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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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dem Griff voran zu Hanna hin.
    Sie glotzt mich über den Rücken hinweg mit ihren großen Rehaugen verärgert an. Ihr Hals wird dabei so stark überdehnt, dass die Wirbel knacken. Für eine Millisekunde will ihre Hand zur Waffe zucken, aber dieser Impuls kann sich nicht durchsetzen. Sie schüttelt enttäuscht den Kopf. »Das ist doch verrückt. Hast du in den zurückliegenden Tagen gar nichts begriffen?«
    Ich stecke die Waffe wieder ein und bin darüber zu meinem Erstaunen sehr erleichtert. Ich hätte mich von ihr erschießen lassen, um für meine Sünden zu büßen, aber ich kann andererseits auch gut mit ihrer Begnadigung weiterleben. Mein Puls senkt sich auf ein normales Maß. Die Aufregung legt sich.
    » Dieses ständige Töten bringt doch nichts«, fügt sie an. »Ich habe nach den wenigen Tagen schon genug davon. Wie kannst du dir das seit Jahrzehnten mit ansehen? Das ist mir unbegreiflich.«
    Ich grüble kurz über diese Anmerkung nach und erwidere ehrlich: »Dafür muss man geboren sein. Der eine kann es, der andere nicht.« Eins meiner unrühmlichen Talente.
    Hanna rappelt sich auf und entfernt sich einige Schritte von ihrem toten Opa.
    Ich folge ihr wortlos.
    Mitten in der Halle hält sie noch mal einen Moment inne und knüpft an meine Aussage an. Aus ihrem Gesicht ist jegliche Trauer gewichen. Auch die Wut ist verpufft. Sie trägt wieder ihre nichtssagende Maske. »Wenn das ein angeborenes Talent von dir sein soll, darfst du gerne Beschwerde bei deinem Schöpfer einreichen. Das ist doch bescheuert.«
    Ich schaue ihr starr in die Augen. »Jedes Talent kann man für etwas Gutes einsetzen. Auch ich kann meine Zerstörungskraft gegen diejenigen richten, die meinen Zorn heraufbeschworen haben.«
    » Wie die Vita brevis?«, lächelt Hanna kraftlos.
    » Zum Beispiel die Vita brevis. Das wäre doch ein guter Anfang.«
    Sie fährt sich belustigt durch die Haare. »Ich glaube, du hast keinen Schimmer, auf was du dich da einlässt. Ich wünsche dir aber viel Spaß dabei. Schick mir eine Postkarte, wenn du die Welt von dieser Seuche befreit hast!« Hanna dreht sich um und läuft weg. Sie lässt mich wie einen räudigen Köter allein an der Autobahnraststätte zurück.
    Ich möchte ihr nicht sabbernd hinterherrennen, auch wenn ich sie lieber von vorne als von hinten sehe. In der Halle gibt es noch Spuren zu beseitigen.
    Als sie fast am Ausgang ist, rufe ich ihr hinterher: »Falls du mir beistehen willst, kannst du jederzeit einsteigen. Meine Telefonnummer hast du ja noch.«
    Sie schaut zu mir zurück und zwinkert mir flüchtig zu. »Darauf würde ich lieber nicht warten.«
    » Dann lebe wohl!«, zische ich resigniert.
    » Soweit würde ich auch nicht gehen.« Mit diesen Worten verschwindet Hanna Cramme aus der alten Emaille-Fabrik und vorläufig aus meinem Leben. Ich behalte nur ihr laszives Zwinkern in meinem Herzen und die Hoffnung, sie eines Tages unter erfreulicheren Umständen wiederzusehen. Irgendetwas sagt mir, dass unsere gemeinsame Zeit noch nicht abgelaufen ist. Man sieht sich immer zweimal im Leben.
    Nun bleibt mir nur noch das große Aufräumen übrig, dem ich mich unverzüglich zuwende. Nebenbei denke ich ständig an die zurückliegenden Tage. Mein Leben hat sich in dieser Zeit grundlegend gedreht. Moral und Mitgefühl haben das kalte Blut aus meinem Körper geschwemmt. Ich will nie wieder einen Menschen töten, der unverschuldet auf meiner Liste auftaucht. Das soll aber nicht heißen, dass ich jetzt ein Heiliger werden möchte.
    Hanna hatte recht, ich kann mit weiteren Morden meine Taten nicht ungeschehen machen, aber ich kann dazu beitragen, dass die Welt ein besserer Ort wird. Diese Macht liegt in meinen treffsicheren Händen. Ich weiß nicht, wie weit ich in die Dunkelheit vordringen muss und was mich auf meinem steinigen Weg erwartet. Doch sicher ist, dass ich die Augen nicht mehr vor dem Bösen verschließen kann. Ich will die Dämonen auf der Oberfläche zurück in die Hölle schicken. Und ich weiß auch schon, wo ich damit anfangen muss. Ich bin zum Äußersten bereit, auch wenn die Sache mein Leben kosten wird. Davor habe ich keine Angst mehr. Die Vita brevis wird bald nur noch ein Gerücht sein, das leise im Wind verhallt.

Abschließende Worte und Danksagung
    Nachdem ich mich mit ‚Himmelfahrt‘ erstmals einer breiten Öffentlichkeit gestellt und vielfältige Kritiken erhalten habe, möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Lesern bedanken, die mir mit positiven Reaktionen und konstruktiven
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