Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier
Autoren: Claus H. Stumpff
Vom Netzwerk:
welche für das
›Wieder-größer-werden‹ benötigt. Den Kindern hat das gewaltigen Eindruck
gemacht und mir klammheimliche Freude bereitet. Ich bin eben ein Spaßvogel!
    Lange überlegte ich, auf welche Weise ich meine angeblichen
Wundermittel präsentieren könnte. Sollte ich gefärbtes Zuckerwasser nehmen?
Nein, dachte ich, wenn davon ein Kind heimlich probierte, dann wäre ich
überführt. So habe ich einfach von meinen Forschungssubstanzen eine kleine
Menge in Ampullen mit Schraubverschluss gefüllt und diese in der
›geheimnisvoll‹ wirkenden Schatulle aufbewahrt.
    Und dann kam ich auf die Idee mit dem chiffrierten Text auf
dem gelben Zettel, den Du wohl gleich nach meinem Tod in der Schatulle gefunden
haben wirst. Ich stellte mir vor, wie Du und alle möglichen anderen Leute daran
herumrätseln würden, und habe mir dabei eins ins Fäustchen gelacht. Aber nun
brauchst Du den Text nicht mehr zu dechiffrieren, denn ich verrate jetzt, um
was es sich bei den verschiedenen Substanzen handelt:
     So enthalten die Ampullen K1 nichts anderes als den
Wachstumshemmer ›Chlormequat‹, einen ganz interessanten Stoff, mit dem ich noch
viel machen werde. Die Dose mit der Bezeichnung K2 beinhaltet nur
Vitamin-E-Kapseln, die ich täglich zum Essen einnehme. Einigen meiner Schüler
hatte ich diese kleinen gelben Kapseln gezeigt und geheimnisvoll angedeutet,
dass man diesen Stoff unbedingt benötige, um nach der Verkleinerung wieder
größer zu werden. Zuerst wollte ich Gummibärchen hineintun, aber damit hätte
ich wohl doch Zweifel geweckt.
    Bei der Substanz D1 handelt es sich um eine Mischung
verschiedener anorganischer Dünger. Ich führe damit gerade Versuche an Algen
und Moosen durch und wählte diese Flüssigkeit wegen der hübschen hellblauen
Färbung aus. Hoffentlich kommt niemand auf den Gedanken, hiervon zu kosten,
denn das ist pures Gift.
    Die Ampullen mit der Bezeichnung D2 beinhalten eine
organische Substanz, womit man eines Tages den Pilzbefall an Pflanzen wirksam
bekämpfen kann. Die Flüssigkeit enthält verschiedenste Bakterienkulturen, aber
nur wegen ihrer zauberhaft violett leuchtenden Farbe füllte ich sie in einige
Ampullen.
    Eine Schachtel mit Dragees ›G‹ zum
angeblichen ‹GESUND
WERDEN› wollte ich beifügen, fand aber nichts
Geeignetes dafür. Auch wusste ich nicht so recht, womit ich sie füllten sollte.
Aber ich ändere den gelben Notizzettel nicht mehr und will nur hoffen, damit
keine Hoffnungen geweckt zu haben, sollte tatsächlich jemand durch meine
Mixturen zu Schaden gekommen sein.
    In meinem Gartenhäuschen befindet sich ein Eimer mit einer
schwarzen Paste. Die kannst Du wegtun, es handelt sich dabei um ›Viscurt‹. Ich
hatte davon noch einen Rest aufgehoben und meinen Schülern vorgegaukelt, dass
man sich damit vor der ›Verkleinerung‹ einschmieren müsse, damit der nackte Körper
vor Hitze, Kälte, Nässe usw. geschützt bliebe. Was habe ich im Stillen gelacht,
wenn ich mir die Gesichter der Kinder bei dieser Ankündigung vorstellte!
    Sofern Du selbst keinen Wert auf den Besitz der silbernen
Schatulle legst, so vermache ich sie hiermit Claudia und Max Berger, die ich
mit meinen Erzählungen so hinters Licht führte und die dann wohl längst
erwachsen sind.
     
    So, nun weißt Du alles über mich. Sollte ich vor Dir
sterben, so vergib mir bitte meine Fehler und behalte mich nicht in allzu schlechter
Erinnerung,
    in Liebe
    Dein Bruder Martin
     
    Claudia und Sebastian sahen sich sprachlos an. Dieser Brief
war eine echte Sensation. Auf einmal musste Claudia schallend lachen: »Also
sind auch Max und ich diesem Menschen jahrelang auf den Leim gegangen. Wie
haben wir ihn bewundert, diesen mutigen Mann, der es wagte, sich in derartig
riskante Abenteuer zu stürzen! Und dann hatten wir dummen Kinder etwas von
diesen scheußlichen Chemikalien probiert. Und was dann kam, na ja, ich hab dir
bereits alles gebeichtet.«
    »Jedenfalls seid ihr beide, du und Max, nun wieder völlig
gesund. Und diese ekligen Ampullen aus der Schatulle solltet ihr für immer
vergessen.«
    »Da hast du recht. Aber wie wird sich Max wundern, wenn wir
ihm das Schreiben des Doktor Curtius zeigen! Auch Julia Herzog und ihr Bruder
Markus Mayrhöfer werden vor Erstaunen den Mund nicht zukriegen. Wir sehen sie
ja in Kürze auf unserer Hochzeit.«
    Claudia umarmte Sebastian und sagte: »Du, ich bin ja so
glücklich!«
     
    >>>zurück zum Anfang dieses Kapitels
    >>>zurück
zur Übersicht

E p i l o g
     
    >>>zurück
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher