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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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mich behaupten. Ich habe mich in der Nahrungskette sozusagen nach oben gearbeitet. Wie mir das gelungen ist, werde ich wohl in zehn Jahren nicht begreifen. Ich hatte Glück, mehr nicht. Und eine kleine Geheimwaffe, die noch in Dragos Oberschenkel steckt.
    Ich stemme mich auf die Beine und schlurfe geduckt am Körper des toten Auftragskillers vorbei. Seine Augen sind offen und starren entsetzt in den blauen Himmel, als wollte er die Niederlage nicht wahrhaben. So hätte auch ich enden können. Natürlich ist es mir so herum lieber. Leider darf ich mich nicht auf die faule Haut legen und meinen Triumpf auskosten. Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen, und das kann ich nur in der Fabrikhalle vor meinen Augen aus der Welt schaffen.
    Meine Schritte sind schwer, mein Rücken blutet, mein Gesicht ist zerbeult, aber mein Herz pocht weiterhin gleichmäßig. Ich weiß nicht, was ich in der Fabrik überstehen muss. Noch so einen Kampf wie gerade eben werde ich definitiv nicht überleben. Ich hoffe einfach, dass Steffen Waldenburg da drinnen allein auf mich wartet und einen Fehler macht.
     
    Mein Gesicht fühlt sich an wie ein einziger blauer Fleck. Drago hat mit seinen präzisen Hieben ganze Arbeit geleistet. Ich kann wirklich froh sein, dass ich noch atme und durch meine anschwellenden Augenpartien noch leidlich etwas sehe. Die Desert Eagle musste ich in die linke Hand wechseln. Die Wunde an meiner rechten Schulter blutet unablässig und schränkt meinen Bewegungsspielraum ein. Egal, wie die Geschichte ausgehen wird, ich werde wieder ins Krankenhaus einchecken müssen. Entweder fahre ich selbst hin, um die Wunden versorgen zu lassen oder ich lande als geprügelte Leiche auf dem Seziertisch. Keine schöne Vorstellung.
    Ich stehe vor der Fabrikhalle und lege meine rechte Hand auf die Türklinke. Sie ist metallisch und rostet fürchterlich. Der Verfall passt zu meinem geschundenen Körper. Das poröse Eisen kratzt auf meiner Haut. Alles um mich herum erscheint in diesem Moment plötzlich so nichtig. Es ist so, als ob es nur noch diese Halle auf der Welt gibt, sonst nichts. Alle Wege, die mich um sie herumleiten könnten, sind versperrt. Der Ort zieht mich wie ein herumliegender Geldschein. Sekt oder Selters. Hop oder top. Ich muss eintreten und mich meiner Angst stellen. Endlich habe ich die Chance, etwas Edelmütiges in meinem Leben zu vollbringen. So soll es sein. Ich drücke die Klinke herunter und stürme in die Höhle des Löwen.
    Die alte Fabrikhalle ist riesig. Sie wirkt von innen viel größer als von außen. Ihre Abmessungen entsprechen in etwa denen eines Fußballfeldes. In der Halle herrscht eine lebensfeindliche Atmosphäre. Es ist dunkel und kühl. Die Sonne ist an diesem Ort nicht willkommen. Ein leichtes Dämmerlicht dringt aus den Schlitzen der eingeworfenen Fenster auf den Hallenboden. Der Raum ist ausgehöhlt wie ein verputzter Käselaib. Alle Maschinen und Möbel wurden seit Langem ausrangiert. In der finsteren Dunkelkammer gibt es nur mich, Staub, Mäusekötel und einen schwarzen Umriss, der vom anderen Ende der Halle zu mir herüber wimmert. Hanna.
    Ich schaue mich grob in der zugigen Fabrik um und kann einen Hinterhalt ausschließen. Man kann sich an diesem Ort nicht verstecken, weil es nichts gibt, hinter dem man sich verkriechen könnte. Nur wo ist Waldenburg? Will er von der Decke auf mich herunterspringen wie Tom Cruise bei Mission Impossible ?
    Zur Sicherheit checke ich das Hallendach nach auffälligen Konturen ab. Niemand klammert sich daran fest. Ich laufe weiter geradeaus und rufe Hannas Namen. Sie antwortet nicht. Ich höre nur gedämpftes Stöhnen. Sie wurde geknebelt. Ich hinke nach vorne und der Umriss, den ich für Hanna gehalten habe, erscheint klarer.
    Sie sitzt gefesselt auf einem Stuhl und bangt um ihr Leben.
    Hinter ihr steht allerdings eine weitere Person und bedroht sie mit einer Pistole. Mit einer Desert Eagle, wie ich nun erkenne. Meine Desert Eagle. Die schwarze Spezialanfertigung, die mir im Wald aus den Händen rutschte. Die Pistole ruht in einem dunklen Lederhandschuh. In der machtgeilen Hand von Steffen Waldenburg. Der kleine Mann hat sich in einen dunklen Trenchcoat gehüllt. Sein säuberlich gestutzter Schnäuzer lächelt mich überheblich an. Seine weißen Haare hat er sich zu einer kleinen Elvis-Tolle zurückgekämmt. Und seine Figur kann man nach wie vor bestenfalls als drahtig bezeichnen. Andere Leute würden ihn schlichtweg kleinwüchsig, dürr oder runzlig nennen.
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