Winterhalter, doch Hauptkommissar Müller kam ihm zuvor.
    »Nanu, das sind ja nur zwei Gedecke. Sie hatten doch von mehreren Freundinnen gesprochen, nicht wahr?« Müller schob die Brille mit dem Zeigefinger an die Nase heran und runzelte die Stirn.
    Claudia wurde noch verlegener. »Ich … äh … ich hatte mich falsch ausgedrückt. Es ist nur eine Freundin da gewesen.«
    »I weiß jo nit, wie’s bei Ihne so zugoht«, meinte Winterhalter. »Aber die Freundinne vu minere Frau bringet ihr nu sehr selte en Strauß rote Rose mit …« Er deutete in Richtung der Blumen auf der Kommode.
    »Die … habe ich von meinem Mann bekommen«, kam es Claudia Mielke über die Lippen.
    »Von einem Ehemann, mit dem Sie überhaupt nichts mehr gemein hatten? Merkwürdig«, konterte Müller.
    Die beiden waren heute ein gutes Team. Nicht guter Bulle, böser Bulle, sondern hochdeutscher Bulle, Dialektbulle.
    Claudia Mielke ärgerte sich über sich selbst. Sie hatte sich, ehe sie sichs versah, völlig in Widersprüche verstrickt. Sie wusste sich nun nicht mehr zu helfen und brach erneut in Tränen aus, woraufhin Winterhalter wieder seine nach einer Mischung von Stall und Schwarzwaldluft riechende Schulter tröstend zur Verfügung stellte.
    »Jetzt gebet mer dere Frau halt emol e Nacht Pause«, schlug er schließlich vor. Nicht ganz uneigennützig, denn angesichts des um fünf Uhr morgens klingelnden Weckers war er nicht unbedingt versessen darauf, das Verhör bis in die Nacht fortzusetzen. Winterhalter war ein Morgenmensch – wie alle Landwirte. Und bevor er seine Arbeit in der Polizeidirektion aufnahm, mussten die Viecher auf dem Hof versorgt werden.
    »Also gut«, gab Müller nach. Er ließ den Blick nochmals durchs Esszimmer schweifen. »Sie haben recht. Es ist wohl besser, wir lassen Frau Mielke jetzt alleine.«
    Viele Morde ereigneten sich im Schwarzwald-Baar-Kreis nicht – und an einen mit über sechstausend potenziellen Augenzeugen konnte er sich schon gar nicht erinnern. Die wichtigsten Zeugen hatten allerdings versagt: Weder die Fernsehkameras noch die Videogeräte der Polizei, die primär die Fanblöcke beobachteten, hatten den entscheidenden Moment aufgezeichnet. Vielleicht tat sich ja noch etwas, falls ein Zuschauer wider Erwarten mit seiner Handycam Verdächtiges gefilmt hatte.
    Müller kniff noch einmal die Augen zusammen und ging dann Winterhalter hinterher, der seine Kniebundhose schon wieder in der kalten Nacht lüftete.
    Auf der Türschwelle gab er Claudia Mielke seine Karte: »Schauen Sie doch morgen früh um elf mal bei uns auf der Polizeidirektion vorbei. Wir arbeiten auch am Wochenende. Und ich hätte da noch so einige Fragen zum Umfeld Ihres Mannes.« Dann stapften die Beamten mit knirschenden Schritten auf dem schneebedeckten Weg davon.

5. MARKTZEIT
     
    Beim Frühstück war Hubertus sehr schweigsam. Kein Wunder: Ihm schlugen der Mord, die acht Bier und heute Morgen auch Martinas Anwesenheit auf den Magen. Die saß ihm gegenüber, war erstaunlich wach und studierte mit ihren grünen Augen den Schwarzwälder Kurier.
    »Schau mal, die Meldung hier oben«, rief sie durchaus vergnügt und bohrte mit einem Finger in ihrer Stupsnase, die mit Sommersprossen übersät war. » Lehrer im Eisstadion erschossen. Größere Buchstaben hatten sie wohl nicht?«
    Hubertus kaute schweigend weiter.
    »Sag mal«, meinte er dann. »Hast du eigentlich gar keine Manieren mehr? Seit wann bohrt man am
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