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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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absolut talentlos. Abgesehen von meinen guten Reflexen, die mir schon im Sportunterricht gute Noten beschert haben. Ohne Ausbildung und Studium wird das Geld schnell knapp; spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem sich nur noch eine vergorene Milchpackung und zwei Scheiben alter Schmelzkäse in deinem Kühlschrank befinden, musst du erfinderisch werden.
    Aus einer unergründlichen Laune heraus ging ich in die mieseste Ecke meiner damaligen Heimatstadt, hielt die Ohren offen, quatschte die schmierigsten Typen an und kam auf diese Weise an meinen ersten zwielichtigen Job. Der Typ nannte sich selbst »Ratte oder Wiesel«, na irgendein Nager war er offensichtlich. Nennen wir ihn der Einfachheit halber ‚Ratte‘. Sie können sich ihn getrost als menschlichen Nager vorstellen. Das kommt der Wahrheit sehr nahe. Mit seinen vorgeschobenen spitzen Schneidezähnen hätte er ohne Mühe jedes Kabel durchbeißen können. Ihm fehlte Geld. Nichts Aufregendes. Tausend Mark, die ihm irgendein dahergelaufener Junkie schuldete. Für mich klang die Geschichte plausibel. Süchtige hatten meistens Geldprobleme.
    Mein Auftraggeber stank nach billigem Rasierwasser und abgestandenem Bier. Eine tränentreibende Kombination. Er war widerlich fett und hatte Schweißflecke überall auf seinem billigen Kaufhaus-Hemd.
    Ich riss mich am Riemen und hörte ihm zu. Er kam nah an mein Ohr und flüsterte mir mit seinem verrauchten Atem die Konditionen zu :
    » Jag dem Scheißer Angst ein! Brich ihm ein paar Finger, wenn‘s sein muss, nur wag es nicht, mir ohne das Geld wieder unter die Augen zu treten!«
    Ich nickte wie ein blöder Schoßhund. Ich war nervös bis an die Haarspitzen. Am liebsten hätte ich mir vor Aufregung in die Hose gemacht.
    » Wenn du die Kohle hast, bring sie mir zurück! Dein Anteil sind zehn Prozent. Falls du dich mit dem Geld aus dem Staub machst, bist du fällig.« Er grinste überlegen. »Ich kenne Typen, die solche Lutschfinger wie dich gerne in den Arsch ficken würden. Und nicht auf die sanfte Tour, wenn du auch noch darauf stehen solltest.«
    Ich schluckte heftig und hatte nun gehörig en Respekt vor dem König der Nagetiere. Ich hatte damals solche Angst vor den angedrohten Schmerzen, dass ich mir nicht mal die Frage gestellt hatte, warum er nicht gleich so einen Folterknecht auf den Junkie angesetzt hatte, sondern einen Grünschnabel wie mich. Wahrscheinlich kannte solche Schläger überhaupt nicht und verbreitete nur leere Drohungen. Bei mir hatte die Masche jedenfalls gezogen. Mein Harndrang wurde dadurch nicht gerade kleiner. Ich war zwanzig und hatte mit solchen Proleten noch nie etwas zu tun gehabt, wusste mit diesem ‚besonderen‘ Schlag Mensch nicht umzugehen. Ich hätte ihm alles geglaubt. Und ganz sicher wollte ich nicht den Bürzel poliert bekommen. Ich hatte in dem Moment so viel Selbstvertrauen wie Popeye ohne seinen heißgeliebten Spinat. Heute würde ich über eine solche Drohung müde lächeln und dem Frettchen meine Kanone tief in den Arsch stecken, so dass sie ihn an den Mandel kitzelte. Und wehe, wenn er leise furzen müsste. Doch damals war ich ein unerfahrener Bursche, dem die Eier in der Hose schrumpften.
    Ich weiß nicht mehr, warum ich angesichts dieser rüden Worte nicht einfach davonrannte und die Gegend künftig mied. Der Nager hätte sicherlich nicht nach mir gesucht, sondern den Auftrag dem nächstbesten Trottel anvertraut. War es der Hunger, der mich antrieb, zum Schläger zu werden? Die Perspektivlosigkeit? Sehnte ich ein Abenteuer herbei, das mich aus meinem bis dato langweiligen Leben riss? Egal, suchen Sie sich selbst die schönste Antwort heraus!
    Fakt ist, dass ich zu der Adresse gestiefelt bin, die die Ratte mir auf eine benutzte Serviette geschrieben hatte, und mein Leben seinen brutalen Lauf nahm. Ich landete, oh Wunder, vor einem besetzten Haus.
    Draußen lungerten ein paar Punks vor einem schwelenden Lagerfeuer herum und philosophierten bei einem süffigen Bier über die neuesten Entwicklungen in der Szene. Vielleicht tranken sie sich auch nur ihr Leben schön. Ich habe sie nicht gefragt.
    Ich ging grußlos an ihren misstrauischen Blicken vorbei und betrat den abgewrackten Schuppen ohne Zögern. Von außen war die Bude ranzig, voller Graffiti und bröckelig. Für den Zustand innen hätte man extra ein neues Wort erfinden müssen. Im Treppenhaus roch es nach Urin und Kotze. Auf dem Boden lagen benutzte Kondome. Natürlich wollten sich die Bewohner in dieser anheimelnden Atmosphäre
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