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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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Ich könnte mich nie voll und ganz auf unsere Ehe einlassen, wenn ich mich nicht von dem Einfluss meiner Mutter befreit hätte. Und das Gleiche gilt auch für dich.«
    Erregt sprang Jasper auf. »Meine Mutter kam zur Saison nach London. Sie war ein Diamant erster Güte und hätte sich jeden Mann zum Gatten nehmen können.«
    »Doch sie fiel dem damaligen Earl of Montague zum Opfer.«
    Ihr sanfter Ton trieb ihm die Tränen in die Augen. Er hatte die Geschichte seiner Mutter bisher noch niemandem erzählt außer Lynd, der sie selbst miterlebt hatte.
    »Ja.« Jasper strich sich durch das Haar. »Doch im Gegensatz zu der jungen Dame, die wir neulich im Park der Cranmores belauscht haben, stieg meine Mutter freiwillig in Montagues Bett.«
    »Jane Rothschild«, sagte Eliza leise.
    »Und wie Jane Rothschild wurde meine Mutter schwanger.« Unruhig begann er auf und ab zu laufen. »Als Montague sich weigerte, ihr einen Antrag zu machen, musste sie es ihrem Bruder erzählen. Lord Greshams Reaktion bestand darin, meine Mutter zu verstoßen.«
    »Seine eigene Schwester … Ist das der Grund, weshalb du nicht seinen Namen trägst?«
    »Ich habe ihn legal geändert. Lord Gresham ist nach Irland zurückgekehrt und hat meine Mutter in der Stadt zurückgelassen. Sie hatte niemanden, an den sie sich wenden konnte.«
    »Schrecklich«, sagte Eliza, ihre Stimme kaum mehr als ein Wispern, »so hilflos zu sein.«
    Er antwortete schroffer als beabsichtigt. »Trotzdem bietest du mir dein Vermögen an, das dir deine Unabhängigkeit sichert.«
    Offen erwiderte sie seinen Blick. »Bist du wütend auf mich, weil ich dir meine Unterstützung angeboten habe?«
    »Nein, verdammt! Ich bin wütend auf Montague, weil seinetwegen das Geld zwischen uns steht!« Grimmig raufte er sich das Haar. »Meine Mutter hat sich an ihn gewandt, ihn angefleht. Er hatte sie zur Geliebten genommen und dann überall damit geprahlt, dass er den hellsten Stern der Saison zu einer Hure degradiert habe. Als er in den Spielhöllen nur noch verlor und seine Schulden sich häuften, bot ihm jemand an, er könne diese begleichen, indem er ihm meine Mutter für eine Nacht vermittle.«
    »O Jasper«, keuchte sie fassungslos. »Wo bist du in all dem Chaos gewesen?«
    »Tagsüber war ich in der Schule und nachts eingesperrt in meinem Zimmer. Manche Männer, die Montague zu ihr schickte, brachten wertvolle Geschenke mit. Sie erinnerten sich daran, wie verheißungsvoll ihre Zukunft gewesen war, und hatten Mitleid mit ihr. Sie verpfändete alle Geschenke und verwendete das Geld zur Finanzierung meiner Ausbildung … und ihrer zunehmenden Abhängigkeit von Opium.«
    Jasper wich Elizas Blick aus. Wenn er in ihrer Miene Mitleid sähe, wäre er außerstande weiterzusprechen.
    »Je schlimmer Montagues finanzielle Lage wurde«, fuhr er fort, »desto schlechter wurde die Qualität unserer Unterkunft sowie die der Männer und der Geschenke. Da meine Ausbildung nicht darunter leiden sollte, verdiente meine Mutter fortan ihr Geld auf die einzige Art, die sie kannte – welchen Handlungen und Erniedrigungen sie sich auch aussetzen musste.«
    Seine Stimme nahm einen harten Klang an. »In der Zwischenzeit lernte ich von meinen Lehrern, so viel ich konnte, um eines Tages Montague genauso zu ruinieren, wie er meine Mutter ruiniert hatte. Als er starb, bevor ich genügend Geld verdienen konnte, war ich rasend vor Zorn.«
    Stille senkte sich über den Raum, nur Elizas schneller Atem war zu hören. Schließlich sagte sie: »Was deiner Mutter widerfahren ist, ist unfassbar, Jasper. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass ein Mann so grausam sein kann. Und sein Sohn ist aus demselben verdorbenen Holz geschnitzt.«
    Sie stand auf und ging zu ihm, schlang die Arme um seine Mitte und zwang ihn, den Trost anzunehmen, den sie ihm bot. Einen Moment stand er steif und schwer atmend da, sein Kopf angefüllt mit Bildern einer Vergangenheit, die er verzweifelt zu vergessen wünschte. Dann drang der Duft von Elizas Parfüm durch den Nebel der Erinnerungen und brachte ihn in die Gegenwart zurück. Zu einer Gattin, mit der er niemals gerechnet hatte und ohne die er sich nun sein Leben nicht mehr vorstellen konnte.
    Er legte die Wange auf ihren Scheitel. »Ich weiß, welches Opfer dein Angebot für dich bedeutet. Da ich so von Rache erfüllt bin, könnte es ja sein, dass ich alles, was du und dein Vater aufgebaut habt, dafür vergeude. Das weißt du, und dennoch liebst du mich genug, um meine Bedürfnisse
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