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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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zusammengekniffenen Augen versuche ich, das Dickicht zu durchdringen. Irgendjemand ist da draußen und lauert im Verborgenen. Ich kann ihn wittern, wie ein Bluthund. Schweiß und Heimtücke. Ich kneife die Augen zusammen. Hoffnungslos, keine Chance. Ich erkenne nur einen grün-braunen Einheitsbrei. Meine Knie klappern wie ein verhärmtes Skelett aus einem Gruselschloss. Habe ich etwa Schiss? Ich? Absurd! Oder? Das Gefühl, das mich gleich jemand anspringt und niederschlägt, ist überwältigend. Kaltes Nass benetzt meinen Rücken. Ich stinke wie ein feiger Hund. Meine Waffe fuchtelt nutzlos ins Nichts. Ich bin nicht mal der Einäugige unter den Blinden, verliere die Kontrolle über die Situation.
    Schlagartig wird mir mein Fehler bewusst, als der Revolver hinter mir klickt. Das Rascheln war nur ein Ablenkungsmanöver. Die eigentliche Gefahr lauert hinter mir und war die ganze Zeit über gegenwärtig.
    Das Mädchen ist eine gute Schauspielerin, leider. Und ich bin auf sie hereingefallen. Sie wollte mich mit ihrer Scharade nur verwirren. Ich bin am sprichwörtlichen Arsch. Die Venusfliegenfalle schnappt zu. Ein Schuss löst sich. Ohrenbetäubend. Vögel kreischen auf. Der Revolver ist alt und muss ausschlagen wie ein Esel. Das Mädchen scheint ihn aber unter Kontrolle zu haben. Im Gegensatz zu mir. Ich habe gar nichts mehr im Griff, bin nur noch ein Spielball. Bevor ich begreife, dass mich die erste Kugel an der Schulter durchbohrt hat, höre ich den zweiten Unheilbringer lossausen. Dieser Schuss ist besser platziert.
    Die Patrone trifft mich links, in Höhe des Herzens und bleibt in mir stecken. Scheiße! Meine alte Pumpe bleibt unversehrt, aber der Treffer kann trotzdem tödlich sein. Eine Arterie könnte verletzt sein. Ich würde wie eine abgestochene Sau verbluten. Die Desert Eagle lastet schwer in meinen Händen. Ich lasse sie besser fallen. Meine Beine geben nach, als wären es Streichhölzer und mein Körper wöge eine Tonne. Ich kippe in Zeitlupe nach vorne wie in einem billigen Western. Mein Gesicht landet hart auf dem modrigen Waldboden. Ich inhaliere Dreck und fühle die eisige Kälte des feuchten Bodens. Sie entzieht mir meine Lebensgeister. Ich stöhne und kann kaum noch atmen. Schmerzen spüre ich nicht. Das muss dieser Schockzustand sein, von dem Mediziner immer reden, wenn der Körper ein traumatisches Erlebnis erst einmal verarbeiten muss, bevor er neue Impulse an das Gehirn senden kann.
    Ich merke , wie sich Blut in meinem Mund ansammelt. Kein gutes Zeichen. Es schmeckt wie altes Kleingeld. Metallisch und so schmutzig, als wäre es durch tausend ungewaschene Hände gegangen. Ich liege ganz ruhig da, atme flach. Meine Augen sind geschlossen. Über mir höre ich Schritte und Stimmen.
    » Es hat tatsächlich geklappt«, sagt Hanna erfreut mit ihrer basslastigen Stimme.
    Sie wissen nicht , wer Hanna ist? Oh, ich habe das Mädchen bislang nicht beim Namen genannt. Entschuldigung. Hanna ist das etwas mollige Mädchen, das vor Kurzem noch ‚Suizid‘ begehen wollte. Der Name passt zu ihr wie die Faust aufs Auge. Finden Sie nicht? Verdammt, ich gleite schon wieder in meine Erzählstimme ab. Das passiert mir immer, wenn ich im Delirium bin. Zumeist sind zu viel Alkohol oder Schlafmangel verantwortlich für diesen Zustand. Heute sind allerdings tödliche Verletzungen schuld daran.
    I n der geistigen Umnachtung stelle mir vor, ich stünde auf einer Bühne und würde meine Erlebnisse mit der ganzen Welt teilen. Ich weiß, das ist schräg. Kurzum: das zweite schlechte Zeichen. Ich drifte ab. Mein Verstand löst sich von meinem Körper. Mein Herz schlägt unregelmäßig. Sehe ich ein Licht in der Ferne oder bilde ich mir das nur ein?
    » Sagte ich doch«, tönt es aus der anderen Richtung von einer männlichen Stimme. Irgendwoher kenne ich sie. Rau und kratzig. »Der Typ ist ein überheblicher Angeber, der denkt, er wäre der einzige Mensch weltweit mit etwas Grips im Kopf. Oder sollte ich besser sagen: ‚war‘?«
    » Keine Ahnung! Ich überprüfe das mal.«
    Feingliedrige Finger berühren meinen Hals. Die Nägel wurden abgekaut, nicht manikürt. Die Berührung ist kalt und sticht in meine Haut wie ein Eiszapfen. So cool Hanna jetzt auch rüberkommen mag, sie hatte Angst. Riesige Angst. Phantastische Angst. Wer auch immer diesen Plan ausgetüftelt hat, konnte meine Reaktion unmöglich exakt vorhersehen. Ich hätte Hanna auch sofort erschießen können. Was wäre dann aus ihrem Masterplan geworden? Eine blutige
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