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Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Titel: Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Dessen
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bekritzelte Speisekarte blickte, die neben ihm lag. »Die Essiggurken bringen’s also, mh?«
    »Du hast sie doch gestern gegessen«, antwortete er. »Sie waren gut, oder etwa nicht?«
    »Auf jeden Fall besser als die Tacos. Die braucht man nur anzutippen, dann zerbröseln sie schon.«
    Er schnappte sich meine Gabel, nahm einen Bissen von meinem Teller. Kaute mit unergründlicher Miene, legte die Gabel wieder hin und meinte: »Man hat das Fleisch vor der Zubereitung nicht lange genug abtropfen lassen   – bei einem Taco die halbe Miete. Außerdem ist zu viel Koriander in der Salsa.«
    »Trotzdem gibt es hier noch viele treue Taco-Anhänger«, rief ich ihm ins Gedächtnis.
    Er schüttelte den Kopf. »Tja, ich schätze, die werden sich mit der Rosmarinbrötchen-Fraktion zusammentun müssen.«
    »
Vive la rÄvolution
«, sagte ich, hauptsächlich, um ihn zum Lachen zu bringen. Was mir auch halbwegs gelang.
    Aus der Küche ertönte ein Knall, gefolgt von neuerlichem ausgedehntem Scheppern. Dad seufzte, schob seinen Hocker zurück. »Höchste Zeit, mein neues Küchenteam kennenzulernen.« Er wirkte alles andere als erpicht darauf. »Kommst du heute Abend allein zurecht?«
    »Klar«, erwiderte ich. »Ich muss noch jede Menge Zeug auspacken.«
    »Wenn du dich einsam fühlst, ruf an oder schau einfach wieder vorbei. Ich versuche, zu einer halbwegs normalen Zeit hier rauszukommen.«
    Ich nickte und schloss die Augen, als er mich auf die Wange küsste und mir im Weggehen noch schnell durchs Haar wuschelte. Doch dann machte ich die Augen wieder auf, blickte ihm nach und verspürte   – wie jedes Mal, wenn ich seinen schwerfälligen Gang, die verkrampften Schultern wahrnahm   – jenen Stich, jenes fast schmerzliche Gefühl, ihn beschützen zu müssen, das mir seit der Scheidung selbstverständlich geworden war. Wahrscheinlich gab es dafür einen Fachausdruck, irgendeine spezielle Co-Abhängigkeit: eine Tochter, die sich zu sehr wie eine Ehefrau verhält, nachdem besagte abgehauen ist. Aber was hätte ich sonst tun sollen? Wir hatten nur einander.
    Mir war sowohl vollkommen klar, dass mein Vater auf sich selbst aufpassen, als auch, dass ich sein Leben im Prinzip
nicht
in Ordnung bringen konnte, sosehr ich es auch versuchte. Doch wahrscheinlich strengte ich mich gerade deshalb so an, die Dinge,
die
ich tun konnte, zur Perfektion zu treiben: uns in einem neuen Zuhause einrichten, auf tausend Kleinigkeiten des Alltags achten, das Chaos, das wir uns als Lebensstil ausgesucht hatten, so gut es ging im Zaum halten. Ich konnte weder sein gebrochenes Herz heilen noch ihm die Liebe zu seinem Basketballteam zurückgeben. Aber einen neuen Toaster kaufen, dafür sorgen, dass wir genug Seife und Papierhandtücher hatten, und ihm bei Thema Essiggurken beipflichten? Das kriegte ich hin.
    Was vor allem dieses Mal, hier in Lakeview, galt, da ich nicht wusste, ob ich die Chance je noch einmal bekommenwürde. Die zweite Hälfte meines letzten Schuljahrs war angebrochen, meine Collegebewerbungen hatte ich längst zusammengestellt und losgeschickt, was angesichts der zahlreichen Schulwechsel und der zusammengestückelten Hausarbeiten, gelinde gesagt, eine ziemliche Herausforderung gewesen war. Im nächsten Herbst würde ich vermutlich, genau wie in den beiden vorherigen, umziehen. Und wieder bis zur letzten Sekunde nicht wissen, wohin. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied allerdings, dass ich es diesmal allein tun würde. So viel stand fest. Die Vorstellung machte mich so traurig, dass ich im Hier und Jetzt alles für meinen Vater tun wollte, was ich konnte; als könnte ich auf diese Weise für die Zeit meiner künftigen Abwesenheit vorsorgen, einen Ich-kümmere-mich-um-dich-Vorrat anlegen.
    Ich zahlte meine Rechnung (keine Sonderbehandlung = kein Gratisessen: eine der eisernen Regeln meines Vaters), stand auf, ging hinaus und trat meinen kurzen Heimweg an. Es war ein klirrend kalter Tag Anfang Januar, die Jahreszeit, in der das Licht nachmittags schnell verschwindet. Ich bog in die Gasse gleich links neben dem
Luna Blu
ein, denn ich hatte das sichere Gefühl, es wäre eine Abkürzung zu uns nach Hause. Da stieß ich auf Opal. Sie saß mit dem Rücken zu mir am Seiteneingang des Restaurants auf einer Milchkiste und redete mit einem Typen in Jeans und Schürze, der eine Zigarette rauchte.
    »Ich meine, man braucht echt Nerven, um einfach hier reinzuschneien und sich selbst zum generellen Experten für alles zu ernennen«, sagte sie gerade.
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